Stadt ohne Namen
Zauberer alle Asche sind. Denn es ist ein altes Gerücht, daß die Seele der vom Teufel gekauften sich nicht von ihrer irdischen Hülle hinweghebt, sondern gerade den Wurm, der nagt unterweist, bis aus dem Verfall schreckliches Leben entspringt und finstere Aasfresser der Erde geschickt die Oberhand bekommen, um sie zu quälen, und ungeheuer anschwellen um sie heimzusuchen. Heimlich werden große Löcher gebohrt, wo die Poren der Erde ausreichen sollten, und Dinge haben das Gehen gelernt, die kriechen sollten.«
Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel
In der Frühe steigt Nebel von der See bei den Klippen hinter Kingsport auf.
Weiß und federig steigt er aus der Tiefe zu seinen Brüdern, den Wolken empor, voller Träume von saftigen Weiden und den Höhlen des Leviathan. Und später verstreuen die Wolken in sanften Sommerregen Teile dieser Träume über die steilen Dächer von Poeten, daß die Menschen nicht ohne Ahnung von alten, seltsamen Geheimnissen und Wundem leben sollen, die die Planeten anderen Planeten nur des Nachts erzählen. Wenn Geschichten dicht in den Grotten der Tritonen herumschwärmen und Muschelhörner in Seetang−Städten wilde Melodien blasen, die sie von den Ältesten gelernt haben, dann steigen dicke, eifrige Nebel beladen mit Kunde gen Himmel, und Augen, die auf den Felsen seewärts blicken, sehen nichts als mystische Weiße, als ob der Rand der Klippe der Rand der ganzen Welt sei und als ob die feierlichen Glocken der Bojen freischwebend im Feenland des Äthers ertönten.
Nun steigen nördlich des alten Kingsport die Felsen hoch und merkwürdig empor, Terrasse auf Terrasse, bis die nördlichste wie eine erstarrte, graue Windwolke am Himmel hängt. Sie ist völlig allein, eine trostlose Spitze, die in den endlosen Raum vorstößt, denn an der Stelle, wo der Miskatonic sich aus den Ebenen von Arkham vorbei ergießt, macht die Küste eine scharfe Biegung und bringt Waldlegenden und kleine, seltsame Erinnerungen an New England mit. Die Seefahrer in Kingsport schauen zu dieser Klippe empor, wie andere Seefahrer zum Polarstern und stimmen ihre Nachtwachen nach der Art ab, in der sie dem Großen Bären, die Kassiopeia und den Drachen entweder verbirgt oder sichtbar werdenläßt. Unter ihnen ist sie eins mit dem Firmament, und sie wird wirklich davon abgeschnitten, wenn der Nebel die Sterne oder die Sonne verhüllt. Einige dieser Klippen lieben sie, wie jene, deren groteskes Profil sie Vater Neptun nennen, oder die, deren pfeilerumsäumte Stufen sie den
»Dammweg« nennen, aber sie fürchten sie, weil sie dem Himmel so nah ist. Die portugiesischen Matrosen, die von einer Reise den Hafen anlaufen, bekreuzigen sich, wenn sie sie das erste Mal erblicken, und die alten Yankees glauben, es würde viel Schwerwiegenderes als den Tod bedeuten, sie zu erklimmen, so dies 29
überhaupt möglich wäre. Trotzdem steht ein altes Haus auf der Klippe, und abends sehen die Menschen Licht in den Fenstern mit den kleinen Scheiben.
Das alte Haus ist immer dagewesen, und die Leute sagen, darin wohne einer, der sich mit den Morgennebeln unterhält, die aus der Tiefe emporsteigen, und vielleicht erblickt er in Richtung Ozean seltsame Dinge, zu Zeiten, wenn der Rand der Klippe zum Rand der ganzen Erde wird und feierliche Bojen freischwebend im weißen Äther des Feenlandes ertönen. Sie berichten dies vom Hörensagen, denn die abweisende Klippe wird nie besucht, und die Einheimischen richten nicht gern ihre Fernrohre dorthin. Sommergäste haben sie wirklich mit sorglosen Ferngläsern betrachtet, haben jedoch nie mehr gesehen als das graue, urtümliche Dach, spitz und schindelgedeckt, dessen überhängende Dachkanten beinah bis zu dem grauen Fundament hinabreichen, und das gedämpfte gelbe Licht der kleinen Fenster, die unter den Dachkanten im Dämmer hervorlugen. Diese Sommergäste glauben nicht, daß derselbe Eine seit Hunderten von Jahren in dem alten Haus wohnt, können aber ihre häretischen Ideen einem echten Kingsporter nicht begreiflich machen. Selbst der schreckliche alte Mann, der sich mit bleiernen Pendeln in Flaschen unterhält, seine Lebensmittel mit jahrhundertealtem spanischem Gold kauft und der steinerne Götzenbilder im Hof seines vorsintflutlichen Häuschens in der Water Street stehen hat, kann nichts weiter sagen, als daß die Dinge schon genauso waren, als sein Großvater ein Bub war, und das muß vor urdenklichen Zeiten gewesen sein, als noch Belcher oder Shirley oder Pownall oder Bernard
Weitere Kostenlose Bücher