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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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hierbei ist das Königtum. Es ist seit dem 9. Jahrhundert in Besitz des sogenannten |45| „Marktregals“ gewesen – das heißt, es war ein königliches Recht, einen Markt zu gründen, und jeder, der dies tun wollte, bedurfte einer Erlaubnis durch den König. Es waren meist die Territorialherren, die danach verlangten – und es dann auch taten.
    Bevölkerungswachstum und Landesausbau
    Die Entwicklung der Stadt im Mittelalter – sie wäre nicht denkbar ohne eine der grundlegenden Tatsachen der europäischen Geschichte überhaupt: ein rapides Wachstum der Bevölkerung seit dem 11. Jahrhundert, das vor allem aufgrund von Verbesserungen in der Landwirtschaft, einer flächengreifenden Einführung der „Dreifelderwirtschaft“ sowie dem neuen, schollenwendenden Pflug eintrat. Alle Zahlenangaben für das Mittelalter sind schwierig. Genaue Statistiken gab es noch nicht. Doch es ist davon auszugehen, dass sich in den meisten Ländern Europas die Bevölkerung vom 10. bis zum 14. Jahrhundert mindestens verdoppelt hat. Die Menschen suchten nach Unterkunft und Versorgung. Überall wurde gerodet, das Land nutzbar gemacht. Abgelegene Landschaften, selbst einsame Täler wie zum Beispiel im Schwarzwald wurden aufgesiedelt.
    Der Aufschwung des Städtewesens im Gefolge dieses Bevölkerungswachstums in der bislang überwiegend agrarisch geprägten Welt des frühen Mittelalters ist eine der bedeutendsten Veränderungen, die es in der mittelalterlichen Geschichte überhaupt gegeben hat. In Mitteleuropa hat sich im 11. und 12. Jahrhundert die Zahl der Städte mindestens verzehnfacht. Die alten Römerstädte blühten auf, wurden größer, neue Städte wurden gegründet. Wo eine solche Anlehnung an bisherige Siedlungen und bereits bestehende Plätze wie Pfalzen, Bischofssitze oder Burgen nicht möglich war und sich eine Stadtgründung an anderen Gegebenheiten ausrichten musste, spricht man von Städten „aus wilder Wurzel“. Vor allem im Zuge der Kolonisation und des Landesausbaus der Gebiete östlich von Elbe und Saale entstanden solche Städte. Ihre planvolle Anlage lässt noch heute erkennen, dass sie in aller Regel „auf der grünen Wiese“ errichtet wurden.
    |46| Den größten Zuzug erlebte die Stadt im 13. und frühen 14. Jahrhundert. Die Stadt als Lebensraum besaß jetzt eine große Attraktivität; viele Menschen, die sich dadurch eine Verbesserung ihrer Lebenssituation erhoffen, verließen das Land und zogen in die Stadt. Die Einwohnerzahl der Städte wuchs. Die bevölkerungsreichsten Städte Europas im Mittelalter sind Paris, Mailand, Florenz und Venedig. Die größte Stadt Deutschlands im Mittelalter war und blieb Köln mit ca. 40   000 Einwohnern; dahinter liegen Lübeck mit 20   000 bis 30   000 Einwohnern sowie eine ganze Reihe anderer Städte wie Nürnberg, Straßburg, Wien und Breslau, die es immerhin auf ca. 20   000 Einwohner brachten. Im 13. Jahrhundert verlangsamte sich dieser Prozess, um ca. 1400 war er nahezu ganz zum Stillstand gekommen.
    Zuzug in die Städte hin, Bevölkerungswachstum her. Neben den Großstädten – zumindest den „größeren“ Städten – gab es überall in Europa die Vielzahl der Klein-, Minder- oder „Kümmerstädte“, Städte, die äußerlich oftmals kaum von einem Dorf zu unterscheiden waren. Nur die Aura eines Stadtrechts, das im 12. Jahrhundert älteres Kaufmannsrecht und Marktrecht zu einer Einheit verband und das dem Stadtherrn oftmals mühselig abgerungen werden musste, definierte sie. Niemand hätte in diesen Fällen sonst sagen können: Dies ist eine Stadt.
    Als maßgeblich darf das „Stadtrecht“ gelten – von wem auch immer es verliehen wurde und wie immer es sich in der Realität zu behaupten hatte. Entscheidend für eine Stadt des Heiligen Römischen Reiches – wie Köln – war die Definition durch das Reichsoberhaupt, den König bzw. den Kaiser. Köln hat diese Definition explizit bekommen, ganz spät erst im Mittelalter, zur Zeit Kaiser Friedrichs III. aus dem Hause Habsburg.
    Am 19. September 1475 erteilte der Kaiser der Stadt zum Dank für ihre Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Burgunderherzog Karl dem Kühnen das sogenannte „Reichsstadtprivileg“. In dieser Urkunde wurden 13 Privilegien, die die Stadt bereits zuvor bekommen hatte, vom Kaiser erneuert und bestätigt. In der Vorrede der Urkunde erklärt der Kaiser, dass die Stadt „reichsunmittelbar“ sei – |47| sie sei allein ihm und dem Reich unterworfen. Nicht dem Erzbischof. Köln war

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