Stählerne Schatten
immer zusammengehören. Weshalb sollte ich dagegen ankämpfen?« Nach kurzer Pause fragte er: »Wo steckt Jon überhaupt?«
»Im Augenblick ist er auf der Lincoln, um den Abzug der Khomeini und der Shanjiang aus der Golfregion zu überwachen«, berichtete Wendy. »Die Marine scheint sich sehr für seine Stealthdrohne zu interessieren. Gott, ich bin froh, daß diese Sache endlich vorbei ist. Ich wollte, der Iran hätte diesen Flugzeugträger nie bekommen.«
»Leider müssen wir jetzt im Ostchinesischen Meer mit ihm rechnen«, stellte Patrick fest. »Die Chinesen sind offenbar entschlossen, ihn wieder instand zu setzen. Sie sind verdammt wütend, weil wir ihn beinahe versenkt haben… wir streiten natürlich alles ab, und tatsächlich sieht das Ganze nach einem Flugunfall aus…«
»Ein chinesischer Flugzeugträger«, meinte Wendy nachdenklich. »Das klingt fast so bedrohlich wie ein iranischer Träger. Glaubst du, daß ihr vielleicht schon in wenigen Monaten ein paar JSOW auf dasselbe Schiff abschießen werdet?«
»Gott, hoffentlich nicht«, antwortete Patrick. »Hoffentlich nicht!«
IM GOLF VON OMAN,
SECHZIG MEILEN NÖRDLICH VON MUSKAT
2. MAI 1997, 20.17 UHR ORTSZEIT
»Da fährt er hin«, stellte Jon Masters zufrieden fest. Er beobachtete, wie der beschädigte Flugzeugträger Mao Zedong, die ehemalige Khomeini, durch den Golf von Oman nach Osten lief. Geschleppt wurde er von dem chinesischen Zerstörer Shanjiang, als stütze eine Tochter ihre behinderte, hochbetagte Mutter auf dem Heimweg. »Den Schrott wären wir los!«
Masters beobachtete die Fahrt der beiden Kriegsschiffe in aller Bequemlichkeit im Combat Information Center der Abraham Lincoln, die zweihundert Meilen östlicher im Arabischen Meer stand. Die Firma Sky Masters hatte die Erlaubnis erhalten, eine ihrer neuen Stealthdrohnen zu Testzwecken auf dem Flugzeugträger zu stationieren. Die Marineführung überlegte bereits, alle amerikanischen Flugzeugträger und sogar kleinere Kriegsschiffe wie Kreuzer und Zerstörer mit jeweils mehreren dieser Drohnen auszurüsten.
»Masters’ unbemanntes Spionageflugzeug funktionierte auch nach achtstündigem Einsatz tadellos – es war dafür programmiert, erst nach weiteren acht Stunden zurückzukehren –, und im CIC der Lincoln drängten sich Besatzungsmitglieder, um einen Blick auf das gestochen scharfe Radarbild zu werfen, das die Drohne in Echtzeit sendete. Masters begegnete dem Blick einer sehr hübschen Jägerpilotin, zeigte auf den Bildschirm und erklärte ihr: »Sehen Sie, Leutnant, das sind die Stahlbarrieren, die unsere chinesischen Freunde an Deck errichtet haben, um zu demonstrieren, daß sie von dort keine Flugzeuge oder Marschflugkörper mehr starten lassen wollen.«
Das beschädigte Vordeck war mit Stahlträgern übersät, die jedem Beobachter zeigten, daß die Mao Zedong außer Gefecht war.
»Sehen Sie? Hier ist die P-700 Granit hochgegangen – sie hat ein Loch ins Schiff gerissen, in dem vier Greyhound-Busse Platz hätten«, fuhr Masters fort. »Die Chinesen haben alle Iraner von Bord gejagt; jetzt sind etwa dreihundert Mann einer chinesischen Besatzung auf dem Flugzeugträger, um ihn nach China zu überführen. Ziemlich gutes Bild, was? Als ich die dafür nötige Technologie entwickelt habe, war ich noch nicht mal dreißig.«
Die Pilotin war entsprechend beeindruckt und stützte ihren rechten Ellenbogen auf Masters’ Schulter, während sie sich nach vorn beugte, um das Radarbild in Photoqualität noch besser bewundern zu können. Besatzungsmitglieder kamen hereingeschlendert, begutachteten die Bilder und gingen wieder; Masters und die Pilotin blieben.
»Bei welcher Staffel sind Sie, Leutnant?« erkundigte Masters sich.
»VF-103 Sluggers«, antwortete die junge Frau. »F-14A-Plus Tomcat. In unserer Staffel habe ich die zweitwenigsten Landeversuche mit Durchstarten und will versuchen, auf Platz eins zu kommen. Das hatte ich mir schon für diese Woche vorgenommen, aber…« Sie lächelte schalkhaft, »… vorher muß ein gewisser Jemand sein großes Spielzeug von unserem Deck räumen, damit wir wieder richtig fliegen können.«
»Aber, aber, seien Sie doch ein bißchen nett, Leutnant«, sagte Masters. »Das hier ist Fortschritt! Das ist die Zukunft der Aufklärung, vielleicht sogar des Luftkampfs! Ich möchte wetten, daß Sie mit Ihrer Tomcat noch TARPS-Aufklärungseinsätze fliegen.«
»Ich bin noch nicht dafür qualifiziert, aber meine TARPS-Ausbildung läuft bereits.«
»Gott, welche
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