Stadt der Schuld
sagen.
Als die Alte und ihr schrecklicher Sohn den Raum verlassen und die Tür von außen verschlossen hatten, ließ Jenkins Mary endlich los. »Setz dich dahin!«, raunzte er sie grob an und wies mit ausgestreckter Hand auf einen der dick gepolsterten Stühle am Tisch.
Folgsam setzte Mary sich und spürte im gleichen Augenblick, wie sich irgendetwas Spitzes unangenehm in ihren rechten Schenkel bohrte. Jenkins nahm sich nun auch einen Stuhl und setzte sich ihr direkt gegenüber. Offenbar hatte er wirklich im Sinn, sie, wie es ihm befohlen worden war, keinen Augenblick aus den Augen zu lassen. An eine Flucht war nicht zu denken. Sie begann erneut zu zittern. Eine geraume Zeit lang starrte er sie schweigend an, doch dann schien es Mary mit einem Mal, als begänne er sich zu langweilen. Nervös scharrte er mit den Füßen, blickte ein ums andere Mal zur Tür und stand schließlich, die Hände in den Hosentaschen, auf. Schlendernd begann er, umherzugehen.
Langsam ließ Mary ihre Hand unter ihren Schenkel gleiten und tastete nach dem spitzen Gegenstand dort. Ein Stück Draht? Nein! Es war eine der aus dünn geplättetem Eisen gefertigten Verstrebungen der Polsterung. Ein Stück war abgebrochen und hatte sich durch das Polster gebohrt. Ein Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf. Vielleicht konnte sie sich damit gegen den Mann wehren. Unendlich vorsichtig zog sie an dem schmalen Stück Metall und verlagerte sacht ihr Gewicht, um den Gegenstand schließlich herauszuziehen. Ihr Herz klopfte wild, doch es gelang. Jenkins hatte nichts bemerkt. Der hatte inzwischen seine Aufmerksamkeit den bunt bemalten Porzellantellern und Vasen in einer der Schrankvitrinen zugewandt. Neugierig befühlte Mary die Spitze des Eisenstabs. Die Bruchstelle war tatsächlich scharfkantig wie ein Messer und das Stück insgesamt länger als ihre Handspanne. Verstohlen ließ sie es zwischen die Falten ihres schmutzstarrenden Gewandes gleiten. Noch immer trug sie die halb verbrannten Lumpen des Vorabends sowie das Mieder, das Edna ihr gegeben hatte und das ihre Brüste so unnatürlich nach oben quetschte. Diesem Umstand schien nun auch Jenkins plötzlich sein ganzes Interesse zuzuwenden. Offenbar waren die Porzellanteller doch nicht so fesselnd. »Na, bist ja noch recht jung für 'ne Hure«, meinte er schließlich und kam wieder näher. »Noch nicht lange im Geschäft, was?«
Mary schüttelte langsam verneinend den Kopf. Jenkins grinste und ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht, während er wie gebannt auf ihre Brüste starrte. »Ich steh' auf Weiber, über die noch nicht jeder drübergerutscht ist«, teilte er Mary mit, die auf dieses Wissen nicht den geringsten Wert legte. »Da hält man seinen Stecken schön sauber.« Sein Grinsen wurde noch breiter und er setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
Die Uhr auf der breiten Anrichte tickte.
Quälend langsam verstrich die Zeit. Jenkins starrte jetzt unverwandt in Marys Ausschnitt und leckte sich nervös die Lippen. Sein Atem ging deutlich rascher. Und dann, ganz plötzlich, hielt er es nicht mehr aus. Er stand auf und griff ihr rasch an die Brust. Fast gleichzeitig bemerkte Mary die sich verstärkende Ausbuchtung an der Vorderseite seiner Hose. Sie wusste nur zu gut, was das zu bedeuten hatte. Es war wie ein Reflex, als sie ihre Hand, die das spitze Metallstück umklammerte, hervorschnellen ließ und es Jenkins mit aller Kraft in die Handfläche rammte. Blutig ragte die Spitze auf der anderen Seite heraus. Mit einem Schrei sprang Jenkins zurück, riss sich das Eisen aus der Hand und schleuderte es weit von sich. Es fiel klappernd vor der Vitrine mit den Vasen zu Boden. Jammernd hielt Jenkins seine verletzte Rechte zwischen die Beine, kniff die Augen zusammen und beugte sich schmerzgepeinigt nach vorne. Mary nutzte den Moment, hastete hinüber zu ihrer wertvollen Waffe und hob sie auf. Doch da war Jenkins schon bei ihr. »Dafür wirst du bezahlen, du Biest. Ich mach dich fertig!«, schrie er. Das Gesicht zu einer wütenden Grimasse verzerrt, packte er sie mit seiner unverletzten Hand und schleuderte sie gegen die Vitrine. Das Geschirr darin schepperte gefährlich. Der harte Stoß presste ihr die Luft aus den Lungen. Sie rang nach Atem. Da war Jenkins schon wieder ganz nah. »Was glaubst du, wer du bist, du Schlampe?«, keuchte er und grunzte dabei wie ein Schwein. Sein Atem stank widerlich nach Bier. Dann griff ihr unter den Rock, seine Hand wühlte unbarmherzig zwischen ihren Schenkeln. Mary
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