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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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im Dunkeln angefertigt hatte.
    »Du hältst nach den so genannten ›Leuchtenden‹ Ausschau, die uns zum Heiligtum der Ursonne führen«, sagte Yeats und zeigte mit dem Finger auf die Linie zum Vorsprung. »Ich gehe zum Gipfel, wo Zawas' Hubschrauber stehen, und sichere uns einen für den Rückzug. Du hast genau sechs Minuten, um vom Vorsprung zum Gipfel zu kommen, und dann fliegen wir los.«
    »Einfach so?«
    »Einfach so«, sagte Yeats. »Ich setze zuvor noch die anderen Hubschrauber außer Gefecht, damit Zawas uns nicht verfolgen kann. Wir brauchen einen Vorsprung, um als Erste zum Heiligtum zu kommen.«
    Conrad starrte auf das Feuerzeug, mit dem Yeats die Skizze beleuchtete. Ein altes Zippo mit einem NASA-Emblem und einer Widmung für Yeats von Captain Rick Conrad, der zu Yeats' Mannschaft gehört hatte und 1969 in der Antarktis umgekommen war. Und der angeblich Conrads leiblicher Vater war. Damals rauchten Astronauten noch. Conrad hatte sich oft in das Büro seines Pflegevaters geschlichen und mit dem Feuerzeug gespielt. Einmal hatte er dabei fast das Haus abgefackelt. Er hatte immer gehofft, Yeats würde endlich mal kapieren, wie sehnsüchtig er etwas von seinem Vater besitzen wollte, und ihm das Ding schenken. Das hatte er aber nie getan.
    »Ich dachte, du hast das Rauchen aufgegeben.«
    »Ich gebe nie etwas auf, mein Sohn.« Yeats machte die Flamme aus und gab Conrad das Feuerzeug.
    Überrascht hielt Conrad das vertraute Zippo in der Hand und machte es an und aus.
    »Und was ist mit Serena?«, fragte er. »Und mit dem Obelisken?«
    »Wenn Zawas einen von beiden vermisst, bevor du weißt, wo sich das Heiligtum der Ursonne befindet, wird er hinter uns her sein, und unsere Mission ist beendet«, sagte Yeats. »Aber wenn wir ohne die Schwester oder den Obelisken abheben, wird er denken, dass wir aufgeben. Bis er merkt, was wir vorhaben, sind wir schon im Heiligtum der Ursonne, nehmen uns, was wir brauchen, und stellen ihm eine Falle. Dann wird Zawas uns sowohl Serena als auch den Obelisken bringen.«
    »Wenn er sie nicht vorher umbringt.«
    »Hör mir doch einmal zu«, sagte Yeats ärgerlich. »Sie ist diejenige, die ihn zu uns führt. Glaub mir, Zawas ist auf sie angewiesen. Er wird sie erst umbringen, wenn er sie nicht mehr braucht.«
    »Wirklich beruhigend.« Conrad wollte seinem Vater das Feuerzeug zurückgeben, aber zu seinem Erstaunen lehnte dieser ab.
    »Auf geht's!«
    ***
    Oben war Licht, und von überall her kam das Tosen der Wasserfälle. Als sie um die letzte Ecke bogen, konnte Conrad die schwarze Silhouette eines Wachposten erkennen, der bei der Treppe stand. Hinter ihm schaukelte das Schlauchboot im Wasser. Der Ägypter rauchte gerade. Conrad wollte einen Schritt nach vorn machen, da kratzte seine Stiefelsohle über den Steinboden.
    Der Wachposten wirbelte herum. »Jasir?«
    Conrad nickte und tippte auf die Uhr.
    Der Mann meckerte auf Arabisch, drehte sich um und ging.
    Conrad beobachtete, wie der Mann die Stufen hinaufstieg, und sah sich schnell um. In wenigen Minuten würde der Wachposten den echten Jasir treffen. Zufrieden stellte er fest, dass niemand in Sicht war, und stieg die Steinstufen zum Vorsprung hoch.
    Die Stufen waren schmal und glitschig, aber er war schnell oben. Als er auf den Vorsprung trat, sah er eine Gestalt auf sich zukommen.
    »Dad, bist du es?«, flüsterte er in sein Funkgerät.
    »Ich vollführe mit dem Arm einen Kreis«, sagte Yeats.
    Conrad konnte ihn wegen des Rauschens des Wassers kaum hören. Aber er sah, wie die Gestalt auf der anderen Seite den Arm bewegte. »Okay«, sagte er.
    »An die Arbeit«, sagte Yeats. »Vergiss nicht: Egal, was passiert, du hältst dich an unseren Plan und an die Verabredung in sechs Minuten.« Dann verschwand er im Dunkeln.
    Conrad ging an den Rand der Plattform zwischen den Kaskaden und nahm dort eine günstige Stellung ein. Der Boden unter ihm bebte von dem gewaltigen Donnern der Wasserfälle, und er hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
    Er blickte um sich und fand sofort, was er suchte. In der frühen Dämmerung der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche zog im Osten das Sternbild Wassermann auf. Es war perfekt auf das Bauwerk, auf dem er stand, ausgerichtet. Der Wassermann auf der Erde starrte den Wassermann im Himmel an. Und die aufgehende Sonne – die Leuchtende – zeigte die richtige Stelle.
    Sofort zog er das elektronische Vermessungsgerät heraus, das Yeats ihm eingepackt hatte, und fing mit seinen Berechnungen an. Wenn sie

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