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Stadtluft Macht Frei

Stadtluft Macht Frei

Titel: Stadtluft Macht Frei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Schwarz
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Stadt gelockt hatte. Diesen traditionellen Messetermin am Fest der Auferstehung des Herrn ergänzte er durch eine neue Messe, die an Petri Kettenfeier, dem ersten August, stattfinden sollte. Vor allem aber ließ Brun die Kaufmannssiedlung, die sich im Gebiet der Rheinvorstadt gebildet hatte, in das Stadtgebiet einbeziehen und verstärkte die zum Rhein hin verlängerte Stadtmauer durch Türme und Tore – die erste Kölner Stadterweiterung im Mittelalter. Keine Frage: Brun war damals der unumschränkte Herr der Stadt, ein mächtiger Bischof, der über sein Bischofsamt die Stadt nach Belieben regierte.
    Neue Orte – See- und Flusshandelsplätze
    Neben den alten Städten – auf dem Gebiet des späteren Deutschland vor allem Köln, Mainz, Trier, aber auch Regensburg, Augsburg und andere – stehen die neuen Orte, die nicht aus der Römerzeit stammen, sondern erst im Mittelalter entstanden sind. Das ist zunächst die Kaufmannswik (vom althochdeutschen Wort
wik
, das heißt „Handels platz “), gelegen zumeist im nordeuropäischen Küstenbereich oder an einem schiffbaren Fluss in der Nähe der Mündung ins Meer. Voraussetzung für das Entstehen dieser neuen Orte ist vor allem eines: Die Tatsache, dass sich im europäischen Frühmittelalter ein neuer Handelsraum herausbildete, der im Norden des Kontinents zu lokalisieren ist. Er reichte etwa vom Mündungsgebiet des Rheins, der Schelde und der Maas bis an die Küstenregionen der westlichen Ostsee. Wichtige Handelsrouten, die zumeist mit dem Schiff über die See bewältigt wurden, verknüpften die neuen Zentren.
    |41| Die möglicherweise wichtigste aller dieser Routen führte im Westen von der Rheinmündung bis zum Fluss Eider im heutigen Bundesland Schleswig-Holstein. Über die jütische Halbinsel wurde der Weg über Land zu Fuß fortgesetzt, bis zu dem Ort Haithabu an der Schlei. Von hier aus ging es weiter nach Skandinavien und in nahezu den kompletten Ostseeraum hinein: nach Kaupang im heutigen Südnorwegen, nach Birka im heutigen Schweden, nach Truso im späteren Ostpreußen, ja selbst bis nach Staraja Ladoga und Novgorod im heutigen Russland. Eine Vielzahl von arabischen Münzfunden, die an diesen Orten und in deren Umgebung gemacht wurden und die aus der Zeit vor 850 stammen, belegen, dass hier ein reger Handel getrieben wurde, der Waren und ihre Zahlungsmittel von weit her in diese Regionen brachte.
    Haithabu, die „Siedlung auf der Heide“: Wohl über keinen der neuen Handelsplätze wissen wir so viel wie über diesen Ort. Seit Jahrzehnten werden dort intensive Ausgrabungen betrieben. Der Beginn einer systematischen Bautätigkeit in Haithabu ist demnach auf |42| das Jahr 811 zu datieren. Immer mehr Häuser wurden gebaut, sicherlich einfache Hütten nur, aber das entsprach der Zeit. Der Ort dehnte sich schon bald gewaltig aus, von mächtigen Wallanlagen geschützt, die teilweise noch heute im Landschaftsbild der Gegend zu erkennen sind. Im 9. Jahrhundert umfasste Haithabu eine Fläche, die größer war als die der Stadt Köln jener Tage. Es war eine echte Fernhandelsmetropole, ein Zentrum der Händler und Kaufleute aus ganz Nordeuropa und zum Teil weit darüber hinaus. Ein Reisender aus dem muslimischen Spanien hat Haithabu im 10. Jahrhundert besucht und den Ort, seine Bewohner und ihre Gebräuche, anschaulich beschrieben. Es waren raue Sitten damals an der Ostseeküste, die Bewohner des Ortes waren sicherlich vielfach noch Heiden.
    Sie halten ein Fest, bei dem sie sich zu Ehren ihres Gottes versammeln und essen und trinken. Jeder, der ein Tier als Opfer schlachtet, hat ein Holzgestell vor seiner Haustüre und hängt das Opfertier dort auf, ob es nun Ochse oder Widder, Geißbock oder Eber ist, damit die Leute wissen, dass er ein Opfer zu Ehren seines Gottes abhält. 2
    Die Blüte Haithabus dauerte nur kurz. 1050 wurde der Ort von den Norwegern gebrandschatzt. 1066 erfolgte der Untergang – und zwar für immer. Haithabu wurde durch ein slawisches Heer so vollständig zerstört und niedergebrannt, dass es zwecklos schien, einen Wiederaufbau zu beginnen. Der Ort versank in einen Dornröschenschlaf – bis im 20. Jahrhundert die Ausgräber kamen. Das was sie fanden, zeigt noch heute die Intensität des Handels, der an dem Platz getrieben wurde: Mühlsteine aus der Eifel; einen vierrädrigen Karren mit einer Ladekapazität von bis zu einer Tonne und vieles andere; schließlich auch ein Wikingerschiff, das in rekonstruierter Form im heutigen Museum in Haithabu zu

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