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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Wal. Das klang ganz ähnlich. So ging es, glaube ich, ein paar Minuten lang, während die Sonne unterging.
    Als ich fertig war, keuchte ich laut. Der Wind blies mir den Schweiß von der Haut und ließ mein Haar wehen. Es wurde allmählich dunkel, aber ich konnte sehen, dass er übel zugerichtet war. Das Zeug in seinem Kopf war herausgesickert, und Walfetzen waren auch überall hingespritzt, auf den Sand, auf meinen Mantel und auf mich selbst. So-gar aus meinem Haar tropfte was - das war auch von ihm, das war sein Hexenjäger-Gehirn, das der Wind wegblies.
    Was ich dann tat, hatte ich so nie geplant, aber plötzlich überkam mich die Lust dazu. Ich ließ das Gewehr fallen und legte mich neben ihm in den Sand. Ich schloss eine Weile die Augen, kam allmählich wieder zu Atem und lauschte den Wellen. Vielleicht macht Sally das so, dachte ich - hinterher liegt sie neben ihm. Ich drehte mich zur Seite und küsste ihn, das heißt, das, was von ihm übrig war.
    Dann sprang ich auf.
    Als Erstes zog ich meinen Mantel aus, beschwerte ihn mit Steinen und ging zum Wasser hinunter. Noch war Ebbe, aber ich wusste, dass am nächsten Morgen die Flut über den Strand waschen würde, und dann wären auch die Möwen wieder beim Wal. Ich watete ins Wasser, nur bis zu den Knien wegen der Strömumg. Meinen Mantel warf ich so weit hinaus, wie ich konnte. Ich hörte, wie er unterging. Dann hockte ich mich ins Wasser und wusch mich überall. Ich wusste gar nicht, dass Wasser so entsetzlich kalt sein konnte. Die Nordsee im August, ich wusch mich ganz mit Wasser ab und auch mein Haar. Dann rannte ich zum Strand zurück, trocknete mich mit meiner Bluse ab und zog meinen Pullover und meine anderen Kleider an. Inzwischen zitterte ich vor Kälte und klapperte mit den Zähnen. Ich musste mich beeilen, weil die Armee die Landspitze patrouillierte. Ich tastete den Boden ab und sammelte die zerbrochene Flinte und die Patronen ein. Seine Zigarre und seine Zähne fand ich nicht, aber die würde ohnehin die Flut mitnehmen. Ich ging zum Jeep und fand dort eine Plane und einen Regenmantel. Darin rollte ich ihn ein wie in eine Teppichrolle, zerfleischt wie er war. Ich schleppte ihn zum Jeep zurück, was einige Zeit in Anspruch nahm. Aber die jahrelange
    Arbeit auf der Farm hatte mich stark gemacht. Ich legte ihn hinten in den Jeep - da hinein hatte er ja mit Sally gewollt. Darüber musste ich lachen. Dann klappte ich das Segeltuchverdeck hoch. Scheinwerfer hatte der Jeep nicht, nur der aufgehende Mond schien.
    Es gefiel mir wirklich, wie der Jeep fuhr, obwohl das Lenkrad auf der falschen Seite war. Die Straßen waren leer, aber hier und dort begegneten mir ein paar Armee- Trucks. Ich fuhr ihn zur Farm zurück; da gab es keine Trucks. Im Haus waren immer noch alle Fenster dunkel. Ich fuhr daran vorbei und zum Deeping hinunter, wendete den Jeep und setzte ihn rückwärts ganz dicht ans Wasser heran. Ich hörte, wie die Hinterreifen das Schilf niederwalzten. Die Motten kamen und umschwirrten mich. Ich hielt an, klappte das Verdeck herunter und stellte mich im Jeep aufrecht hin. Dann kletterte ich nach hinten und wälzte ihn von der Ladefläche. Es platschte, als er ins Wasser fiel, ziemlich leise. Ich sagte ein paar Worte, so was wie: »Hier also endest du, Hexenjäger. Hopkins, Harpkin oder wie auch immer du dich nennst.«
    Ich wartete ab, bis ich im Mondlicht sah, dass sich nichts mehr kräuselte. Dann spuckte ich aus, ein letztes Kräuseln im Wasser. Nachdem ich das Verdeck wieder hochgeklappt hatte, fuhr ich den Jeep zu einem Stück Steilküste. Einmal kam ich an einer Patrouille vorbei und wollte den Motor schon ausstellen und den Wagen im Leerlauf rollen lassen, doch dann überlegte ich es mir anders, jagte den Motor hoch und fuhr quietschend um die Kurve, damit die sahen, dass ich ein echter Ami war. Sie folgten mir nicht. Ich stellte den Jeep auf einer Landzunge ab und ging zu Fuß durch die Felder zurück, immer im Schutz der Hecken. Das dauerte zwei Stunden. Ich kam erst nach Mitternacht nach Hause.
    Das habe ich getan. Ich, Evie Dunton, am 3. August 1943. Sonst war keiner an der Sache beteiligt und nie-mand hat mich dazu angestiftet. Und deswegen mussten Sie, Mr Tilney, mir zuhören und alles niederschreiben. Sie kennen jetzt also die Gründe, Sie wissen, dass er es verdient hat. Sie haben uns geholfen und sich -um uns gekümmert. Den Rest wissen Sie schon, das große Geheimnis.
    Und dann, zu Hause angekommen? Nun, ich schloss die Tür hinter mir

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