Stählerne Jäger.
was er seit Stunden von dem Arzt gehört hatte. »Die Wehen haben um drei Uhr morgens angefangen, und die Fruchtblase ist um fünf Uhr geplatzt, aber sie hat Blut enthalten, deshalb sind wir schnellstens hergefahren. Bei der Untersuchung waren im Fruchtwasser Blut und Mekonium, was auf eine Infektion hindeuten könnte. Also haben sie am Schädeldach des Babys eine Sonde befestigt und sie an einen Monitor angeschlossen, und Wendy ist natürlich ebenfalls verdrahtet und hängt am Tropf. Langsames Auf- und Abgehen und entspannende Duschen fallen natürlich flach – unser ursprünglicher Geburtsplan ist schon eine Viertelstunde nach unserer Ankunft nichts mehr wert gewesen.«
Patrick bot Wendy etwas zerstoßenes Eis an, das sie lutschen sollte, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, und zeigte auf die Monitore. »Der hier zeigt die Werte des Babys an, und das hier ist der Wehenschreiber…« Er sah, dass die Nadel wieder auszuschlagen begann. »… und da kommt eine weitere Wehe.
Tief durchatmen, Sweetie.« Wendy holte tief Luft, atmete langsam aus und zog konzentriert die Augenbrauen zusammen, während sie sich bemühte, ihr Bewusstsein von dem Schmerz abzukoppeln, wie sie es im Lamaze-Kurs gelernt hatte. »Gut.
Etwa dreißig Sekunden bis zum höchsten Punkt. Nicht die Luft anhalten, Schätzchen. Langsam ausatmen, aber nicht die Luft anhalten… gut. Noch fünf Sekunden… das war der höchste Punkt, du machst deine Sache gut… noch dreißig Sekunden, dann ist's vorbei… echt gut, Schätzchen, klasse gemacht. Jetzt noch mal tief durchatmen. Die Hände entkrampfen, Sweetie, auch die Füße – du bleibst verkrampft, obwohl du dich entspannen solltest. Möchtest du noch eine Wadenmassage ?« Er beugte sich über sie und begann sanft ihre linke Wade zu kneten.
Paul betrachtete den langen Papierstreifen, der unter dem Monitor herauskam, und stellte fest, dass Wendy diese Qualen offenbar schon sehr lange erlitt. Seine Schwägerin sah aus, als sei sie zusammengeschlagen und in einer Sauna zurückgelassen worden. Die Bettwäsche war verschwitzt, und ihr Gesicht war vor Anstrengung aschfahl. »Wie lange soll das so weitergehen, Patrick?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Hoffentlich bewegt sich bald etwas. Das alles nimmt Wendy ziemlich mit. Die Ärzte wollen ihr kein Schmerzmittel geben, bis der Muttermund sich auf fünf Zentimeter erweitert hat.«
»Das ist bestimmt eine große Erleichterung – ich weiß, dass es für mich eine sein wird«, sagte Paul, der sich fragte, ob er jemals so stark wie Wendy sein können würde. »Ich glaube, ich habe aus reiner Sympathie ebenfalls Unterleibsschmerzen.« Er zögerte kurz, bevo r er dann doch fragte: »Glaubst du, dass die Ärzte einen Kaiserschnitt vornehmen, wenn es mit der Erweiterung nicht vorangeht?«
»Ein Kaiserschnitt ist nicht möglich«, antwortete Patrick.
»Wendy hat… äh… sie hat alte Unterleibsverletzungen. Ein Kaiserschnitt wäre zu riskant. Also kommt nur eine normale Geburt in Frage. Aber wenn's sein muss, bekommt sie natürlich etwas, das die Wehen beschleunigt.«
»Verletzungen ? Wo hat sie die her? Wie ist das passiert?« Paul sah seinen Bruder zögern und hob abwehrend eine Hand.
»Schon kapiert, schon kapiert – du darfst nicht darüber reden.
Gott, ich hoffe, dass alles gut geht!« Er schrieb eine Rufnummer auf den Notizblock auf dem Nachttisch. »Das ist die Nummer meines Piepsers. Ruf an, wenn's so weit ist, damit ich benachrichtigt werde.« Er küsste Wendy auf die Stirn, als gerade die nächste Wehe einsetzte. »Tief durchatmen. Sweetheart«, sagte Paul mit beruhigendem Lächeln. »Bis bald!« Ihr Lächeln glich fast einer Grimasse, aber sie drückte ihm dankend die Hand.
Joseph E. Rooney Police Facility,
Franklin Boulevard, Sacramento, Kalifornien
(kurze Zeit später)
Kurz vor 20 Uhr traf Paul McLanahan sich mit LaFortier im Bereitschaftsraum der South Sector Substation. »Hey, nicht so eilig, Rookie«, sagte der hünenhafte Korporal. »Lassen Sie sich erst mal ansehen.« Paul nahm Haltung an, während LaFortier seine Uniform begutachtete. »Wo ist Ihre verdammte Plakette, Rookie?«
»An meiner Regenjacke, Sir.« Die Plakette wurde stets außen getragen, zum Beispiel an Mänteln oder Regenjacken.
»Herzeigen.« McLanahan wies Regenjacke und Mütze vor. Er trug die Plakette vorschriftsmäßig – und er trug die Plakette, die alte silberne Plakette. Sie war fast fünfundsiebzig Jahre alt und hätte ins Museum gehört. Aber stattdessen
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