Stadt ohne Namen
welche das Vorherrschen ungewöhnlich heftiger Gewitter im Som−mer betraf. Als er sich den Hügel erwählte und seinen Wohnsitz errichtete, hatte Mynheer Martense diese häufigen Ausbrüche der Natur einer Eigentümlichkeit jenes Jahres zugeschrieben, aber er nahm bald wahr, daß die Örtlichkeit derartigen Naturerscheinungen besonders ausgesetzt sei. Als er schließlich herausfand, daß sie seinem Kopf nicht guttaten, richtete er sich einen Keller ein, in den er sich vor ihrem wildesten Toben zurückziehen konnte.
Von Gerrit Martenses Nachkommen weiß man weniger als von ihm selbst, da sie alle im Haß gegen die englische Kultur erzogen und dazu angehalten wurden, jene Kolonisten, die sie akzeptierten, zu meiden. Ihr Leben war äußerst einsiedlerisch, und die Leute behaupteten, daß ihre Isolierung sie schwer von Zunge und von Begriff hatte werden lassen. Im Aussehen waren sie alle durch eine merkwürdige, ererbte Ungleichheit der Augen gekennzeichnet, im allgemeinen war eines blau und das andere braun. Ihr gesellschaftlicher Verkehr wurde immer geringer, bis sie schließlich begannen, sich mit der zahlreichen Dienerschaft auf dem Besitz zu verheiraten. Viele der zusammengedrängten Familie degenerierten, zogen auf die andere Seite des 113
Tales und vermischten sich mit der Kümmerlingsbevölkerung, aus der später die bemitleidenswerten Siedler hervorgingen. Der Rest hatte sich finster an den Sitz seiner Ahnen geklammert, sie wurden immer stammesverbundener und schweigsamer, dennoch entwickelten sie eine nervöse Reaktion gegenüber den häufigen Gewittern.
Die meisten Nachrichten darüber erreichten die Außenwelt durch den jungen Jan Martense, der aus einer inneren Ruhelosigkeit heraus zur Kolonialarmee ging, als Nachrichten vom Vertrag von Albany Tempest Mountain erreichten.
Er war der erste von Ger−rits Nachkommen, der viel von der Welt sah, und als er 1760 nach sechs Jahren Kampf zurückkehrte, wurde er von seinem Vater, den Onkeln und den Brüdern als Außenseiter gehaßt, trotz seiner ungleichen Martense−Augen. Er brachte es nicht mehr fertig, die Absonderlichkeiten und Vorurteile der Martenses zu teilen, während gerade die Berggewitter ihn nicht mehr so schädlich beeinflußten, wie sie es vorher getan hatten. Statt dessen deprimierte ihn seine Umgebung, und er schrieb einem Freund in Albany häufig von seinen Plänen, das Vaterhaus zu verlassen.
Im Frühjahr 1763 wurde Jonathan Gifford, Jan Martenses Freund in Albany wegen des langen Schweigens seines Briefpartners unruhig, besonders im Hinblick auf die Zustände und Streitigkeiten im Martense−Wohnsitz.
Entschlossen, Jan selbst zu besuchen, ritt er in die Berge. Sein Tagebuch erwähnt, daß er Tempest Mountain am 20. September erreichte und das Haus in starkem Verfall fand. Die mürrischen Martenses mit ihren verschiedenen Augen, deren unsauberes, tierisches Aussehen ihn entsetzte, berichteten ihm in abgehackten Kehllauten, daß Jan tot sei. Er sei, beteuerten sie, vergangenen Herbst vom Blitz getroffen worden und sei hinter dem vernachlässigten, tiefliegenden Garten begraben. Sie zeigten dem Besucher das Grab, nackt und ohne Grabstein. Etwas im Verhalten der Martenses stieß Gifford ab und machte ihn mißtrauisch, und eine Woche später kehrte er mit Spaten und Hacke zurück, um den Ort des Begräbnisses zu untersuchen. Er fand, was er erwartet hatte −
einen Schädel, grausam zertrümmert, wie von schrecklichen Hieben − weshalb er nach seiner Rückkehr nach Albany die Martenses offen des Mordes an ihrem Verwandten bezichtigte. Juristische Beweise fehlten, aber die Geschichte verbreitete sich rasch in der Gegend, und von dieser Zeit an wurden die Martenses von der Welt geächtet. Niemand wollte mehr mit ihnen zu tun haben, und ihr abgelegener Wohnsitz wurde als verfluchter Ort gemieden. Irgendwie brachten sie es fertig, von den Erzeugnissen ihres Besitzes autark zu leben, denn von fernen Hügeln gelegentlich beobachtete Lichter legten von ihrem Verbleiben Zeugnis ab. Man konnte diese Lichter noch bis 1810 beobachten, aber zuletzt wurden sie sehr selten. Inzwischen wuchs um den Wohnsitz und den Berg ein teuflischer Sagenkomplex empor. Der Ort wurde mit verdoppelter Beharrlichkeit gemieden und mit jeder geflüsterten Mythe ausgestattet, die die Tradition lieferte. Niemand besuchte ihn bis 1816, als der dauernd fehlende Lichtschein von den Siedlern bemerkt wurde. Zu dieser Zeit stellte eine Gruppe Untersuchungen an, sie fanden das Haus
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