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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Krallen, ohne Reißzähne, ohne Stimme.
    Dann verklingt das erste Brüllen, und man denkt schon, es wäre vorbei, doch dann brandet das Gebrüll erneut heran, es ist wie ein schrecklicher Husten, der immer schneller wird, unaufhaltsam und ohrenbetäubend. Man kämpft gegen den Drang an, die Augen zuzukneifen. Man schaut hin, und diese Bewegung erfordert das letzte bisschen Selbstbeherrschung.
    Und man sieht ein zwei Meter hoch aufragendes Monster. Es hat einen Löwenkopf und eine Löwenkehle. Es ist grau und pelzig. Dunkle Streifen ziehen sich wie Peitschenstriemen über seine baumstammartigen Gliedmaßen. Seine Klauen könnten einem mit einem einzigen Hieb den Bauch aufschlitzen. Und seine Augen versengen einen mit ihrem goldfarbenen Lodern.
    Von seinem Gebrüll erbebt der Boden. Man nimmt den Uringestank wahr, während die kleineren Monster sich ängstlich ducken, und schließlich hält man sich die Ohren zu, damit man nicht taub wird.
    Dann hörte Curran endlich wieder auf zu brüllen. Gott sei Dank. Einen Moment lang überlegte ich, ihn darauf hinzuweisen, dass Bran ihn nicht mehr hören konnte und dass er, selbst wenn er ihn hätte hören können, wohl kaum vor Todesangst erstarrt wäre, aber irgendwie schien es mir dann doch nicht der richtige Augenblick für clevere Bemerkungen zu sein. Das Löwengesicht erbebte, dann wechselte er zurück in die mir vertraute Schimäre aus Löwe und Mensch, die ich als Currans Zwischenform kannte. Seine Stimme dröhnte über den Hof: »Durchsucht die ganze Festung! Stellt fest, wie er hier reingekommen ist und was er sonst noch geklaut hat!«
    Die Gestaltwandler rannten in Windeseile davon. Bloß Jim blieb bei uns stehen.
    Ich musste an Bran herankommen. Die Zeit wurde knapp, der Flair stand kurz bevor, und ich wollte Julie und ihre Mutter finden, ehe er uns mit voller Wucht erwischte. Doch mit dem Halsband in der Hand konnte ich unmöglich in den Nebel eindringen. Morrigans Hund war hinter dem Ding her. Doch ebenso unmöglich konnte ich ohne das Halsband von hier fortgehen, denn auch die Formorier waren scharf darauf. Und sie würden kommen, um es sich zu holen.
    Was tun?
    Jim sah zu Curran hinüber. »Wir haben einen Köder. Er steht auf sie. Vielleicht kommt er wieder, um sie zu besuchen.«
    Dieser Scheißkerl. Er ließ mich immer und immer wieder im Stich. Wieso erstaunte mich das überhaupt noch? Ich sah Curran an. Er ließ es sich durch den Kopf gehen. Ich konnte förmlich sehen, wie es unter seiner Mähne ratterte. »Tu das nicht. Ich muss Julie finden. Ich kann nicht hierbleiben und darauf warten, dass dieser Vollidiot wieder auftaucht.«
    Jim streckte eine Hand nach mir aus.
    »Nimm die Hand runter, oder du bist sie los.« Ich würdigte ihn keines Blickes. »Du kennst mich. Du weißt, dass ich keine leeren Drohungen ausstoße.«
    »Wir brauchen keine Hilfe von außerhalb«, sagte Curran.
    Jim nahm die Hand fort.
    Ich atmete tief durch. Ich sah einen Ausweg aus diesem ganzen Schlamassel, aber es war ein Ausweg, den nur eine so verzweifelte Seele wie ich wählen würde. Es war entweder unglaublich pfiffig oder unglaublich bescheuert.
    Ich hielt Curran das Halsband hin. »Der Armbrustschütze will das haben. Ich habe gesehen, wie begierig er danach Ausschau gehalten hat. Ich vertraue es dem Rudel an, damit es darauf aufpasst, bis ich es wieder brauche.« Ich legte es Curran in die Hand. »Ich vertraue es dir an. Ich weiß nicht, warum, aber es ist offenbar sehr wichtig. Sowohl der Armbrustschütze als auch die Kampfschnepfen werden wiederkommen, um danach zu suchen. Und ich kann es mir nicht leisten, dass es verloren geht. Versprichst du mir, darauf aufzupassen?«
    Es war ein großer Vertrauensbeweis. Jedermann wusste, dass Bran bereits dreimal die Sicherheitsmaßnahmen des Rudels ausgetrickst hatte. Dass ich Curran das Halsband anvertraute, würde ihm mehr bedeuten als jede Vergeltung. Ich machte es damit zu einer persönlichen Angelegenheit. Wenn er es annahm, würde er sein Leben einsetzen, um es zu beschützen.
    Seine goldfarbenen Augen sahen tief in mich hinein. »Du hast mein Wort«, sagte er.
    »Das ist alles, was ich brauche.«
    Nun konnte ich frei schalten und walten. Ich konnte Bran beschäftigt halten, vorausgesetzt, dass ich ihn fand, und gegen Curran vermochten die Kampfschnepfen nichts auszurichten.
    »Ich gehe jetzt zum Haus der Bouda, um nach meiner Freundin zu sehen, danach mache ich mich wieder auf die Suche nach Julie.«
    »Bis zum Territorium der

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