Stadt des Schweigens
war noch warm, saftig und locker. Sie gab Marmelade darauf, aß und stieß einen Laut schieren Entzückens aus. Noch ein paar Mahlzeiten wie diese und gestern Abend, und sie bekäme ihre Jeans nicht mehr zu.
Sie brach noch ein Stück ab. „Also, was treibst du so, Cherry? Hast du nicht vor ein paar Jahren deinen Abschluss an der Nichols State gemacht?“
„Harvard am Bayou für uns. Und es war erst letztes Jahr. Ich habe ein Diplom in Ernährungswissenschaften, aber dafür gibt es in Cypress Springs keinen Bedarf“, fügte sie achselzuckend hinzu. „Daran habe ich wohl nicht gedacht.“
„Aber du könntest es in Baton Rouge versuchen oder …“
„Ich verlasse Cypress Springs nicht.“
„Aber du wärst doch nah genug, um …“
„Nein“, erwiderte sie entschieden. „Hier ist mein Zuhause, ich bin hier aufgewachsen und werde hier bleiben.“
Sie schwiegen befangen. Schließlich fragte Avery: „Was hast du jetzt vor?“
„Ich helfe Peg unten im Azalea Cafe. Und ich sitze im Vorstand einiger Wohltätigkeitsvereine. Ich unterrichte in der Sonntagsschule und erleichtere Mom das Leben, soweit ich kann.“
„Ist sie krank gewesen?“
Cherry zögerte und sagte lächelnd. „Nein, aber sie wird älter. Und ich möchte nicht zusehen, wie sie sich abarbeitet.“
Avery trank noch einen Schluck Kaffee. „Du lebst zu Hause?“
„Mm.“ Sie stellte den Becher ab. „Es erschien mir albern auszuziehen. Sie haben so viel Platz.“ Nach einer Pause fügte sie hinzu: „Mom und ich haben schon darüber gesprochen, ob wir unseren eigenen Catering Service aufmachen sollten. Keinen Service für Partys oder Feste, sondern gediegene, nahrhafte Mahlzeiten für Familien, denen die Zeit zum Kochen fehlt. Wir wollten ihn ,Gourmetküche auf Rädern’ oder ,Gourmet-Express’ nennen.“
„Ich habe schon einiges über solche Anbieter gelesen. Offenbar ist das der neue große Trend, und ihr beide wärt sicher großartig darin.“
Cherry freute sich über das Lob. „Glaubst du wirklich?“ „Bei euren Kochkünsten? Machst du Witze? Ich wäre euer erster Kunde.“
Ihr Lächeln schwand. „Irgendwie haben wir die Kurve nicht gekriegt. Außerdem bin ich nicht wie du, Avery. Mich drängt es nicht nach einer großen, glänzenden Karriere. Eigentlich möchte ich nur Ehefrau und Mutter sein.“
Avery wünschte fast, sie hätte ebenso klare Vorstellungen, was sie sich vom Leben erhoffte. Sie beugte sich ein wenig vor. „Also, wer ist er? Da muss es doch jemanden geben.“
Cherry wurde sehr ernst. „Es gab ihn. Er … erinnerst du dich an Karl Wright?“
Avery nickte. „Gut sogar. Er und Matt waren gute Freunde.“
„Die besten“, korrigierte Cherry. „Nachdem Matt und Hunter … sich überwarfen … nun ja, unsere Beziehung war etwas Besonderes. Dachte ich zumindest. Aber es hat nicht funktioniert.“
Avery langte über den Tisch und drückte ihr die Hand. „Das tut mir wirklich Leid.“
„Er packte einfach seine Sachen und ging nach Kalifornien. Dabei hatten wir schon Hochzeitspläne gemacht und …“
Sie atmete tief durch, stand auf, ging zum Fenster und starrte eine Weile versonnen hinaus. Schließlich drehte sie sich zu Avery um. „Vermutlich habe ich ihn zu sehr bedrängt. Er hat Matt angerufen und sich verabschiedet, aber nicht mich.“
„Das tut mir wirklich Leid, Cherry.“
Sie fuhr fort, als hätte Avery nichts gesagt. „Matt hat ihn gedrängt, mit mir zu reden, aber …“ Sie ließ den Satz unbeendet. „Aber er wollte nicht.“
„Nein. Er hat immer davon gesprochen, nach Kalifornien zu gehen, aber ich wollte nicht. Ich wollte meine Familie und Cypress Springs nicht verlassen. Jetzt wünschte ich …“ Sie verstummte wieder.
Avery ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Es wird jemand anders kommen, Cherry. Der Richtige.“
Cherry bedeckte die Hand mit ihrer und sah Avery mit tränenfeuchten Augen an. „In dieser Stadt? Weißt du, wie wenig verfügbare Junggesellen es hier gibt? Besonders in meinem Alter? Sie gehen alle fort. Ich wünschte, ich wäre auch so scharf auf Karriere wie du, denn die könnte ich allein machen. Aber zu dem, was ich mir wünsche, sind nun mal zwei nötig. Das ist nicht fair …“ Ihr brach die Stimme. Sie schluckte trocken und räusperte sich. „Ich klinge wie die verbitterte alte Jungfer, die ich bin.“
Avery lächelte. „Du bist vierundzwanzig, Cherry. Kaum eine alte Jungfer.“
„Aber es tut weh.“
„Ich weiß.“ Avery fiel
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