Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Wohlstand aus. Er sah wie sein eigener Lieblingssohn aus.
Er öffnete den Mund und erstarrte dann, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
Erde an Saiman! »Hallo.«
Er blinzelte. »Guten Abend. Darf ich hereinkommen?«
Nein. »Klar.« Ich trat einen Schritt zur Seite, und er kam in meine Wohnung. Er nahm sich einen längeren Moment Zeit, sich in meiner Residenz umzuschauen. Schließlich blieb sein Blick an meinem Bett hängen.
»Du schläfst in deinem Wohnzimmer?«
»Ja.«
»Warum?«
Weil ich die Wohnung von meinem Vormund Greg geerbt hatte. Er hatte das einzige Schlafzimmer in eine provisorische Bibliothek verwandelt, die gleichzeitig als Lagerraum diente, und dort geschlafen, umgeben von seinen Büchern und Artefakten. Greg war vor weniger als einem Jahr ermordet worden. In seinem Bett zu schlafen kam nicht infrage, also hatte ich mir eine Liege gekauft und sie im Wohnzimmer aufgestellt. Dort schlief ich, während die Tür zum Schlafzimmer fest verschlossen blieb. Und wenn Julie zu Besuch kam, überließ ich es ihr.
All das zu erklären wäre mühsam und überflüssig gewesen. Also zuckte ich nur mit den Schultern. »Ist so ’ne Angewohnheit von mir.«
Saiman machte den Eindruck, als wollte er noch eine Frage stellen, aber dann überlegte er es sich anders.
Ich stieg in meine Schuhe, wickelte mich in einen Häkelschal ein und nahm Slayer an mich. »Ich wäre dann so weit.«
Saiman sah nicht aus, als wollte er gehen. Ich öffnete die Tür und trat auf den Flur.
Er folgte mir. Ich verschloss die Tür. Er bot mir seinen Arm an, und ich legte meine Finger auf seinen Ärmel. Schließlich war das ein Teil unserer Vereinbarungen. Wir stiegen die schmutzige Treppe hinunter. Draußen biss mich die Kälte. Kleine weiße Schneeflocken segelten vom Nachthimmel herab. Saiman hob den Blick und lächelte. »Winter«, sagte er leise. Als er sich mir zuwandte, leuchteten seine Augen wie zwei von einem inneren Feuer erhellte Eisstückchen.
Er hielt mir die Wagentür mit einem Nicken auf, das eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Verbeugung hatte. Ich stieg ein und legte mir das Schwert quer auf den Schoß. Er schloss die Tür und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Dann zog er ein geschnitztes Holzkästchen hervor. »Die habe ich dir mitgebracht«, sagte er. »Aber du brauchst sie gar nicht. Du siehst göttlich aus.«
Ich öffnete das Kästchen. Ein Armreif, Ohrringe und eine Halskette – alles aus gelbem Topaz – lagen auf dem grünen Samt. Die Kette war mit Abstand das Highlight – elegant und dünn und von einem Stein wie ein glühender Tropfen gekrönt. »Sieht wie der Wolfsdiamant aus«, sagte ich.
»In der Tat. Es ist ein gelber Topaz. Ich dachte, es würde dir stehen, aber dein nackter Hals ist einfach schockierend. Natürlich darfst du den Schmuck trotzdem anlegen.«
Ich schloss das Kästchen. »Lieber nicht.«
Saiman fuhr los. Die nächtliche Stadt zog an uns vorbei. Aus dunklen Fensterlöchern starrten mich Gebäuderuinen an.
»Magst du den Winter, Kate?«
»Theoretisch ja.«
»Aha?«
»Das Kind in mir liebt den Schnee.«
»Und die erwachsene Frau?«
»Die Erwachsene sagt: hohe Heizungsrechnungen, Todesopfer durch Erfrieren, geplatzte Wasserleitungen und vereiste Straßen. So was muss man doch einfach lieben!«
»Ich finde dich so unglaublich unterhaltsam«, sagte Saiman mit einem Seitenblick zu mir.
»Warum machst du so hartnäckig mit diesem Unsinn weiter? Ich habe dir klar und deutlich gesagt, dass ich keine romantischen Gefühle für dich hege und auch nie welche hegen werde.«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich verliere nicht gern. Außerdem bin ich nicht an einem Techtelmechtel interessiert. Was ich anzubieten habe, ist wesentlich stabiler: eine Partnerschaft. Verliebtheit ist flüchtig, aber eine Beziehung, von der beide Seiten profitieren, wird viele Jahre anhalten. Ich biete Stabilität, Loyalität, meine Ressourcen und mich selbst. Ich werde dich niemals langweilen, Kate. Ich werde dich niemals betrügen.«
»Solange es deinen Interessen dient.«
Wieder zuckte er mit den Schultern. »Natürlich. Aber der Gewinn muss im Verhältnis zum Risiko stehen. Für mich wäre es von großem Wert, dich auf meiner Seite zu haben. Wenn ich tatsächlich etwas noch Wertvolleres finde, würde ich dafür sorgen müssen, dass du nie etwas von der Aufhebung unserer Vereinbarungen erfährst. Schließlich bist du eine Frau, die zu Gewalttätigkeiten neigt.«
»Mit anderen Worten, du würdest mich töten,
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