Stadt der Blumen strava3
anfangen. Aber als Stravagante hatte er das Gefühl, dass alles komplizierter wurde. Er hatte mitbekommen, wie der mächtigste Mann in Talia fast an einem Giftanschlag gestorben wäre, und er wusste nicht mehr, wem er trauen konnte.
Für Camillo Nucci, den Ältesten der jüngeren Generation seiner Familie, war es absolute Ehrensache, jeden di Chimici zu verabscheuen, und es war sein sehnlichster Wunsch, den Mord an seinem Onkel Donato zu rächen, auch wenn er vor seiner Geburt stattgefunden hatte. Sein Vater, Matteo, war der bisher reichste Nucci. Er hatte auf dem jenseitigen Flussufer den herrlichsten Palast in Auftrag gegeben, in erster Linie, um Herzog Niccolò zu ärgern. Das Bauwerk war größer als der Palazzo di Chimici in der Via Larga und auch als der Palazzo Ducale am Hauptplatz der Stadt.
Die Familie der Nucci war genauso alt wie die der Chimici und beinahe ebenso reich. Doch die beiden Adelshäuser waren schon so lange verfeindet, wie man nur zurückdenken konnte. Wahrscheinlich hatte die Fehde vor zweihundert Jahren begonnen, als der erste Alfonso di Chimici mit dem ersten Donato Nucci befreundet gewesen war. Die beiden jungen Männer hatten um dieselbe junge Frau geworben, die schöne Semiramide. Sie war so hochmütig wie hübsch und die beiden Freier waren nicht ganz so hochgeboren wie sie.
In dieser Zeit begannen beide Familien auch damit, ihr Vermögen anzuhäufen, die Nucci mit Wolle und die Chimici mit dem Herstellen von Parfüm. Jeder der jungen Männer überreichte Semiramide ein Geschenk, Donato ein feines Tuch aus Wolle, warm und weich, doch nicht besonders elegant. Alfonsos Geschenk war ein Kristallflakon mit Lilien-Parfüm.
Semiramide war eitel, es war Sommer, den Schal legte sie beiseite, das Parfüm jedoch tupfte sie auf die Handgelenke und sie erhörte Alfonso. Noch nach Generationen hielt sich ein Nucci, wenn er einen di Chimici in der Öffentlichkeit traf, die Nase zu, und umgekehrt blökte der andere wie ein Schaf. Der Stern der Chimici stieg schnell; das Geld, das sie mit dem Verkauf ihrer Parfüms und Tinkturen machten, brachte ihnen solche Reichtümer ein, dass sie schon bald als Bankiers für eine Großzahl der Königshäuser und Herzogtümer fungierten und für ihre Darlehen hohe Zinsen verlangten.
Alfonso starb, als er um die sechzig war, und sein ältester Sohn Luca erklärte sich innerhalb von achtzehn Monaten zum Herzog von Giglia. Das Vermögen der Nucci wuchs ebenfalls an und ihre ausgedehnte Schafzucht sicherte ihnen ihren anhaltenden Wohlstand. Aber sie konnten es den Chimici niemals ganz gleich tun. Als der junge Donato die Hand der Eleonora di Chimici angeboten bekam, schien es für einen Moment, als könnten die alten Feindseligkeiten zwischen den Familien vergessen werden. Doch nach Eleonoras Beleidigung und Donatos Ermordung flammte die ursprüngliche Fehde hundertmal schlimmer wieder auf.
Daher nahm Camillo die Nachricht von dem Giftanschlag auf Niccolò mit unverhohlener Freude auf. Sein Informant war ein Mann, der sich der Livree eines Dieners der Chimici entledigt hatte und direkt aus der Via Larga in den alten Palazzo der Nucci gelaufen war.
»Du bist also geblieben und hast gesehen, wie er zusammengebrochen ist?«, fragte Camillo drängend.
»Ja«, bestätigte der Mann. »Ich habe ihm die Pilze selbst serviert, nachdem der junge Prinz abgelehnt hatte, wie Ihr schon vorausgesagt hattet. Als der Hauptgang dann abgeräumt wurde und sie etwas Obst aßen, hielt sich der Herzog plötzlich den Bauch. Ich wartete, bis er sich zu erbrechen begann, dann machte ich, dass ich wegkam.«
»Zuerst werden sie bestimmt den Koch verhören«, sagte Camillo. »Ich möchte nicht in seiner Haut stecken.« Er überreichte einen Beutel mit Silber. »Gut gemacht. Und nun rate ich dir, für ein paar Wochen zu verschwinden – vielleicht in die Berge.«
Camillo wäre nicht so zufrieden gewesen, wenn er den Herzog ein paar Stunden später gesehen hätte, wie er in einem schneeweißen Nachthemd im Bett saß, mit funkelnden Augen und an Leib und Seele unversehrt.
Seine Söhne waren um ihn versammelt und seine Tochter erfüllte jeden seiner Wünsche – eindeutig keine Abschiedsszene am Totenbett, diesmal noch nicht.
»Was hat der Koch gesagt?«, fragte Niccolò Luca.
»Er schwor, dass die Pilze von seinem üblichen Händler kamen und in Ordnung waren, als er das Gericht heraufschickte«, erwiderte der Prinz.
»Und habt ihr ihn gefoltert, um sicherzugehen, dass seine Antwort
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