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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
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auf das Bett.
    »Wenn es dir jetzt besser geht, Aaron, können wir reden?«
    Er senkte rasch den Blick. Er konnte sie nicht ansehen, seine Scham war übermächtig.
    »Du musst dir keine Sorgen machen, Aaron. Mr Croach wird dich nicht verraten, du bist vorerst in Sicherheit.«
    »Mr Croach? Wer ist das?«
    Cathy lächelte sanft. Das Mondlicht schimmerte auf ihrem Haar. »Der Lehrer für die Jungen. Wir sind in seiner Wohnung. Er war so verständnisvoll und freundlich und hat uns eine kleine Kammer für dich zur Verfügung gestellt. Ich werde dir gleich alles der Reihe nach erzählen und dann«, sie schwieg einen Augenblick, als falle es ihr schwer weiterzusprechen. »Aaron, es gibt so viel, was ich dir sagen muss. Es tut mir leid, was geschehen ist, aber ich wusste einfach nicht mehr ein noch aus. Ich konnte dich doch nicht sterben lassen in diesem Loch.«
    Aaron wandte das Gesicht ab. »Nein, mir tut es leid, Cathy. Es war alles ein Fehler. Ich ...
    Du solltest dich nicht weiter um mich sorgen. Ich bin es, weiß Gott, nicht wert, bestimmt nicht! Ich sollte vielmehr so schnell wie möglich von hier verschwinden, ich bringe euch nur in Gefahr.«
    Sie nahm seine Hand und streichelte sie sacht, er konnte es kaum ertragen. »Was redest du da, Aaron?«
    Er entzog sie ihr. Es war alles zerstört. Er hatte es zerstört, er ganz allein.
    Der Schmerz darüber raubte ihm fast den Verstand und eine sinnlose, verzweifelte Wut schoss in ihm hoch. »Was ich da rede? Das, was einer redet, dessen beschissenes Leben ein einziger Schandfleck ist. Was willst du denn noch von mir, Cathy? Ich kann dir einfach nicht geben, was du suchst. Ich bin Dreck, nichts als Dreck, hörst du.«
    »Warum sagst du so etwas?« Er hörte, wie ihre Stimme schwankte, zu zittern begann. »Willst du uns wirklich verlassen?«
    Er packte sie am Handgelenk. »Warum willst du es denn nicht verstehen?«, schrie er gequält. »Ich kann nicht ... ich kann einfach nicht mehr!« Plötzlich kamen die Tränen, unaufhaltsam – er konnte nichts dagegen tun. Auch Cathy weinte.
    »Aber es ist mir egal, ob du mit ihr geschlafen hast, Aaron. Ich weiß doch, was da war und warum. Es ist mir vollkommen gleichgültig, sage ich dir. Ich will doch nur, dass wir wieder eine Familie sind. Tu mir das nicht an, Aaron! Lass mich nicht im Stich, lass uns nicht im Stich. Ich gehe auch mit dir fort, wenn du willst, sofort!«
    »Du weißt nichts von mir!«, stöhnte Aaron matt.
    »Doch, ich kenne dich, Aaron. Ich kenne dich gut, und ich weiß, dass das gerade nicht du bist, der so spricht. Ich liebe dich.« Sie sah ihn flehend an, ihre tiefblauen Augen schwammen in Tränen. Wie konnte er sie so quälen? Wie konnte er nur? Er packte sie und presste sie an sich, ungeachtet seiner Schmerzen. Es tat so gut, sie so nah bei sich zu spüren. Nein, er konnte einfach nicht ohne sie sein! »Ich muss dir etwas sagen, Cathy, etwas, das ich noch niemandem erzählt habe«, flüsterte er. »Dann magst du entscheiden, was aus uns wird. Wollen wir es so halten, mein Herz?«
    Sie hielt vollkommen still in seinen Armen. Er spürte die Bewegung ihres Atems auf seiner Brust. »Als ich ein Kind war«, begann er stockend, »lebte ich mit meiner Mutter auf einem Gut bei Essex. Sie war nur eine Stallmagd und ich ein Bastard. Ich weiß nicht einmal, wer mein Vater war. Sie hat es mir nie gesagt. Vielleicht ein ausländischer Soldat, wer weiß? Es ging uns nicht gut, aber wir hatten zu essen und ein Dach über dem Kopf und da waren die Pferde ...« Bei der Erinnerung an die prächtigen Tiere lächelte er wehmütig in sich hinein und seine Tränen versiegten. »Wir lebten ... irgendwie, aber ... da war der Besitzer des Gutes, Cecil Turner, ein geachteter Mann in der Gemeinde. Niemand außerhalb des Gutes wusste, wie er wirklich war. Dass er trank, und wenn er getrunken hatte, wurde er brutal und grob und ging wahllos auf die Mägde los. Und nicht nur auf die Mägde ... er ... er hat ... ich sei ein zu hübscher Knabe, sagte er einmal ...« Aaron schluckte. Es war ihm plötzlich unmöglich weiterzusprechen. Cathy löste sich aus seinen Armen und sah ihm in die Augen. Sie las darin, was er nicht aussprechen konnte. »Er hat sich an dir vergriffen?«, fragte sie schockiert. Aaron nickte stumm, erneut schnürten ihm Tränen die Kehle zusammen, doch dann zwang er sich weiterzureden.
    »Er hat mich dazu gezwungen, immer wieder, mich geprügelt, wenn ich mich wehrte. Es war ... es war schrecklich! Ich konnte nichts dagegen

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