Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Ruth Landys
Vom Netzwerk:
Bole, der wie ein Irrer tobte, und ihr Vorwürfe machte, dass sie die ganze Produktion aufhielte! Ich hätte ihn am liebsten geschlagen!«
    Aaron zuckte mit den Achseln. »Bole schreit nur so, weil er genau weiß, dass Ashworth ihm die Hölle heißmacht, wenn die Maschinen nicht rund um die Uhr laufen. Wie geht es Jezebel eigentlich jetzt?«
    »Oh, sie war zwei Tage später schon wieder bei der Arbeit. Eines ihrer Kinder bringt ihr das Baby während der Schichten immer zum Stillen.«
    Aaron kräuselte missbilligend die Stirn. Über dieses bei den Arbeiterinnen übliche Vorgehen hatte er mit Cathy in den vergangenen Wochen immer wieder kleinere Auseinandersetzungen gehabt. Er wollte nicht, dass sie nach der Niederkunft wieder arbeitete. Cathy, die ahnte, dass er gleich seinen Unmut äußern würde, schob schnell nach: »Sie kann es sich nicht leisten auszusetzen. Ihr Mann trinkt, weißt du. Er versäuft das meiste von seinem Lohn.«
    »Natürlich! Er trinkt. Säuft sich sein mickriges Dasein erträglich, was soll er auch anderes tun?« Aaron bedeckte erschöpft sein Gesicht mit den Händen und rieb sich dann den allgegenwärtigen Faserstaub aus den geröteten Augen. Bleierne Müdigkeit drohte ihn zu übermannen. »Entschuldige, Cathy! Ich bin todmüde. Lass uns morgen weiterreden, ja?« Mühsam kämpfte er sich hoch, bewusst Cathys Blick vermeidend. Er wusste, dass seine Worte sie getroffen hatten, aber er war einfach zu müde, um eine diplomatischere Antwort zu finden. Irgendwie konnte er Jezebels Mann auch verstehen.

Kapitel 7
    Kapitel 7
    Also gut!« Bole nickte knapp. »Wenn du dich darum kümmerst, dass sie das Notwendige lernt, kann sie stundenweise für dich einspringen. Dann sieht man weiter. Wenn sich die Kleine vernünftig anstellt, werde ich mit Mr Ashworth sprechen.«

    Cathy zwinkerte Mary zu und beeilte sich, dem Vorarbeiter noch einen Dank zuzurufen. Der hörte kaum hin. Er eilte bereits weiter zu den Carding Engines 18 . Einer der Treibriemen war von der Transmissionsrolle gesprungen. Stillstand der betroffenen Maschine und aufgeregte Rufe der beiden Arbeiterinnen, die die breite Trommel mit der von unten angelieferten, gesäuberten Baumwolle zu beschicken hatten, waren die Folge. Trotz des Lärms konnte man noch Boles herzhafte Flüche hören. Cathy zuckte mit den Schultern und lächelte. »Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Mr Bole ist ziemlich cholerisch veranlagt. Er schreit und flucht, sobald etwas schiefgeht. Und es geht eigentlich dauernd etwas schief.«
    Mary antwortete nicht. Im Grunde hatte sie, seit sie ihren Geschwistern in die neue Unterkunft bei Cathy und Aaron gefolgt war, kaum mehr etwas gesagt. Doch jetzt wanderte ihr Blick neugierig über den Speed Frame, den Cathy zu bedienen hatte. Es war einer von acht solcher Ungetüme, die den hinteren Bereich des großen Fabrikraums ausfüllten.
    »Sieh her! Die Spulen müssen alle zwei Minuten ausgetauscht werden. Dann muss eine neue aufgesetzt und die Fäden wieder eingespannt werden. Siehst du, so!« Mit flinken Händen hatte Cathy begonnen, sich die Doppelreihe der sich munter drehenden Garnrollen entlangzuarbeiten und dabei die bereits fertigen, mit milchweißem Baumwollgarn umwickelten Holzspulen gegen neue leere auszutauschen. Die Maschine gab dabei ein ohrenbetäubendes Klappern und Sirren von sich. Selbstverständlich liefen die anderen Spulen weiter, während Cathy die jeweils volle austauschte. Kaum am Ende der Reihe angekommen, griff sie Mary am Arm und zerrte sie wieder zum Anfang der Reihe zurück. Dort war die erste Rolle schon wieder prall gewickelt und wartete darauf, abgenommen zu werden.
    »Ich weiß, es sieht aus, als könnte man das nicht schaffen, aber du wirst dich schnell daran gewöhnen«, brüllte Cathy über den Krach hinweg, »es ist nur wichtig, dass du lernst, die Garnstränge schnell genug in den Schlitz in der Rolle einzuführen. Dabei darf kein Fehler passieren, sonst verheddert sich das Garn und die Maschine fällt für mindestens zwei Stunden aus. Dann solltest du mal Mr Bole hören!« Sie warf Mary einen schnellen Blick zu. »Hab keine Angst. Du wirst es schon schaffen. So schwer ist es auch nicht. Nimm dir eine von den leeren Rollen und schau sie dir an. Und dann sieh mir einfach zu, wie ich es mache. In Ordnung?«
    Mary nickte mit zusammengekniffenen Lippen und griff nach einer der leeren Spulen. Da wurde sie von einer der anderen Arbeiterinnen rüde zur Seite gedrängt. »Steh nicht im Weg, Mädchen.

Weitere Kostenlose Bücher