Stählerne Jäger.
Längsseiten des Tischs mit Klettbändern fixiert waren. Die Anästhesistin saß am Kopfende des Operationstischs und konzentrierte sich auf eine ganze Batterie von Monitoren und mehrere Durchflussmesser. An zwei IV-Ständern hingen Plastikbeutel mit Vollblut und Blutplasma. Eine der Gestalten machte Patrick ein Zeichen, er solle sich auf den freien Schemel neben Wendys Kopf setzen.
»Mr. McLanahan«, begann der Geburtshelfer, ohne von seiner Arbeit aufzusehen, »das hier ist Dr. Jermal, der Chef unserer Chirurgischen Abteilung. Ich habe ihn zu dieser Entbindung hinzugebeten.«
»Chef der Chirurgischen Abteilung?«, fragte Patrick. »Ist mit Wendy alles in Ordnung, Doc?«
»Sie hat im ersten Wehenstadium einen Gebärmuttereinriss mit schweren Blutungen erlitten«, erklärte Jermal ihm. »Ihr ganzer Unterleib ist vernarbt gewesen. Sie muss während der gesamten Schwangerschaft Schmerzen gehabt haben, als diese Narben sich gedehnt haben.«
»Aber sie erholt sich bald wieder?«
»Das fragen Sie Ihre Frau am besten selbst«, schlug die Anästhesistin vor. Patrick drehte den Kopf zur Seite und stellte überrascht fest, dass Wendy zu ihm aufsah. Aus ihrem Blick sprach nichts als Liebe.
»Hallo, Sweetheart«, sagte sie. Ihr Blick war ungetrübt klar, und ihr schwaches Lächeln erhellte den Raum mehr als alle OP-Leuchten zusammen.
»Wendy… o Gott, Wendy, wie geht's dir?«, fragte Patrick, als er sich mit Tränen in den Augen über sie beugte, um sie zu küssen. Dann sah er zu dem Geburtshelfer auf. »Verdammt noch mal, Doc, wollen Sie mir nicht endlich sagen, was hier vorgeht?«
»Kann… gerade… nicht…, Dad«, antwortete der Arzt. Patrick sah ihn verblüfft auf einem niedrigen Hocker stehen und mit aller Kraft auf Wendys Bauch drücken. Im nächsten Augenblick war der dünne erste Schrei eines Neugeborenen zu hören.
»Sie haben einen Sohn, Mr. McLanahan – einen kräftigen, gesunden Jungen.« Der Geburtshelfer übergab das kleine Wesen den Krankenschwestern. »Dem Kleinen geht's bestens. Die schlimme Nachricht ist, dass Ihre Gebärmutter irreparabel geschädigt ist, Wendy. Wir werden sie entfernen müssen, fürchte ich. Aber Sie haben alles gut überstanden. Meinen Glückwunsch!«
Patrick beobachtete fasziniert, wie die Krankenschwestern seinen Sohn abnabelten, ihn rasch abfrottierten, ihm Schleim aus Nase und Mund saugten und ihn in eine Art Brutkasten auf einem Tisch legten. Er wurde gewogen, ihm wurden die Fußabdrücke abgenommen, er bekam Silbernitrat gegen Infektionen in die Augen geträufelt, wurde zuletzt in zwei Decken gewickelt und dann wurde ihm eine blau-weiße Strickmütze aufgesetzt.
Eine der Schwestern nahm das kleine Bündel vom Tisch und legte es Patrick in den Arm.
Patrick Shane McLanahan konnte mit zweihundert Tonnen schweren Militärflugzeugen, Atombomben und Waffensystemen für Hunderte von Millionen Dollar umgehen. Aber als er jetzt dieses sechseinhalb Pfund schwere Bündel, das sein Sohn war, in den Armen hielt, fühlte er sich hilflos, wie erstarrt.
Er hielt das Baby so, dass Wendy es sehen konnte, und sie weinten gemeinsam Freudentränen, als der Kleine seine leuchtend blauen Augen öffnete, erst seine Mutter, dann seinen Vater anzusehen schien und zu weinen begann. Als Patrick ihn in seinen Armen wiegte, hörte das Weinen sofort wieder auf. Patrick beugte sich über seine Frau und küsste sie. »Du hast's geschafft, Sweetheart, du hast's geschafft!«, sagte er stolz. »Gut gemacht!«
»Wir haben's geschafft, Patrick.« Wendy griff nach seiner Hand. »Sobald wir wieder im Zimmer sind, musst du Paul anrufen. Ich kann's kaum erwarten, ihm von seinem Neffen zu er-zählen !«
Von der Seventh Street aus raste der Lastwagen auf der Capitol Avenue nach Süden und dann nach Westen zur Tower Bridge. Er hielt nach dem ersten Drittel der Brücke; zwei Männer stiegen aus, verteilten vier große Rucksäcke auf der Fahrbahn und rannten zu dem Lastwagen zurück. Ihr Fahrzeug hatte die Tower Bridge eben verlassen, als die Sprengladungen hochgingen und ein Drittel der östlichen Brücke in den Sacramento River stürzen ließ. Damit war die wichtigste Straße, die aus Sacramento hinausführte, wirkungsvoll blockiert.
Der Lastwagen fuhr auf der SR-275 weiter, erreichte dann die Interstate 80 und folgte der Autobahn nach Westen. Nach Ansicht der Verfolger – California Highway Patrol und Sacramento Police Department – hatten die Terroristen damit ihren ersten wirklichen Fehler gemacht.
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