Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Leute sind gestorben, um dich zu retten, und du rennst gleich wieder mitten in die Schlacht hinein.«
»Ich habe gesehen, wie die Kampfschnepfen meine Mutter aufgefressen haben. Ich musste es tun.« Sie setzte sich zu mir. »Ich musste es tun, Kate.«
Ich hörte fernes Kettenklirren. Dann das Knirschen von Metall unter Sohlen. Eine große Gestalt trat aus dem Rauch hervor.
Sie war nackt, bis auf ein Geschirr aus Lederriemen und Silberhaken. Das Haar trug sie in schwarzen Dreadlocks. Und sie war von oben bis unten mit frischem Blut beschmiert. Die roten Streifen mischten sich mit den blauen Runen, die ihr auf die Haut tätowiert waren. Ihre Präsenz haute mich um: eiskalt, grausam, beängstigend wie Wolfsgeheul des Nachts auf einer einsamen Straße.
»Das ist sie«, flüsterte Julie. »Die Frau vom See.«
Ihre Augen leuchteten, dann zeigten sich Funken darin. Diese Funken wuchsen mit einem Mal zu hausgroßen Iriden an, bernsteinfarben, alles verschlingen d … Der schwarze Abgrund der Pupillen klaffte vor mir, und ich wusste, ich hätte darin auf Nimmerwiedersehen versinken können.
So war es also, wenn das Auge einer Göttin einen ansah.
Sie blickte an uns vorbei, hob eine Hand und wies über meine Schulter hinweg. Ketten klirrten. » Komm !« Ich erkannte die Stimme wieder. Ich hatte sie in meinem Kopf gehört.
Red schälte sich aus einem Haufen Altmetall. Ich hatte schon eine ganze Weile gewusst, dass er da war. Er hatte sich hergeschlichen, als die Schlacht schon fast vorüber war, war mir gefolgt und hatte dort, in diesem Schrotthügel, gewartet, während ich fassungslos bei Bran saß. Wahrscheinlich lauerte er auf eine gute Gelegenheit, um mir sein Messer in den Rücken zu rammen.
Julie erschrak. »Red!«
Ich hielt sie bei den Schultern fest.
» Du sehnst dich nach Macht …«
Red schluckte. »Ja.«
» Diene mir, und ich werde dir so viel Macht geben, wie du nur willst .«
Er erbebte.
» Willigst du in diese Abmachung ein ?«
»Ja!«
»Red, was ist mit mir?« Julie löste sich aus meinem Griff. Ich hielt sie auch nicht allzu fest. Es war ihre letzte Chance, endlich kuriert zu werden.
»Ich liebe dich! Verlass mich nicht!«
Er hob abwehrend eine Hand. »Sie hat alles, was ich will. Und du hast nichts.«
Er stieg über Brans Beine hinweg und trottete zu Morrigan wie der Hund, der er war. Der Kreis hatte sich geschlossen: Von dem Vorfahren, der Morrigan fortgelaufen war, über unzählige Generationen, zu dem Nachfahren, der sich bereitwillig von ihr an die Kette legen ließ.
Brans Leichnam war noch nicht einmal kalt. Ihr aber war keinerlei Trauer anzumerken.
Ich sah sie an. »Du erkennst mich.«
Ketten klirrten bestätigend.
»Wir werden uns wiedersehen, und dann bringe ich ihn um.«
»Mach dich nicht lächerlich. Sie ist viel zu mächtig für dich. Sie wird mich beschützen«, sagte Red.
»Das Blut, das durch meine Adern fließt, war schon uralt, als sie noch weiter nichts als ein Gedanke war. Sieh ihr in die Augen, wenn du mir nicht glaubst.«
» Wir werden uns nicht wiedersehen «, versprach Morrigan.
Hinter ihr waberte eine Nebelwand empor. Sie glitt über den Boden, leckte über Morrigans Füße, wand sich um Red herum und ließ die beiden verschwinden.
Dann kehrte die Technik wieder und fegte alle Magie beiseite. Julie stand ganz allein auf einem weiten Feld voller Leichen und Altmetall, ihr Gesicht war ein Bild des Entsetzens.
Epilog
A ls die Hexen am nächsten Morgen kamen, um Brans Leichnam abzuholen, fanden sie ihn inmitten weißer Blumen. Leuchtend wie kleine weiße Sterne und in der Mitte so schwarz wie seine Augen, waren diese Blumen über Nacht gewachsen, und ein würziger Duft ging von ihnen aus. Als der Tag vorbei war, hatte man diesen Blumen den Namen Morgan’s Bells gegeben, und das Gerücht machte die Runde, Morrigan sei über den Tod ihres Kämpen so betrübt, dass sie viele Tränen geweint habe, und aus diesen Tränen seien diese Blumen gesprossen.
Alles Quatsch. Ich war dabei. Die Alte hatte nicht mal ein einziges Krokodilstränchen vergossen.
Die Hexen beerdigten Bran im Centennial Park und errichteten ihm ein Hügelgrab. Mir sagten sie, ich könnte es jederzeit besuchen kommen.
Die nächsten beiden Tage verbrachte ich mit Andrea. Gemeinsam verfassten wir die Berichte für den Orden. Wir stopften alle Logiklöcher und bügelten sämtliche Ungereimtheiten aus, bis sie der reinste Mensch war und ich einfach nur eine kampfgeile Söldnerin.
Es war nicht sehr
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