S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
deshalb konnte ich meine Gruppe sicher hierher führen.
Das Depot befand sich in der Wand eines Transformatorenhäuschens, das in einem zerstörten Dorf stand. Die Felder ringsum, auf denen einmal Weizen und Mais wuchsen, waren von giftigem Nebel und ätzender Sülze verbrannt. Aktuell wuchs nichts mehr auf ihnen, außer widerlichem, grauem Schimmel und ganzen Kolonien von halb durchsichtigen, lilafarbenen Pilzen, die einen bitteren Geruch verströmten. Vorne, hinter dem dunstüberzogenen Waldrand, sah man bereits die Umrisse der Mülldeponie. Und noch weiter voraus ragte der Turm des Kernkraftwerks aus dem Nebel hervor.
Das Dach des Transformatorenhäuschens war längst eingestürzt —entweder als Folge der Explosion oder aus Altersgründen. Es deutete alles darauf hin, dass dieses Dorf irgendwann vor zwanzig Jahren heftig aus der Luft beschossen worden war. Irgendetwas Bösartiges,das sich dann in Richtung Tschernobyl-4 bewegt hatte, war hier entstanden.
Da jetzt alles wieder in Ordnung war und das Geschehene nicht einmal mehr in den Stalkerlegenden Erwähnung fand, wurde die Ursache womöglich schnell ausfindig gemacht und beseitigt. Da das Dach ein Loch hatte, brauchte man sich keine Sorgen zu machen,dass irgendwelche fremden Stalker ins Gebäude kletterten, um einen Blowout abzuwarten und dabei zufällig unsere Reserven entdecken könnten. Für den Fall, dass sich jemand aber doch für die Ruine interessierte, versteckten wir unser Hab und Gut äußerst gewissenhaft und tarnten sie nach allen Regeln der Kunst.
Wenig später war jeder von uns glücklicher Besitzer einer neuen Kalaschnikow, eines neuen Messers und einiger Munitionsmagazine. Camacho und ich bekamen sogar eine Pistole. Als ich die Granaten in meiner Jacke verstaute, wurde ich an Camachos Laptop erinnert, den ich die ganze Zeit in der Seitentasche mit mir trug. Ich hatte ihn in der Stalker-Bar da hineingesteckt, bevor ich zu Zecke ging.
Jetzt gab ich den Laptop an seinen Besitzer zurück und legte das lädierte Trophäengewehr in die Vorratskammer. Vielleicht wäre es besser gewesen, es zu entsorgen. Aber solange wir die Vorräte nicht wieder aufgefüllt hatten, konnte jederzeit einer von uns hierherkommen, weil seine Waffe total hinüber war. Hätte er in der Vorratskammer gähnende Leere vorgefunden, wäre das total beschissen gewesen. Für einige Schusswechsel würde das Gewehr noch taugen.
Wir gingen in die Hocke, lehnten uns an die Wand des Transformatorenhäuschens und erlaubten uns ein wenig Entspannung und eine zu rauchen.
„Und, Herrschaften?", sagte ich und drückte die Kippe an der Wand des Hauses aus. „Genug Adrenalin genossen? Wir laufen jetzt über das Dunkle Tal an der Baugrube vorbei, überqueren die Grenze, und nach drei, vier Kilometern lassen wir ein Auto kommen."
Die Jäger warfen sich schnelle Blicke zu. Sie waren vollkommen erledigt, hungrig und von oben bis unten mit Schlamm bedeckt. Dennoch missfiel ihnen mein Vorschlag offenbar. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie Stezenko Donahugh kaum merklich zunickte und mit den Augen auf mich zeigte:Klär das, Kollege!
„Warte mal, Hemul", sagte Martin. „Heißt das, die Safari ist zu Ende? Aber so war das nicht verabredet. Wir haben noch nicht alle Tiere, oder? Blinde und Tschernobylhunde, Pseudowesen zwar ... okay, von mir aus sogar Blutsauger. Aber wir wollten doch Bürer jagen. Die Safari war doch für zwei Tage geplant, oder?"
Ich sah ihn ehrlich interessiert an. War er verrückt, oder machte er sich einfach nur lustig?
Ich wartete ab, bis Donahugh seine Vorbehalte und Wünsche geäußert hatte und endlich die Klappe hielt. Er war durch mein Schweigen irritiert.
Schließlich sagte ich ruhig und gefasst: „Hör zu, Mister. Ich habe heute meinen Helfer verloren, und es gibt niemanden, der uns für den Fall der Fälle absichern könnte. Irgendwelche Idioten haben die Jagd auf uns eröffnet. In der Zone passiert sowieso etwas Sonderbares. Wir alle mussten heute kräftig einstecken und das nicht nur einmal, und deswegen ist es das Beste, wenn wie die Safari beenden und nach Tschernobyl-4 zurückkehren. Wenn ihr wollt, kommen wir in ein paar Wochen wieder, sobald sich alles beruhigt hat."
Donahugh schwieg und starrte ins Leere. An seiner Stelle erwiderte Stezenko: „Wenn das so ist, bekommst du die zweite Hälfte der vereinbarten Summe nicht."
„Was?"
„Wir hatten eine klare Abmachung, welche Tiere wir jagen. Du hast deinen Teil der Abmachung nicht
Weitere Kostenlose Bücher