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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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mir mitgeteilt, dass die Rabbis bereit waren, mich zu empfangen. Kate Daniels, Meisterin des Telefons.
    Ich verbrachte den Tag damit, über den Fall Steel Mary nachzugrübeln, ohne dass dabei viel Neues herauskam. Auch eine Nachfrage bei Biohazard und der PAD brachte keine neuen Entwicklungen. Die Magie war verebbt, und Steel Mary blieb untätig. Wir alle saßen herum und drehten Däumchen, während wir darauf warteten, dass der Ärger wieder anfing.
    Am Ende des Tages ging ich nach Hause und machte ein Nickerchen. Als ich erwachte, war die Sonne soeben untergegangen. Die Stadt lag still und im winterlichen Zwielicht erstarrt hinter meinen vergitterten Fenstern.
    Es wurde Zeit, mich für mein Date mit Saiman hübsch zu machen. Au weia.
    Ich besaß nur ein einziges Abendkleid. Ich hatte es vor ein paar Jahren gekauft, und Anna, die Ex-Frau meines Vormunds, hatte mir geholfen, es auszusuchen. Es wartete im Schrank auf mich, von einer Plastikhülle geschützt. Ich nahm es heraus und legte es aufs Bett. Dünne Seide schimmerte im Licht der elektrischen Lampe. Ein seltsamer Farbton, der weder Gelb noch Gold war. Mit einem Hauch von Pfirsich. Etwas gelber, und es wäre Zitrone gewesen, etwas goldener, und es wäre Kitsch gewesen. Aber so sah es blendend schön aus.
    Ich zog es an. Kunstvoll drapiert schmiegte sich die Vorderseite des Kleides an meine Brüste und floss in V-Form an mir herab, bis der Wasserfall an meinen Hüften zerstob und in Wellen aus Stoff zu Boden regnete. Die Lagen aus Seidenstoff gaben meinem Körper etwas Weiches und verleiteten das Auge dazu, Kurven statt Muskeln zu sehen. Das Sonnenlichtkleid, hatte Anna es genannt. Es passte immer noch, es war sogar etwas enger als früher, was gar nicht so schlecht war. Dank des Ordens hungerte ich nicht mehr so viel.
    Als ich das Kleid das letzte Mal getragen hatte, war ich mit Max Crest ausgegangen. Nun würde ich es bei einem Date mit Saiman tragen. Ich hätte es liebend gerne wenigstens ein einziges Mal für einen Mann getragen, mit dem ich wirklich ausgehen wollte.
    Ich band mir das Haar zurück. Dadurch sah mein Gesicht hässlicher aus, und eine Narbe an meinem linken Ohr war deutlich zu erkennen. Gut so! Ich begnügte mich damit, das Haar auszubürsten und es mit Gel zurechtzumassieren. Schließlich hing es mir in glänzenden Wellen über den Rücken. Ich hatte mir nie Ohrlöcher stechen lassen – ich hatte schon genug Leuten die Ringe aus den Ohrläppchen gerissen, um zu wissen, wie viel Schmerz man jemandem damit zufügen konnte. Ich besaß keinen Schmuck, aber ich hatte ein Paar Schuhe, das zum Kleid passte. Sie waren schmal und gelb und hatten Stelzen anstelle von Absätzen. Ich hatte die Schuhe zu dem Kleid gekauft. Es bereitete mir Schmerzen, sie nur anzusehen. Darin zu gehen war nur noch mit der chinesischen Wasserfolter vergleichbar.
    Aber ich hatte schon Schlimmeres erlebt.
    Während des vergangenen Jahres hatte ich genau zwei Mal Gelegenheit gehabt, Make-up aufzulegen, sodass die höheren Sphären dieser Kunst außerhalb meiner Reichweite lagen. Ich puderte mich mit Rouge, verdunkelte meine Augen mit braunem Lidschatten und trug Mascara auf. Es spielte keine Rolle, welchen Farbton ich wählte – mit Mascara katapultierte ich mich in jedem Fall in exotische Regionen. Ich trug pinkfarbenen Lippenstift auf und packte das Werkzeug für die Kriegsbemalung dann weg.
    Kein Schwert. Keine Möglichkeit, meine Nadeln zu verstecken. Eigentlich hätte mich das beunruhigen müssen, aber das tat es nicht. Die größte Gefahr drohte von der nächsten magischen Woge, aber sie schlug nur äußerst selten zwei Mal in vierundzwanzig Stunden zu. Alles andere würde ich mit bloßen Händen bewältigen können. Vielleicht hatte es sogar eine therapeutische Wirkung, jemandem mit meinen Fäusten wehzutun, wenn ich bedachte, in welcher geistigen Verfassung ich mich befand.
    Um vier vor acht hallte ein Klopfen durch mein Apartment und machte den Kampfpudel hysterisch. Ich sperrte ihn ins Badezimmer, wo er nur minimalen Schaden anrichten konnte, und öffnete die Haustür.
    Saiman trug einen Anzug und eine aktualisierte Version von Thomas Durand. Das Original, dem ein Siebtel der Midnight Games gehörte, war Mitte fünfzig. Diese Durand-Version war in den Dreißigern, mit breiten Schultern, männlicher Statur und perfektem Outfit. Wie schon zuvor strahlte er, von den teuren Schuhen bis zum noblen Profil und dem kunstvoll geschnittenen dunkelblonden Haar, eine Aura von

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