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Stadt der Liebe

Stadt der Liebe

Titel: Stadt der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weich wie Butterschmalz, dieser Feigling. Was glaubst du denn, wie ich mein Haus bekommen habe?«
    Frißt, säuft, hurt sich zu Tode?
    Nun gut. Sollte er … Aber zu schnell auch wiederum nicht.
    Nicht heute. Nicht jetzt …
    Gepackt von der dunklen Ahnung, die in ihr aufquoll, bewegte sich Jeanette zu der reglosen Gestalt im Sessel. Sie näherte sich auf Zehenspitzen. Das fette Gesicht Dumonts hatte seine Grimasse verloren, das Fleisch schien von den Knochen zu hängen, und gerade diese Schlaffheit, die ihr viel besorgniserregender schien als der schmerzverzerrte Ausdruck vorher, ließ ihr Herz am Hals pochen.
    »Patron?«
    Was war nur mit ihm?
    Er wird doch nicht …?
    »Maître Michel?«
    Sie flüsterte es nur. Oh, diese Gesichtsfarbe! Ein blasses, schreckliches Violett. Und dann der Mund? Die Winkel hingen nach unten, und aus dem rechten tropfte Schleim. Aber er atmete, lebte, noch … Wie lange? Ein feines Röcheln war es, nicht mehr.
    Jeanette hob die Hand, um ihm die Fingerspitzen an den Hals oder an die Schläfe zu legen, so wie sie es bei dem Medicus gesehen hatte, wenn er Alain besuchte. Aber der Anblick der schweißfeuchten Haut flößte ihr einen solchen Widerwillen ein, daß sie es unterließ. Bleib am Leben! Ihr praktischer bretonischer Verstand dachte es in zorniger Empörung. Kratz mir nur nicht ab. Zu jeder Zeit, wann immer du willst – nur nicht jetzt, wo Alain und ich das Geld so dringend brauchen.
    »Patron!«
    Dies sprach sie nicht leise, sie schrie es. Und dann legte sie die Hand auf seine Schulter, um ihn zu schütteln.
    »Patron! Maître Michel! Ich brauch' doch Geld. Mein Geld.«
    »Geld …« Ein Zittern durchlief den koloßartigen Körper, ein wenig hob sich der Kopf, so wie ein sterbendes Schlachtroß es tun mag, das zum letztenmal den Ruf der Trompete hört. »Geld … mein Geld …«
    Die Augen öffneten sich, dies ja, doch ob sie aufnahmen, was sie erblickten? Ein schrecklicher, milchfarbener Schimmer schob sich über die Pupillen.
    »Maria, hilf«, flehte Jeanette, um dann endlich zu erkennen: Von dem bekommst du nichts. Nein, nichts ist hier zu holen. Kein Dukaten, kein Thaler, kein Goldfranken, kein Kupferpfennig, nicht mal ein Sou – nichts!
    Sie drehte sich um. Isabeau? Warum zeigte die Magd sich nicht? »Isabeau«, müßte sie jetzt rufen, »komm, hol den Arzt«.
    Isabeau war nirgends zu sehen.
    Na dann … Jeanette seufzte. Mitleid mit dem Trüffelschwein? Nun, wie denn? Aber wenn du dein Geld hier nicht bekommst, mußt du es woanders suchen.
    Sie wußte auch, wo.
    So lief Jeanette Mellier wieder über den Marmor und die Pflastersteine zurück zur Hofeinfahrt, wo noch immer der Wagen mit Tuch beladen wurde und Blaise, der Gascogner, mit den Knechten Witze riß.
    Er sah ihr entgegen und verstummte. Und dann fragte er: »Was ist denn mit dir?«
    »Was soll denn sein?«
    »Du zitterst ja. Ganz blaß bist du auch.«
    »Nun ja.« Mehr gab es nicht zu antworten.
    »Und der Alte? Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Ging ja nicht.«
    »Warum nicht?«
    Sie zögerte. »Der schläft«, log sie dann. Und wie es sei, ob er sie nach Paris mitnehme?
    Dies, verkündete der Gascogner mit einer übertriebenen Verbeugung, sei ihm nicht nur eine Ehre, sondern ein Vergnügen. – Die Packknechte grölten …
    Der Gascogner band die Pferde zwischen all den anderen Pferden und Wagen am Chatelet, nahe der Bougerie an und half Jeanette vom Kutschbock. Das heißt, er wollte helfen, wollte mit beiden Händen um die Taille greifen, doch Jeanette schlug sie ihm weg und sprang selbst auf das Pflaster.
    Da stand sie nun. Und mitten im Paris. In dieser Straße, bis hinüber zum Quai de la Mégisserie, war es doch stets dasselbe: Lärm, Krach und Aufregung. Und ein babylonisches Gewirr vieler, auch ausländischer Stimmen. Nicht nur die Gerber und die Metzger luden hier ihre Ware ab, hier gab es auch das Lagerhaus der Tuchmacher-Zunft, dann die unzähligen Schiffsagenturen, die ihre Fracht verteilten. Aus aller Herren Länder strömten die Waren, die die unersättliche Stadt verschlang. Und gleich dort drüben, am Pont du Change, die zur Île de Cité führte, tauschten die Ausländer, die gleichfalls aus allen Richtungen des Himmels in Paris eintrafen, ihre Münzen in französische Dukaten, in Gold- oder Kupferstücke.
    Gute und kräftige Pferde besaß der Maître Michel Dumont. Und so hatte die ganze Reise noch nicht mal zwei Stunden gedauert. Dabei war ja noch das lästige Warten am Chartre-Tor abzuziehen, wo

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