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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gesicht, und noch einmal mit dem Handrücken. Ich weinte und sagte: »Sally, schlag mich nicht noch einmal.«
    Sie stieß mich mit dem Gesicht aufs Bett. Aus meiner Nase lief Blut und tropfte auf ihr Bettlaken. Sie drückte mir immer noch den Kopf nach unten und kam mit dem Mund ganz dicht an mein Ohr. »Wann wirst du das endlich kapieren?«, fragte sie. »Granny hat uns einfach nur Geschichten erzählt. Sie hat Geschichten erfunden, damit wir uns besser fühlen. Damit es uns nicht mehr so viel ausmacht, wie wir aussehen und wie wir sind.« Ich befreite meinen Kopf, aber Sally packte mich wieder am Haar. »Warum begreifst du das nicht, Evie?«, fragte sie. »Es gibt keinen Hexenjäger, und es hat auch nie einen gegeben. Nur wir haben ein Problem. Ein Hautproblem. Und das lässt sich medizinisch behandeln.«
    Sie ließ mich los.
    Ich wischte mir das Gesicht mit dem Ärmel ab. Es war nass.
    »Sally, das darfst du nicht sagen«, widersprach ich. »So wie wir sind, sind wir wegen unserer Geschichte.«
    Sie zerrte mich am Nachthemd hoch und schleuderte mich an die Wand. Dann schleifte sie mich über den Boden zur Tür hinaus, und Splitter vom Holz bohrten sich in meine Haut. In der Küche legte sie mich ins Licht des Ofens. Dann stand sie da und sah auf mich herab. In ihren Mundwinkeln stand Speichel. Sie keuchte heftig und ich legte schützend die Hände über den Kopf. »Was ist das hier für ein Ort?«, fragte sie.
    »Das ist unser Haus, Sally.«
    Sie kam mit dem Gesicht nah an meines und hob mein Kinn. Ganz sanft machte sie das. Ich konnte ihren Atem riechen, der war ganz natürlich. Sie legte den Mund an mein Ohr. »Das hier ist ein Gefängnis«, sagte sie. »Und bald geh ich weg.«
    »Nein, Sally«, sagte ich. »Keine von uns beiden kann hier weg.«
    Sie strich mir übers Haar. Ich sah ihre Hände im Licht-schein des Ofenfeuers. »Du kannst hier alt werden, Evie«, sagte sie. »Du kannst hier sterben, wenn du willst.«
    Sie stieß mich weg, auf den Küchenboden.
    Ich lag eine Weile da und betrachtete das Feuer im Ofen. Blaue Asche, so wie sie ist, wenn man Baumwurzeln und Torf verbrennt. Ich wusste, dass der Hexenjäger versuchte, Zwietracht unter uns zu säen, so wie er damals Zwietracht im Dorf gesät hatte. Und in dem Moment wurde mir klar, dass ich es tun musste. Und zwar ebenso sehr um Sallys wie um meinetwillen. Ich musste es tun.
    Die Fernsehscheinwerfer im Innenhof warfen auch Licht nach oben in den strömenden Regen und hinaus auf den Uferweg vor dem College, wo die Leuchtstofflampen der Arbeiter ebenfalls leuchteten. In ihrem Licht sah man, dass der Fluss das Ufer auf einer Länge von fünfzig Metern durchbrochen hatte und nun mit einem Rauschen, das den Regen übertönte, an den Sandsäcken vorbeiströmte. Neugierige Anwohner spähten über die Mauer, vielleicht von der Frage umgetrieben, wann ihre eigenen Häuser voll laufen würden.
    Fletcher und Mia gingen nach Cambridge hinein. Mia sagte: »Die wusste irgendwas.«
    »Ich glaube, wir müssen einfach los und hier raus, Mia.«
    Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Fletcher dachte an die bevorstehende Reise - die Fahrt durch das Überschwemmungsgebiet bis nach Norfolk. Werde ich sie morgen um diese Zeit gefunden haben?, dachte er. Werde ich sie nach achtzehn Jahren zum ersten Mal wiedersehen? Werde ich ihr das Leben retten?
    Fletcher blickte sich einmal um und dann gleich noch einmal. Am Rande der Stadt ergoss sich eine weitere Flut auf die alten Wiesen bei Coe Fen, und die schwarze Oberfläche des Wassers war aufgewühlt von der Strömung. Sie umgin-gen die Überschwemmung und fanden eine schmale Brücke, die über einen überfluteten Kanal führte.
    Mia blieb stehen, drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken ans Geländer. Sie schob sich die Kapuze vom Kopf, Wasser floss ihr übers Gesicht. Sie sah Fletcher in die Augen und schwieg eine Weile, während der Regen herunterprasselte. »Hast du ihn auch bemerkt?«, fragte sie.
    Fletcher wusste, was sie meinte. Jemand folgte ihnen. Ein Mann hatte sich aus dem Menschengewimmel bei den Sandsäcken am Felwell-Ufer gelöst und lief ihnen mit etwa dreißig Meter Abstand auf dem halb überschwemmten Weg hinterher.
    »Ist er immer noch da?«, fragte Fletcher.
    Sie schaute an ihm vorbei. »Im Moment sehe ich ihn nicht mehr.«
    Er blickte sich um. Es gab in der Umgebung nur eine einzige Lampe, deren Licht sich im Wasser spiegelte, ohne das Dunkel zwischen den Uferbäumen zu erhellen. Irgendwo

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