Stählerne Schatten
unmöglich!«
»Unsere beiden Staaten sind im Lauf der Jahre eng zusammengewachsen«, sagte der Ayatollah Khamenei. »Beide haben den Wunsch, ihren Einfluß in ihrer jeweiligen Region zu stärken, unsere Handelsbeziehungen auszubauen, etwaige Handelshemmnisse zu beseitigen und den Technologietransfer zu verstärken. Das wollen wir gemeinsam mit Afghanistan und Pakistan erreichen, die ebenfalls Verbündete Chinas sind.« Er hielt inne, fixierte Buschasi durchdringend und fügte hinzu:
»Das müßte ein starker stabilisierender Faktor gegen Einmischungsversuche aus dem In- und Ausland sein, finden Sie nicht auch, General Buschasi?« Buschasi schluckte trocken. Er wußte genau, was Khamenei meinte: Die chinesischen Truppen waren im Lande, um die Regierung von Khameneis Gnaden vor einem militärischen Umsturzversuch zu schützen.
»Wir haben General Hosein Esmail Achundi damit beauftragt, uns bei der Übergabe des Flugzeugträgers und des Zerstörers an die chinesische Kriegsmarine zu unterstützen und die Stationierung von Einheiten der Volksbefreiungsarmee in Teheran vorzubereiten«, fuhr Khamenei fort. Achundi stand also schon als sein Nachfolger fest: Verdammt, dachte Buschasi, ich hätte das Schwein rechtzeitig umlegen sollen! »Ich glaube, Ihre Dienste werden nicht länger benötigt, General.
Draußen stehen Wachen bereit, um Sie in Ihre Unterkunft zu eskortieren. Als Khamenei das Wort eskortieren wie exekutieren aussprach, glaubte Buschasi, das Beil einer Guillotine fallen zu hören. »Danke, Sie können gehen.«
Auf ein Klingelzeichen hin traten mehrere Basij-Milizionäre ein – Buschasi fiel auf, daß die Pasdaran, die hier normalerweise den Wachdienst versahen, schon verschwunden waren – und hielten sich bereit, den General hinauszubegleiten. Zu seiner Erleichterung waren sie nicht mit Gewehren, sondern lediglich mit Pistolen bewaffnet. Das war gut, denn so würde er sich notfalls seinen Fluchtweg freischießen können. »Ich bin auch lieber allein, Euer Eminenz«, sagte der General sarkastisch. Khamenei entließ ihn mit einer Handbewegung, und der General marschierte hinaus.
Der Korridor vor dem Konferenzraum war menschenleer;
wider Erwarten waren die Basij-Milizionäre nicht gleich mitgekommen. Einer von Buschasis Leibwächtern aus den Reihen seiner Pasdaran hielt vor dem Aufzug am Ende des Korridors Wache. Als er den General sah, hob er sofort sein Handfunkgerät an die Lippen, um Buschasis Fahrer und den übrigen Leibwächtern mitzuteilen, der General sei in die Tiefgarage unterwegs. Buschasi ging direkt auf ihn zu, was den Wache haltenden Leibwächter sichtlich beunruhigte. »Wo ist General Sattari?« fragte Buschasi ihn.
»Er wartet in Ihrem Wagen, Exzellenz… «
»Gut«, sagte Buschasi erleichtert. Sein alter Freund Sattari, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, würde eine wichtige Rolle bei seiner Rückeroberung der Macht spielen – er gehörte zu den wenigen Kommandeuren, zu denen Buschasi volles Vertrauen hatte. »Alarmieren Sie meine Piloten«, wies er den Leibwächter an, »damit sie meinen Hubschrauber startklar machen. Sie bleiben hier und verhindern, daß jemand diesen Aufzug benützt, bevor Sie benachrichtigt werden, daß ich in der Luft bin.« Der Leibwächter wiederholte den Befehl und machte sich daran, ihn weiterzugeben.
Dieser Expreßaufzug würde Buschasi direkt ins zweite Kellergeschoß des Gebäudes und zu seiner bereitstehenden gepanzerten Limousine bringen. Als sich die Kabine in Bewegung setzte, fühlte Buschasi sich vorläufig sicher. Der Teufel sollte Khamenei holen! Wo zum Teufel hat er plötzlich soviel Rückgrat her? Vor der Macht und dem Zorn der Pasdaran hatte ihn nur ein kühner, unerwarteter Schritt retten können – und die Aufforderung an die Chinesen, im Iran Stützpunkte einzurichten, war ein solcher Schritt. Was hatte Khamenei Jiang Zemin und seinen mächtigen Generalen noch versprechen müssen? Wenn diese Zusammenarbeit funktionierte, würden der Iran, seine islamischen Verbündeten und China eine starke asiatische Allianz bilden, die es sogar mit dem militärisch weit überlegenen Westen aufnehmen konnte.
Aber dieser Machtkampf ist noch nicht zu Ende, dachte Buschasi sich. Khamenei war nicht kugelfest, und seine im Augenblick guten Beziehungen zu den Chinesen konnten sich sehr schnell wieder verschlechtern. Jiang und Khamenei waren beide Ideologen, die von der Weltherrschaft träumten – der eine als Kommunist, der andere als islamischer
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