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Stadt unter dem Eis

Titel: Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Greanias
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der ihnen bislang untergekommen war.
    »Ich zünde eine Leuchtbombe«, sagte Yeats. »Sie explodiert in dreißig Sekunden.«
    Conrad bedeckte seine Augen, als Yeats die kleine Leuchtbombe in die Kammer warf. Er zählte bis auf zwei Sekunden runter, da wurde auch schon alles in ein grelles Licht getaucht. Den Bruchteil einer Sekunde lang sah er das Unglaubliche: einen in die Höhe ragenden Obelisken. Er sah ähnlich aus wie der in der P4, nur dass er von einem unglaublich großen Zylinder umgeben war und bestimmt 170 Meter in die Höhe ragte. Der Sockel bestand aus einem riesigen Rundbau, in dem der Eingang sein musste.
    Die abgestuften Schrägen des Zylinders ragten nach oben, bis sie in eine gewölbeartige Decke übergingen. Bevor das Licht erlosch, konnte Conrad noch feststellen, dass sie sich auf halber Höhe befanden.
    »Unglaublich!« Das laute Echo seiner Stimme hallte zurück.
    Sie gingen die Stufen hinab, die entlang dem Zylinder spiralenförmig nach unten führten. Sie standen jetzt am unteren Ende des riesigen Obelisken und schauten hoch. Er konnte nur etwa zehn Meter weit sehen. Allerdings blinkten um den Zylinder herum rote Leuchtpunkte – die Fernauslöser für die Sprengstoffplatten, die Yeats unterwegs angebracht hatte.
    »Was machst du da?«
    »Ich stelle Zawas eine Falle.«
    »Vergiss nicht, dass er Serena in seiner Gewalt hat.«
    »Keine Angst, da sind keine Zeitzünder dran. Ich zünde alles auf Knopfdruck.«
    Das Ganze beruhigte Conrad nicht im Mindesten. Er war jedoch so im Bann seiner Entdeckung, dass er es nicht auf einen Streit ankommen lassen wollte, bei dem er ohnehin den Kürzeren ziehen würde. Er folgte Yeats also wortlos durch den Rundbau zu einem Durchgang am unteren Ende des Obelisken.
    Conrad fragte sich, ob das wohl der tatsächliche Eingang war. Dann bemerkte er neben der Tür ein quadratisches Feld, das ungefähr so groß wie der Sockel des Osiris-Zepters war.
    »Zum Öffnen brauchen wir wahrscheinlich das Zepter.«
    »Hier, mein Sohn.« Yeats reichte ihm den kleinen Obelisken.
    Conrad steckte das Zepter in das Quadrat und spürte gleich darauf ein leichtes Vibrieren. Die Tür ging auf, und sie traten in den riesigen Obelisken hinein.
    ***
    Zawas knirschte mit den Zähnen, als er die Trümmerhaufen draußen in Augenschein nahm. Er verfluchte Conrad Yeats. Er hatte noch nie das Gesicht dieses Mannes gesehen, aber dennoch war es ihm offensichtlich gelungen, das Zepter des Osiris direkt vor seiner Nase zu stehlen.
    Zawas schüttelte den Kopf und sah den Wasserfall hinunter auf das ausgebrannte Wrack des Hubschraubers. Er lag zertrümmert unten im Becken, wurde vom Wasser weitergetrieben und zerfiel dabei langsam in seine Bestandteile. Jetzt, da ihm dieser Hubschrauber nicht mehr zur Verfügung stand, blieb ihm nur noch einer übrig.
    Mit den Augen folgte er einem Teil der Windschutzscheibe, der den Kanal hinunter zum Horizont floss, wo die ersten Sonnenstrahlen des anbrechenden Tages hervorkamen. Die Sterne erloschen allmählich. Etwas an der Anordnung der Sterne erregte seine Aufmerksamkeit. Er machte einen Satz rückwärts und starrte geradewegs auf das Sternbild des Wassermanns. Plötzlich erklärte sich die Skizze wie von selbst.
    Er lief in das Quartier zurück und sah sich die Sonchis-Karte noch einmal an. Er betrachtete den Tempel des Wassermanns, also das Gebäude, auf dem er sich gerade befand. Dann blickte er auf die Schlüsselsymbole am Rand – die Sternbilder Wassermann, Steinbock und Schütze. Ihm brach der Schweiß aus. Mit zittrigen Händen nahm er die Sonchis-Karte und betrachtete sie, als sähe er sie zum ersten Mal.
    Dann eilte er in den Raum, wo sich Serena befand, und band sie los.
    »Ist irgendetwas schief gelaufen, Oberst Zawas?«
    »Ganz im Gegenteil, Schwester Serghetti«, sagte er und schob sie auf den Vorsprung hinaus.
    Anscheinend glaubte sie einen Augenblick lang, er würde sie hinunterstoßen, weil sie sich mit aller Kraft sperrte, als er sie auf den Abgrund zuschob. Schließlich forderte er sie aber lediglich auf, mit dem Blick dem Kanal bis zum Horizont zu folgen, wo der neue Morgen schon schimmerte. Sie entspannte sich. Beide standen sie staunend vor dem Sternbild des Wassermanns.
    »Ich habe das Heiligtum der Ursonne gefunden«, teilte er ihr mit. »Und damit auch Conrad Yeats.«

Teil Vier
    Der Jüngste Tag

31
Tagesanbruch minus 45 Minuten
    Im dunklen Inneren des Obelisken standen Yeats und Conrad auf einer runden Plattform, die einen Durchmesser

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