Staffel I Episode 02. Chinks! - Survivor: Staffel I - Episode 02
Boden so laut zu dröhnen, dass er ihr in den Ohren hallte. Doch Ai wusste, dass es nur eine Täuschung war, die von der Anstrengung herrührte, den geistigen Schirm aufrechtzuerhalten, der sie vor den Blicken anderer verbarg.
Keiner kann mich sehen, aber ich sehe alle.
Vor ihr öffnete sich ein weiterer Saal. Die Rohre und Kabelstränge, die aus dem Röhrengang hineinführten, verästelten sich an den Wänden, verliefen die gewölbte Decke entlang und führten gebündelt wieder hinunter zu einem schwarzen Podest, das sich in der Mitte der Halle erhob. Davor standen Nash, Maria, Jabo und Proctor. Mehrere Chinks hielten sie mit gezückten Waffen in Schach.
Auf dem Podest standen eine Frau und vier massige Gestalten, die eher Maschinen als Menschen glichen. Um sie herum flimmerte die Luft.
Die Frau war Asiatin, eine hochgewachsene Chinesin, die Ai auf Mitte zwanzig schätzte. Sie trug eine hautenge schwarze Kluft, die aus Leder oder einem lederähnlichen Material geschnitten zu sein schien. Das rabenschwarze Haar trug sie lang und zu einem Pferdeschwanz gebunden. In den Händen hielt sie eine mächtige Waffe, eine Art Gewehr, das ganz aus Fiberglas und Chrom zu bestehen schien.
Aber diese seltsame Waffe war es nicht, was Ai am meisten verblüffte. Es waren die vier Gestalten, die neben der Frau auf dem Podest standen. Zwei von ihnen wirkten wie Europäer oder Amerikaner; der Dritte sah wie ein Mongole aus, und Nummer vier war ein Afro.
Sie waren ebenfalls schwarz gekleidet. Offenbar war diese Kleidung eine Uniform – oder eher noch ein Kampfanzug, denn an Schultern und Brust befanden sich Panzerungen aus schwarzem Metall.
Auch die vier Kreaturen waren mit den seltsamen Gewehren bewaffnet.
Doch das Schrecklichste an ihnen waren ihre nur teilweise menschlichen Gesichter und der Blick ihrer kalten, mechanischen Augen.
Die Frau in der Mitte sprach mit einem der Headset-Chinesen – auf Kantonesisch, damit Proctor und die anderen sie nicht verstanden. Doch Ai bekam jedes Wort mit.
»Du hast eine der Infizierten entkommen lassen!«, fuhr die schwarz gekleidete Frau den Mann an. »Warum haben deine Leute sie nicht längst wieder eingefangen?«
»Verzeiht, verehrungswürdige Dai Feng«, antwortete der Gescholtene und verbeugte sich tief. »Sie kann nicht weit sein. Wir suchen alles ab.«
»Sieh zu, dass ihr sie findet, oder ich werde dich zur Verantwortung ziehen.«
Dai Feng hieß die Chinesin also. Schwarzer Phönix. Welch ein Name für eine Frau!
Ai kniete sich hin, gut zwanzig Schritt von der Plattform entfernt, und nahm den Rucksack ab, den sie aus dem Schiff mitgenommen hatte. Darin befanden sich die leere Neutronenenergiezelle und zwei Pistolen aus dem Waffenschrank des Schiffes. Ai nahm die Waffen heraus, entsicherte sie und machte sich auf das Schlimmste gefasst.
Sie brauchte Proctor. Zumindest ihn. Auch die anderen hätte sie gern gerettet, wenn es möglich war, aber Proctor ging vor. Ohne ihn kam sie nie mehr zur Erde zurück.
Durchatmen. Ruhe bewahren.
Die Chinesin sprach nun Proctor und die anderen an.
»Wo ist eure Begleiterin?«, wollte sie wissen. »Warum ist sie nicht mit euch gekommen?«
Erst als der letzte Satz verklungen war, wurde Ai bewusst, dass die Frau Englisch gesprochen hatte. Amerikanisches Englisch, fast ohne Akzent.
Proctor fasste sich nach einer Sekunde blitzschnellen Nachdenkens als Erster. »Wo sind wir hier?«, fragte er. »Wie sind wir hierhergekommen? Was ist mit uns geschehen?«
Die schöne Chinesin sah die Gefangenen der Reihe nach an. Ihr Blick war eiskalt. »Wisst ihr es wirklich nicht? Ihr solltet kein falsches Spiel mit uns treiben. Das könnte euch teuer zu stehen kommen.«
Proctor und Ryan sahen sich an. Wollte man ihnen drohen?
»Hören Sie«, sagte Ryan, »wir haben nur den Wunsch, nach Hause zurückzukehren. Sobald wir Energie für die Neutronenenergiezelle unseres Schiffes haben, machen wir uns auf den Weg. Unsere Begleiterin, wie Sie sie nennen …«
Die Chinesin unterbrach ihn mit einer abrupten Handbewegung.
»Ihr werdet mit uns kommen!«, entschied sie und winkte ihren Leuten. Sie alle hatten ein natürliches und ein künstliches Auge, eine rot glühende Linse, die dort eingepflanzt war, wo einst das rechte Auge gewesen war. Auch die Arme schienen künstlich zu sein; jedenfalls umklammerten Stahlklauen die futuristischen Gewehre, die sie hielten.
»Auf die Plattform mit euch!«, rief die Chinesin. »Na los!«
Gleichzeitig verstärkte sich das
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