Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
vorübe r – einer, zwei, drei, vier. Dann kehrte mit einem Schlag die Technik zurück, und ehe ich meinen eben erhobenen Fuß wieder absetzen konnte, wich die Magie aus der Welt. Die Leuchtstoffröhren an der Decke sprangen an und tauchten die Tiefgarage in schummriges Kunstlicht. Drei Meter vor uns klaffte das dunkle Rechteck des Ausgangs. Jim hechtete hinein. Ich sprang nach links, hinter den nächsten Pfeiler. Der Salamander in der Glaskugel hatte aufgehört zu leuchten und schlief ein. Er sah nun aus wie ein harmloser schwarzer Lurch. Meine tolle Fernwaffe machte einfach so schlapp.
    Ich setzte die Kugel auf dem Boden ab und zog Slayer aus der Scheide. Diese Salamander wurden sowieso völlig überschätzt.
    »Er ist weg«, sagte Jim und wies hinter mich.
    Ich sah mich um. Am anderen Ende war die Betonmauer an einer Stelle eingestürzt und gab den Blick auf einen schmalen Durchgang frei, der wahrscheinlich zur Straße hinaufführte. Jim hatte recht. Wenn der Armbrustschütze uns hätte umlegen wollen, hätte er dazu wahrhaftig genug Zeit gehabt.
    »Dann hat er also unsere Zielperson aus dem Hinterhalt erschossen und ist anschließend abgehauen?«
    »Sieht ganz so aus.«
    »Das versteh ich nicht.«
    Jim schüttelte den Kopf. »Wenn du dabei bist, passieren doch immer seltsame Sachen.«
    »Den Job hast du aufgetan, nicht ich.«
    Über der Ausgangstür sprühten Funken, und ein grünes EXIT -Schild sprang an.
    Jim starrte es einen Moment lang an, und auf seinem Gesicht erschien ein katzenhafter Ausdruck, eine Mischung aus Empörung und Fatalismus, dann schüttelte er erneut den Kopf.
    »Ich kriege aber den Bolzen, den er im Rücken hat«, sagte ich.
    »Gern.«
    Jims Pieper meldete sich. Er sah nach, und eine mir allzu bekannte, maskenhaft-ausdruckslose Miene überschattete sein Gesicht.
    »Oh, nein, bitte nicht! Ich kann ihn nicht alleine tragen!«
    »Das Rudel ruft.« Er lief hinaus.
    »Jim!«
    Ich verkniff es mir, ihm irgendetwas hinterherzuschleudern. Es geschah mir ja eigentlich ganz recht, wenn ich mit einem Mitglied des Rudelrats so einen Auftrag übernahm. Denn es war ja nicht so, dass Jim kein guter Freund war. Aber für einen Gestaltwandler ging das Rudel nun mal immer vor. Auf einer Skala von eins bis zehn stand das Rudel auf elf und alles andere auf eins.
    Ich sah zu dem mausetoten Jeremy hinüber, der wie ein Sack Kartoffeln auf dem Boden lag. Er wog schätzungsweise um die siebzig Kilo. Ich konnte unmöglich gleichzeitig ihn und den Salamander forttragen. Und ebenso unmöglich konnte ich den Salamander dort unbeaufsichtigt zurücklassen. Die Magie konnte jederzeit wiederkehren und den kleinen Lurch erneut zum Glühen bringen. Außerdem war der Heckenschütze womöglich noch ganz in der Nähe. Ich musste da weg, und zwar schnell.
    Jeremy und der Salamander – beide waren jeweils vier Riesen wert. Ich arbeitete nicht mehr oft für die Gilde, und derart fette Jobs kamen mir nur selten unter. Auch nachdem ich das Kopfgeld fifty-fifty mit Jim geteilt hatte, konnte ich davon zwei Monate meine Hypothekenraten bezahlen. Bei der Vorstellung, viertausend Dollar dort auf dem Boden liegen zu lassen, packte mich ein geradezu körperlicher Widerwille.
    Ich sah Jeremy an. Ich sah den Salamander an. Immer diese Entscheidungen.
    Der Kopfgeldbuchhalter der Söldnergilde, ein kleiner, schlanker, dunkelhaariger Mann, starrte Jeremys Kopf auf dem Tresen an. »Wo ist denn der Rest von dem?«
    »Ich hatte da ein kleines logistisches Problem.«
    Er lächelte breit. »Jim hat dich im Stich gelassen, stimmt’s? Das macht dann also nur einen Fangschein?«
    »Nein, zwei.« Jim hatte sich mir gegenüber ja vielleicht mies verhalten, aber ich würde ihn nicht um seinen Anteil bescheißen. Er würde seinen Fangschein bekommen, der ihn dazu berechtigte, seine Hälfte des Kopfgelds einzustreichen.
    »Na, wenn du meinst.« Er knallte mir einen Stapel Formulare auf den Tresen. »Bitte ausfüllen.«
    Dieser mindestens zwei Zentimeter dicke Papierstapel versprach, mich locker eine Stunde lang zu beschäftigen. Die Gilde selbst hatte recht laxe Regeln – da es sich dabei um einen Zusammenschluss von Söldnern handelte, achtete sie fast nur darauf, dass die Kohle stimmte –, doch so ein Todesfall musste der Polizei gemeldet werden, und das brachte eine Menge Formalitäten mit sich.
    Ich bedachte das oberste Formular mit einem bösen Blick. »Das R-20 muss ich aber nicht ausfüllen.«
    »Stimmt, du arbeitest ja jetzt für den Orden.«

Weitere Kostenlose Bücher