Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
herausfordern will, vorher das Männchen herausfordern muss.«
»Curran hat schon Unmengen von Freundinnen gehabt«, sagte Tante B. »Aber ich habe noch nie gesehen, dass er persönlich einer Frau etwas zu essen in die Hand gibt. Er ist jemand, der großen Wert auf seine Privatsphäre legt, also könnte es sein, dass er es in einem intimen Augenblick schon einmal getan hat, aber dann hätte ich irgendwann davon erfahren. So etwas kann man in der Festung nicht dauerhaft geheim halten. Verstehst du jetzt? Es ist ein Anzeichen für ein sehr ernsthaftes Interesse an dir.«
»Aber ich wusste doch nicht, was es zu bedeuten hatte!«
Tante B runzelte die Stirn. »Das spielt keine Rolle. Du musst jetzt sehr vorsichtig sein. Wenn Curran etwas will, lässt er sich nicht davon abbringen. Dann geht er dieser Sache nach und gibt nicht auf, bis er sein Ziel erreicht hat, koste es, was es wolle. Diese Beharrlichkeit ist es unter anderem, was einen Alpha auszeichnet.«
»Jetzt hast du mir Angst gemacht.«
»Angst wäre vielleicht ein zu starkes Wort, aber Sorgen würde ich mir an deiner Stelle durchaus machen.«
Ich wäre jetzt sehr gerne zu Hause gewesen, wo ich dann zu meiner gebunkerten Flasche Sangria gegriffen hätte. Das hier war eindeutig ein Notfall.
Als hätte sie geahnt, was ich dachte, erhob sich Tante B, nahm aus einem Schrank eine kleine Flasche und schenkte mir daraus ein Schnapsglas voll ein. Ich trank es in einem Zug, und der Tequila rann mir wie flüssiges Feuer die Kehle hinab.
»Besser?«
»Das hat gutgetan.« Jetzt hatte mich Curran in den Suff getrieben. Na, immerhin dachte ich noch nicht über Selbstmord nach.
Ich nahm mir den ramponierten Band über Mythen und Legenden und schlug im Register nach. Wenn ich Bran einen Besuch abstattete, wollte ich gut vorbereitet sein. Ich musste die ganze Lage ein bisschen besser durchschauen. Doch leider beharrte mein Gehirn darauf, mir immer wieder die Erinnerung daran vorzuspielen, wie Curran mir die Suppe gereicht hatte.
Raphael verzog die Nase. »Deine Bücher riechen nach Hühnern.«
»Das sind nicht meine Bücher.«
»Wenn du nach Julie suchen willst, werde ich dir helfen«, sagte Andrea und schob Raphaels Hände von ihren Schultern. »Dafür bin ich verantwortlich.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das ist meine Verantwortung. Aber es gibt jetzt im Moment nichts, was ich für sie tun könnte. Aber ich könnte Morrigans Armbrustschützen finden.« Ich erklärte das mit dem Hexenzirkel und Esmeraldas Büchern, mit den Kampfschnepfen und dass ich Brans Blut brauchte, erwähnte aber nicht, wofür genau es bestimmt war. »Als die Kampfschnepfen uns überfallen haben, erwähnte der Hirte eine Große Krähe. Wollen wir doch mal sehe n … «
Ich sah das Register durch. Keine Großen Krähen. Jede Menge Formorier, aber kein Bolgors oder Hirten. Was konnte ich noch nachschlagen? Irgendetwas musste das alles miteinander verbinden. Was hatte ich in der Hand? Einen Hund der Morrigan, eine Armbrust, diverse Hexenzirkel, einen verschwundener Kesse l …
Ich fand den Eintrag über Kessel: »Kessel der Fülle, siehe Dagda.« Dagda war eine Zeit lang ein Geliebter von Morrigan gewesen. »Kessel der Wiedergeburt, siehe Branwen.« Ich blätterte zu der entsprechenden Seite. »Ich gebe euch einen Kessel, und er hat die Fähigkeit, jeden eurer Männer, der heute stirbt und den man in den Kessel legt, morgen wieder auferstehen zu lassen, und er wird sein wie zuvor und wird nur seine Sprache verloren haben.«
»Und? Findest du was?«, fragte Raphael.
»Bisher nicht.«
Das war auf jeden Fall interessant. Die Schnepfen waren teilweise unto t … Vielleicht kamen sie irgendwie aus dem Kessel der Wiedergeburt. Ich sah weiter im Register nach. »Kessel der Weisheit, siehe Geburt des Taliesin.« Jeder, der sich auch nur ein bisschen mit der keltischen Mythologie auskannte, hatte schon von Taliesin gehört, dem größten Barden des alten Irland und dem Druiden, der Merlin nachgefolgt war. Ich kannte diese Legende bestens und sah mir den entsprechenden Artikel nur aus Gründen der Gründlichkeit an. Rhabarber, Rhabarber, Rhabarber, die Göttin Ceridwen, Rhabarber, Rhabarbe r …
Wenn es eine Kobra gewesen wäre, hätte sie mich jetzt gebissen.
»Was ist?«, fragte Andrea.
Ich blätterte um und zeigte ihr die Illustration. »Die Geburt des Taliesin. Die Göttin Ceridwen hatte einen Sohn, der abgrundtief hässlich war. Weil er ihr leidtat, braute sie in einem großen Kessel
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