Stählerne Jäger.
nahm wieder Platz und legte eine Hand auf seinen verbundenen Arm, als sei sie bereit, ihn festzuhalten, falls der Polizeipräsident versuche, ihn in seinem Rollstuhl wegzuschieben. Barona merkte, dass ihn wieder alle beobachteten, um zu sehen, was er als Nächstes tun würde.
Eine Sache, die zunächst wie ein demonstrativer Auftritt ausgesehen hatte, war zu einer Szene geworden, die alle Trauergäste anrührte. Und Chief Barona versuchte anscheinend, sie zu beenden. Patrick – der «ich von Anfang an gegen den Plan seines verletzten Bruders/das Krankenhaus zu diesem Zweck zu verlassen, ausgesprochen und nach erfolglosen Einwänden darauf bestanden hatte, ihn wenigstens in die Kirche zu begleiten – sah auf dem Gesicht des Polizeipräsidenten nacheinander Zorn, Verwirrung, Verlegenheit und Sorge. Barona kam sich wie auf dem Präsentierteller vor; er musste einen geordneten Rückzug antreten –
und den so schnell wie möglich. Er setzte seinen besten väterlichen Gesichtsausdruck auf, erteilte seine Zustimmung mit einem Nicken und legte Paul nochmals eine Hand auf die rechte Schulter, bevor er an seinen Platz zurückging.
Als Polizeipräsident der kalifornischen Hauptstadt, einer Großstadt mit fast einer halben Million Einwohnern, brauchte Barona nicht so zu tun, als nehme er an einem Beliebtheitswettbewerb teil, darüber war Patrick sich im Klaren, aber hätte der Kerl nicht wenigstens einen seiner eigenen Beamten erkennen müssen – vor allem einen, der im Dienst schwer verletzt worden war-, statt zu versuchen, Pauls Loyalitätsbekundung zu verhindern?
Der Gottesdienst sollte die Trauergäste bewegen, trösten und erbauen. Die elektronisch verstärkte Stimme des Bischofs der Erzdiözese Sacramento sprach die beruhigend vertrauten Gebete. Orgelklänge hallten durch den gewaltigen Innenraum der Kathedrale. Die Trauerredner erinnerten daran, dass LaFortier einen Angreifer erschossen hatte, bevor er selbst ermordet worden war, und sprachen von den heldenhaften, aber vergeblichen Anstrengungen von Polizeibeamten und Sheriff's Deputies, die schwer bewaffneten Räuber aufzuhalten. Einige der Nachrufe waren unve rmeidbar politisch gefärbt. Es gab Aufrufe, im Staat Kalifornien alle Schnellfeuerwaffen zu beschlagnahmen und ihren Besitz zu verbieten, während andere Redner mehr Gefängnisse, mehr Hinrichtungen oder mehr Geld für Polizeiaufgaben, Bildungszwecke und Sozialhilfe forderten. Aus Angst vor weiteren Überfällen dieser Art wurde sogar die Schließung von Sacramento Live! gefordert. Patrick ignorierte das alles. Ihn bewegten weder die Reden noch die Gebete noch die Orgelklänge, sondern allein die Dudelsäcke.
Als die beiden uniformierten Beamten, der eine vom Sacramento Police Department, der andere vom Sacramento County Sheriff's Department, ihre Dudelsäcke spielten, hallte der klagende Ton ihrer Instrumente durch den in tiefem Schweigen liegenden Innenraum der Kathedrale. Dudelsackklänge hatten etwas an sich, fand Patrick, das einen in tiefster Seele ergriff. Ihr klagender Ton war traurig und zugleich aufrüttelnd. Ergreifend.
Das war das richtige Wort. Die Dudelsackmusik hypnotisierte ihn geradezu. Patrick wusste, dass schottische, englische und sogar amerikanische Truppen jahrhundertelang zu Dudelsackklängen, die inspirierend und erschreckend zugleich waren, in die Schlacht marschiert waren.
Während er erst die drei Särge und dann seinen verletzten Bruder im Rollstuhl betrachtete, fühlte er Zorn in sich aufsteigen. Der klagende Ton der Dudelsäcke weckte in ihm eine bisher nie gekannte bösartige Wut. Auch wenn er viele Jahre nicht mehr in Sacramento gewesen war, blieb Sacramento seine Heimatstadt – und seine Heimat wurde angegriffen. Für Brigadegeneral Patrick McLanahan waren die Dudelsackklänge kein Tribut an Pauls Kollegen, die im Dienst den Tod gefunden hatten – sie waren ein Ruf zu den Waffen. Die Heimat wurde belagert. Es war Zeit, die Waffen zu ergreifen und sie zu verteidigen.
Die Wildheit des Angriffs auf die Polizei hatte Patrick erstaunt, denn ihm war aus den Vereinigten Staaten kein vergleichbarer Fall bekannt. Als er bei den Hammerheads der U.S.
Border Security Force geflogen war, hatte er gegen Drogenschmuggler gekämpft, die früher Soldaten gewesen waren, aber Salazar und seine »Cuchillo«-Piloten – ehemalige kubanische Militärflieger – hatten sich nie in amerikanische Großstädte hineingewagt. Eine Ausnahme war nur der Terrorist Henri Cazaux gewesen, der sich
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