Stahlfront 1: Die Macht aus dem Eis
davor gewarnt, daß die Anlage nicht auf verbotene Manöver programmiert war und die Reaktionen daher nicht auf die Realität übertragbar waren. Aber er war der geborene Flieger, das Gefühl für seine Maschine steckte ihm in den Genen.
Ein verzerrtes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit, als er den wild schiebenden Bomber wieder unter Kontrolle brachte. Die Kiste war genau wie er: In beiden steckte mehr, als seine Ausbilder es ihnen zugetraut hatten.
»Zielpunkt?« Er mußte brüllen, um Fisher aus seiner Panik zu holen. »Wir laden alles über dem Stadtzentrum ab und verschwinden mit Vollgas !«
Der Copilot tippte einige Daten in seine Konsole, und auf McBains Monitor erschien eine Markierung unmittelbar in Flugrichtung: das Stadtzentrum von Shanghai. Weniger als eine Flugminute war es entfernt. Die Bomben waren scharf, die Klappen der Schächte geöffnet. Der Daumen des Piloten schwebte über dem Knopf am Joystick, mit dem er seine todbringende Fracht absetzen würde.
Den Zielanflug erledigte die Maschine automatisch, solange McBain nicht in die Steuerung eingriff. Deswegen behielt er vor allem den Heckbildschirm im Auge. Das Bordradar zeigte acht Punkte hinter ihm, der Bildschirm nur drei Su-47. Die anderen fünf Maschinen waren zu weit weg, um vom Nachtsichtgerät erfaßt zu werden. Sie kamen zwar rasch näher, aber sie stellten keine echte Gefahr dar, denn sie hatten keine Raketen mehr (die sie sonst längst gestartet hätten), waren aber noch außer Reichweite ihrer Bordkanonen.
Auch die drei Jäger unmittelbar hinter der B-2 versuchten, sich in optimale Schußposition zu bringen, was McBain immer wieder mit einem kleinen Ruck am Joystick erschwerte. Er wußte, warum die Chinesen noch zögerten, ihm den Fangschuß zu geben: Ihre Bordkanonen hatten zwar eine Kadenz von 1800, aber nur 150 Schuß Munition an Bord. Vermutlich hatten die Schlitzaugen kaum noch Granaten. Sie konnten sich keinen Fehlschuß mehr leisten.
Noch fünfzehn Sekunden bis zum Ziel. McBain flog in ziemlich genau dreißigtausend Fuß ** Höhe - das war die absolute Untergrenze für den Abwurf von Kernsprengsätzen. Auf dem Heckbildschirm sah er die Bordkanonen der Jäger hinter sich erneut aufblitzen. Augenblicklich löste er sämtliche Bomben aus und zog die Maschine hoch. Befreit von der tonnenschweren Last seiner tödlichen Fracht, machte der Bomber einen regelrechten Satz nach oben. Die Geschoßgarben jagten dicht unter der Maschine durch.
McBain aktivierte die Polarisierung der Cockpitfenster, die den zu erwartenden Explosionsblitz der Kernsprengsätze ausreichend dämpfen würde, und leitete eine scharfe Kurve ein. »Meldung an die Leitstelle: Wir haben den Roten unsere Eier ins Nest gelegt !«
Der Copilot gab seine Meldung durch, um gleich danach zu verkünden: »Die andere Gruppe war ebenfalls erfolgreich. Peking wurde planmäßig getroffen !«
Ein lautloser Blitz zerriß die Nacht. Die Neutronenbomben hatten zwar jede »nur« etwa eine Kilotonne Sprengkraft, aber die sechs zusammen brachten auch fast die Hälfte der Sprengkraft der Hiroshima-Bombe.
Doch ihre Strahlenwirkung war ungleich verheerender.
Als die Druckwelle der Explosion, die in dieser Höhe nicht mehr besonders stark, aber immer noch spürbar war, den Bomber traf, war Mike McBain darauf vorbereitet. Er ritt sie ab und nutzte sie, um die Maschine weiter zu beschleunigen. Auch wenn die chinesischen Jäger fast keine Munition mehr hatten, wollte er so schnell wie möglich weg von hier.
Der Explosionsblitz hatte die Nachtsichtkameras durchbrennen lassen. Fisher, dessen Aufgabe das gewesen wäre, hatte es versäumt, sie unmittelbar vor der Zündung der Bomben abzuschalten und zu verschließen. Aber der Feuerschein von dort, wo gerade noch Shanghai gewesen war, hatte die Wolkendecke zerrissen und lieferte genug Licht, um auch ohne technische Hilfsmittel zu sehen. Leider hatte man aus dem Cockpit einer B-2 keine Sicht nach hinten, so daß das Licht vom Boden nur den chinesischen Jägern half.
Die Maschine, deren Garbe durch die rechte Seite des Cockpits sägte und Fishers Beine in einer Wolke aus Knochensplittern, Fleischstückchen und Blut verschwinden ließ, hatte McBain einfach nicht gesehen.
Er riß den Bomber nach links aus der Feuerlinie, aber es war zu spät. Zahlreiche Warnlampen blinkten auf. Die automatische Stabilisierung der Maschine versagte.
Auf dem Copilotensitz schrie Fisher so laut, daß er selbst das Heulen des durch das zerstörte
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