Stadt der Schuld
durchflutete den Raum und Cathy schloss für einen Moment geblendet die Augen.
»Ah, Cathy«, begrüßte sie die Stimme von Mrs Ashworth. Selbstgefälligkeit und eine gewisse Aggression schwangen unüberhörbar darin. »Du hättest dich wirklich nicht herbemühen müssen, und dazu noch zu dieser frühen Stunde. Ich hatte dir doch schon vor Tagen die Nachricht zukommen lassen, dass es dem Kranken besser geht und also kein Grund zur Sorge besteht.«
»Das möchte ich gerne von ihm selbst hören«, sagte Cathy bissig. Es störte sie sehr, dass diese Frau sie so von oben herab behandelte, als habe sie eine Küchenmagd vor sich.
»Aber natürlich!«, sagte Mrs Ashworth mit gönnerhaftem Spott. »Du kannst ihn gleich selbst fragen ... nicht wahr, mein Lieber?« Sie erhob sich von ihrem Platz an der reichgedeckten Frühstückstafel und gab damit den Blick frei auf Aaron, der – wie Cathy jetzt erst überrascht entdeckte – halb verborgen von gut gepflegten Orangen- und Oleanderbäumchen auf einer bequemen französischen Liege ruhte. Cathys Herz machte einen Satz. »Aaron!«, rief sie und lief zu ihm hin. Oh, wie sie sich freute, ihn zu sehen! Wie hatte sie sich nach ihm gesehnt, nach seiner Nähe, seiner Berührung! Und es schien ihm wirklich wieder deutlich besser zu gehen. Ja, er sah sogar richtig gut aus, gekleidet in das blütenweiße Hemd eines Gentlemans und angetan mit einem feinen seidenen Hausmantel. Wahrlich kein Vergleich zu dem todkranken, verwahrlosten Gefangenen, der er noch vor Kurzem gewesen war. Ein Stein fiel ihr vom Herzen und Dankbarkeit durchflutete sie. Und wenn auch seine sorgfältig rasierten Wangen noch ein wenig hager schienen, so war es doch der Aaron, den sie kannte und innig liebte, der ihr nun den Blick zuwandte. »Was willst du hier?«, fragte er harsch.
Schockiert prallte Cathy zurück. »Aber ... ich wollte dich sehen, Aaron«, stammelte sie verwirrt.
»Nun, jetzt hast du mich gesehen. Es ist alles so, wie du es wolltest. Einfach wunderbar!«, sagte er bitter. »Es geht mir gut, wie du siehst, und dir ja offenbar auch.«
Cathy war völlig vor den Kopf geschlagen. Es war, als säße plötzlich ein Fremder vor ihr. Dieser Ausdruck in seinen Augen ... sonst so voller Wärme und Liebe für sie! Jetzt waren sie hart und erloschen. »Was redest du da, Aaron? Was habe ich denn getan?«, fragte sie erschüttert, doch dann riss sie sich zusammen. Es war alles nur ein Irrtum, bestimmt. »Wir müssen reden, Aaron, unbedingt. Aber allein, wenn es geht ...«
»Das wird nicht nötig sein«, sagte Mrs Ashworth rasch. Sie kam herüber und legte besitzergreifend ihre Hand auf seine Schulter. Aaron zeigte keine Reaktion, aber er verwehrte der Frau die dreiste Geste auch nicht. Teilnahmslos starrte er stattdessen hinaus in den Park. Augenblicklich wurde Cathy bewusst, was hier gespielt wurde. Mrs Ashworth fixierte sie mit einem hochmütigen Gesichtsausdruck. »Ich habe deinen Mann bereits über unsere Vereinbarung in Kenntnis gesetzt. Auch er ist der Meinung, dass es für alle das Beste ist, wenn wir die Dinge bis auf Weiteres so belassen, wie sie sind. Wie ich hörte, hat Mrs Fountley dich ja finanziell recht gut ausgestattet. Du hast also keinen Grund, dich zu beklagen, meine ich.«
Wütend starrte Cathy sie an. »Was haben Sie ihm eingeredet, Mrs Ashworth?«
»Eingeredet?« Mrs Ashworth lachte affektiert auf. »Ich habe ihm nichts eingeredet.« Ihre Stimme wurde plötzlich schrill. »Was maßt du dir an, du undankbares Weibsstück! War ich es nicht, die sich, auf deine ausdrückliche Bitte hin, für deinen Gatten eingesetzt und ihn gepflegt hat? Und das ist nun der Dank?!« Drohend machte sie einen Schritt auf Cathy zu, hochrot im Gesicht. »Das muss ich mir in meinem eigenen Hause nicht bieten lassen. Hinaus!«
»Nein!«, rief Cathy und packte Aarons Hand. »Aaron, glaube mir, das ist alles ein schrecklicher Irrtum. Ich habe das alles doch nur getan, weil ... weil ...« Sie brach in Tränen aus. »Ich konnte doch nicht zulassen, dass du stirbst, ich liebe dich doch, Aaron! Bitte!« Aber Aaron entzog ihr seine Hand. Noch immer sah er sie nicht an, doch seine Stimme schwankte. »Du wirst zurechtkommen. Sie hat recht, wir sollten es so lassen, wie es ist.« Damit griff er nach einem Sherryglas, das neben ihm stand, bis zum Rand gefüllt mit einer klaren Flüssigkeit, und stürzte den Inhalt ohne zu zögern hinunter. Es sah aus, als täte er das nicht zum ersten Mal.
»George!«, kreischte Mrs
Weitere Kostenlose Bücher