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Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 01 - Stadtgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armistead Maupin
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Alcatraz hinüber. Sie schwor sich, in nächster Zeit nicht an ihre Mutter zu denken.
    Als sie wieder im Fisherman’s Wharf Holiday Inn war, suchte sie Connie Bradshaws Nummer aus dem Telefonbuch heraus.
    Connie war Stewardeß bei United. Mary Ann hatte sie seit der High-School nicht mehr gesehen: seit 1968.
    »Phantastisch!« kreischte Connie. »Wie lang bleibst du?«
    »So lang, wie’s mir gefällt.«
    »Super! Hast du schon ’ne Wohnung?«
    »Nein … ich … na ja, ich dachte … ob ich mich vielleicht bei dir einquartieren könnte, bis ich …«
    »Aber klar. Kein Problem.«
    »Connie … bist du denn solo?«
    Die Stewardeß lachte. »Ist ein Schimmel weiß?«
Connies Wohnung
    Mary Ann zerrte ihren Rucksack in Connies Wohnung und sank seufzend in einen mit falschem Zebrafell bezogenen Pilotensessel.
    »Na … dann seid gegrüßt, Sodom und Gomorrha.«
    Connie lachte. »Deine Mom ist ausgeflippt, was?«
    »Frag nicht!«
    »Armes Kind! Ich kenn das Gefühl. Als ich meiner Mom gesagt hab, daß ich nach San Francisco gehe, hat die sich gar nicht mehr eingekriegt mit ihrem Gekeife! Es war unsäglich viel schlimmer als den Sommer, wo ich bei Up With People mitmachen wollte! Schon damals hat meine Mom nur Zustände gekriegt, obwohl ich wild entschlossen war, die ganze Welt zu missionieren!«
    »O Gott … das hatt ich schon fast vergessen.«
    Connies Blick verklärte sich in der Erinnerung. »Tja … He, hast du nicht ’n ordentlichen Durst, Schatz?«
    »Doch.«
    »Rühr dich nicht vom Fleck. Ich bin gleich zurück.«
    Im Handumdrehen kam Connie mit zwei United-Gläsern und einer Flasche Banana Cow aus der Küche zurück. Sie schenkte Mary Ann ein.
    Mary Ann nippte vorsichtig. »Hm … wenn man sich hier so umsieht, dann bist du ja praktisch schon eine Einheimische, wie? Das … ist doch schon was.«
    »Doch schon was« war das Netteste, wozu Mary Ann sich durchringen konnte. Connies Wohnung war eine wilde Mischung aus Plastik-Tiffany-Lampen und knöcheltiefen Zottelteppichen, gestickten Snoopy-Bildern und Kätzchenplakaten mit Kopf-hoch-Parolen, Salatschüsseln aus den Tropen und Pflanzenampeln aus Makramee und – Bitte nicht! dachte Mary Ann einem Pet Rock. Mary Ann waren diese neckischen bunten Tierfigürchen aus Stein ein Graus.
    »Ich hatte Glück«, sagte Connie strahlend. »Wenn du fliegst und so … da kannst du auf deinen Trips ’ne Menge Kunstobjekte aufgabeln.«
    »Mhmm.« Mary Ann überlegte, ob Connie ihr Stierkämpferbild auf schwarzem Samt als Kunstobjekt ansah. Die Stewardeß lächelte unbeirrt. »Schmeckt der Bananenmix?«
    »Wie? Ach so … ja. Toll.«
    »Ich trink das Zeug für mein Leben gern.« Zur Bekräftigung nahm sie gleich noch ein paar Schlucke. Danach schaute sie Mary Ann an, als wäre ihr gerade erst bewußt geworden, daß die in ihrer Wohnung saß. »Mensch, du! Wir haben uns ja lange nicht gesehen!«
    »Ja. Zu lange. Acht Jahre.«
    »Acht Jahre … Acht Jahre! Du siehst aber gut aus. Du siehst so richtig … He, soll ich dir mal was ganz Schauerliches zeigen?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang sie auf und ging zu einem Bücherregal, das aus sechs orangen Foremost-Milchkästen bestand. Mary Ann konnte Die Möwe Jonathan, Du bist dein bester Freund, Die sinnliche Frau, Der Weg der Wärme und More Joy of Sex erkennen.
    Connie griff nach einem großformatigen, in burgunderrotes Plastik gebundenen Buch und streckte es Mary Ann entgegen.
    »Tätarä- tä !«
    »Ach du meine Güte! Der Freibeuter?«
    Connie nickte triumphierend und zog sich einen Stuhl heran. Sie klappte das Schuljahrbuch auf. »Du fällst garantiert tot um, wenn du deine Frisur siehst!«
    Mary Ann fand ihr Bild aus der Abschlußklasse. Ihr Haar war sehr blond und mit Akribie gebügelt. Sie trug den obligatorischen Pullover mit Perlenkette. Und obwohl er wegretuschiert war, wußte sie noch genau, wo der Pickel saß, der ihr am Fototag gesprossen war.
    Unter dem Foto stand:
     
    MARY ANN SINGLETON
    »Stille Wasser sind tief«
    Pep Club 2,3,4
    Future Homemakers of America 3,4
    National Forensic League 4
    Plume and Palette 3,4
     
    Mary Ann schüttelte den Kopf. »Ruhe in Frieden«, sagte sie und verzog das Gesicht.
    Connie verzichtete gnädig darauf, ihre eigene Kurzbiographie zu präsentieren. Mary Ann kannte sie nur zu gut: Vortänzerin bei den Cheerleaders, drei Jahre lang Klassenkassiererin und Vorsitzende der YWCA-Teens. Connies Wasser waren rasch und seicht geflossen. Sie war beliebt gewesen.
     
    Mary Ann

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