Stadt der Blumen strava3
Paola Bellini, die von dem Geschenk des Herzogs gehört hatte.
»Ach, Nonna, ich weiß noch nicht«, erwiderte Arianna. »Wenn ich nur machen könnte, was ich wollte, und die ganze Diplomatie außer Acht lassen könnte.«
»Dann würdest du eines deiner alten Baumwollkleider tragen und barfuß gehen, vermute ich mal«, sagte Paola.
»Dein Onkel hat mir nämlich ein Kleid geschickt, Francesca«, erklärte Arianna ihrer Freundin, der sie bisher noch nichts erzählt hatte. »Und es ist viel zu prachtvoll und teuer, um es anzunehmen, ohne ihm im Gegenzug einen Gefallen zu tun. Er will nämlich, dass ich sein Abkommen mit Bellezza unterzeichne – da bin ich sicher.«
»Aber das machst du doch nicht, oder?«, fragte Francesca.
»Nein, ich kann nicht. Meine Mutter hat sich ihr ganzes Leben lang dagegen gewehrt und ich bin es ihr und der Stadt schuldig, den Kampf fortzusetzen«, sagte Arianna. »Aber wenn ich das Kleid nicht trage, wird der Herzog verletzt sein, und das ist auch nicht erstrebenswert.«
»Ich verstehe«, sagte Francesca. »Du sitzt in der Zwickmühle.«
»Es fällt mir so schwer, einen Entschluss zu fassen«, sagte Arianna. »Ich möchte es nicht tragen, aber ich kann nicht mehr einfach machen, was ich will. Ich werde meinen Vater und Guglielmo Crinamorte um Rat fragen.« Und meine Mutter ebenfalls, dachte sie bei sich.
Nicht lange, nachdem Sky nach Giglia zurückgekehrt war, tauchte Lucien im Kloster auf. Beide hatten nicht genug geschlafen und sie gingen hinaus in den großen Kreuzgang und setzten sich auf eine Mauer in die Sonne. Lucien starrte auf seinen Schatten – den einzigen – und seufzte.
»Manchmal wünsche ich mir, dass ich das Notizbuch nie bekommen hätte«, sagte er verbittert.
»Das Notizbuch?«
»Das war mein Talisman – das Objekt, das mich nach Talia gebracht hat.«
»Aber wenn das nicht gewesen wäre, würde das nicht bedeuten, dass …?« Sky zögerte.
»Dass ich jetzt tot wäre?«, ergänzte Lucien. »Doch. Aber vielleicht bin ich das sowieso bald. Ich kann nicht sehen, wie ich lebend aus dieser Sache herauskomme. Wenn der Herzog Arianna zu heiraten versucht, bringe ich ihn um. Und ich würde ja wie ein tapferer Romanheld gern hinzufügen: ›Oder ich komme selbst bei dem Versuch um.‹ Aber in meinem Fall handelt es sich eher um ein
›und‹ statt um ein ›oder‹ und außerdem bin ich kein Held.«
»Hängst du so sehr an ihr?«, fragte Sky. »So sehr, dass du für sie sterben würdest?«
Lucien antwortete nicht sofort. »Kannst du dir vorstellen, was es bedeutet hat, meine Familie und mein Leben aufzugeben?«, fragte er schließlich. »Alles, was ich je erlebt hatte, fahren zu lassen und über vier Jahrhunderte in diese Welt der Vergangenheit zurückversetzt zu werden?«
»Nicht so richtig«, gab Sky zu.
»Klar, ich weiß, dass ich eine zweite Chance bekommen habe, dass ich jetzt immerhin ein Leben habe«, sagte Lucien. »Und ich bin auch nicht undankbar, glaub mir. Aber ich musste eine ganz andere Person werden, einer anderen Zukunft entgegensehen, und nur die Menschen hier haben das möglich gemacht. Vor allem Arianna. Wenn ich mir vorstelle, dass sie die Frau des Herzogs wird, dann werde ich wirklich verrückt.«
»Aber du glaubst doch nicht, dass sie ihn erhören wird, oder?«, fragte Sky. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein siebzehnjähriges Mädchen dem gut aussehenden Lucien einen weißhaarigen Mann in den Fünfzigern vorziehen würde.
»Ich halte es für unwahrscheinlich«, sagte Lucien. »Aber nicht für unmöglich.« Er konnte nicht vergessen, dass sie Gaetanos Antrag damals auch nicht sofort abgewiesen hatte.
»Aber wenn sie ihn abweist, dann sind unsere Leben hier in der Bastion der Chimici, wo jeder bewaffnet und kampfbereit ist, noch mehr in Gefahr.«
Eine Gestalt trat in den sonnendurchfluteten Kreuzgang heraus und gesellte sich zu ihnen. Es war Gaetano. »Wer ist kampfbereit?«, fragte er.
Der Aal war mal wieder sehr zufrieden mit sich. Das Gerücht hatte sich im Palazzo verbreitet, dass Herzog Niccolò die wunderschöne, junge Duchessa von Bellezza heiraten wolle, und Enrico verlor keine Zeit, sich damit zu brüsten, dass er dieses Vorhaben bei seinem Herrn angeregt hatte. Er war auch über die Pläne mit dem neuen Titel seines Herrn zufrieden; nun konnte er damit angeben, die rechte Hand eines Großherzogs zu sein. Und wenn Bellezza erst dazugehörte, würden die übrigen talianischen Städte nicht lange zögern sich
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