Stadt der Blumen strava3
zu lassen, war er ein anderer Mensch geworden. Sie und Sky hatten endlos mit ihm über den Irrsinn dieser Idee geredet, über den Schmerz, den er den Mullhollands zufügen würde, die Gefahr, dass seine Behinderung wieder auftauchen würde, und über die Absurdität, sein altes Leben in Giglia einfach wieder aufzunehmen.
Und er schien auf sie gehört und ihren Rat akzeptiert zu haben.
Aber nachdem er den Angriff auf seine Familie miterlebt hatte, war alles anders.
Er war jetzt von einer Härte und Entschlossenheit, die Georgia an seine damalige Starrköpfigkeit erinnerte, als er beschlossen hatte seine Welt zu verlassen. Nur diesmal hatte sie nicht sein Vertrauen; er verriet ihr nichts von dem, was er plante, und das machte sie sehr nervös. Außerdem wollte sie nicht zugeben, wie verletzt sie war, dass er auch nur daran denken konnte, sie so einfach wieder aufzugeben, um zu seiner Familie zurückzukehren. Georgia hatte sich daran gewöhnt, ganz außerordentlich wichtig für Nicholas zu sein.
»Geht ihr heute Nacht wieder hin?«, fragte Alice. »Natürlich«, erwiderte Nicholas, obwohl Alice eigentlich Sky gefragt hatte.
Niccolò willigte ein, dass seine Söhne ins Kloster Santa-Maria-im-Weingarten verlegt würden, nachdem er sich dort den Pfleghof angesehen hatte. Er hatte ein paar seiner eigenen Leute hingeschickt, die helfen sollten, die Unordnung im Kloster und der dazugehörigen Kirche zu beseitigen. Er wollte allerdings nicht, dass Filippo Nucci zusammen mit ihnen behandelt würde. Doch in dieser Sache wurde er einfach von Beatrice überstimmt.
»Er ist ein junger Mann, der für seine Leute genauso wertvoll ist wie Luca und Gaetano für uns«, sagte sie fest. »Kannst du dich nicht mehr erinnern, wie unsere beiden Familien miteinander gespielt haben, als wir Kinder waren? Mutter selbst hat ihn sogar immer auf den Schoß genommen und ihm Geschichten erzählt. Wo ist seine eigene Mutter jetzt – tot oder verschwunden? Hab Erbarmen!
Wir sollten uns um ihn kümmern, so wie wir wünschen würden, dass sich andere um meine Brüder kümmern würden, wenn wir nicht da wären.«
Niccolò war diese entschlossene Seite seiner Tochter neu und er ließ ihr ihren Willen. Doch Sulien traute ihm nicht und beauftragte drei der Mönche, Filippos Bett rund um die Uhr zu bewachen.
Giuditta hatte es endlich geschafft, wieder in ihr Atelier zu kommen. Dort entdeckte sie, dass ihre Lehrlinge mit den Aufräumarbeiten begonnen hatten. Ihre Schlafmatten hingen draußen vom Balkon ihrer Schlafkammer zum Trocknen herunter und der Küchenherd war mit trockenem Holz gefüllt worden. Der Schlamm war zusammengefegt und die Fliesen der Werkstatt waren nass gewischt worden. Die Statuen hatten sie nicht angerührt. Die Figuren waren alle von einer schmutzigen Hochwassermarke gezeichnet, selbst die schöne weiße Duchessa von Bellezza. Zum Glück stand sie auf einer erhöhten Plattform und sah so aus, als würde sie von ihrer Staatsbarke über das Hochwasser blicken.
»Maestra«, sagte Franco. »Wir freuen uns, Euch in Sicherheit zu sehen. Wir wussten nicht, was aus Euch geworden war – es gab Gerüchte von einem Blutvergießen auf der Piazza der Verkündigungskirche.«
»Nicht nur ein Gerücht«, sagte Giuditta, »sondern grausame Wirklichkeit. Ich habe mich um die Verwundeten gekümmert.«
Geschichten von dem Gemetzel hatten sich in der Stadt herumgesprochen. Die Leichname der Nucci, die auf der Piazza Ducale hingen, und das schwarze Band am Türknauf des Palazzo di Chimici hatten einen Teil der Geschichte verraten.
Aber keiner hatte den Anblick erwartet, der sich am späten Vormittag bot. Matteo und Graziella Nucci, die immer noch in ihren blutbefleckten und schlammbesudelten Hochzeitsgewändern waren, schritten stolz vom Salvini-Turm zum Palazzo Ducale, um die Herausgabe des Leichnams von Camillo zu fordern. Sie konnten ihn bei den Leichen, die auf der Piazza zur Schau gestellt waren, nicht entdecken, sosehr es die beiden auch schmerzte, Nichten und Brüder dort hängen zu sehen.
Der Großherzog kam persönlich an die Tür, als er hörte, wer die Bittsteller waren.
»Der Fuchs läuft nicht oft freiwillig in die Falle zurück«, sagte er, als er Matteo Nucci sah.
Der alte Mann kniete auf dem schlammigen Platz nieder.
»Verfahrt mit mir, wie Ihr wollt«, sagte er, »es ist mir einerlei. Aber erlaubt uns erst unseren Sohn zu beerdigen und sagt uns, ob es für uns inzwischen noch einen Leichnam zu beklagen gibt. Dann hättet
Weitere Kostenlose Bücher