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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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ich mir sicher, dass dieser Anfänger sein Messer irgendwo mit Rosthaar in Berührung gebracht haben musste. Nicht nur die Klinge und die Halterung würden unweigerlich zerfressen werden, sondern auch die Haut im Hüftbereich. Ganz sicher aber würde das Messer es nicht überstehen, und Sauerkopp würde es nicht mehr mit in die Zone nehmen können. In ein paar Tagen würde es aussehen wie ein abgenagtes Fischskelett, löchrig durch und durch.
    Aber solange die Anomalie die Klinge noch nicht vollständig zersetzt hatte, blieb sie ein gefährliches Werkzeug. Es reichte aus, dem Gegner einen einzigen Kratzer damit zu verpassen, und die Rosthaare gelangten ins Blut. Und das war's dann, an dieser Stelle konnte man das Duell beenden.
    Meine Situation hatte sich ganz plötzlich enorm verschlechtert.
    Mist! Also darf ich mich dem Gegner nicht nähern. Ich könnte ihn mit meinem bloßen Gewicht umhauen, aber im Messerkampf sind auch Geduld, kühler Kopf und genaue Berechnungen wichtig. Trotzdem würde es dem Bastard gelingen, mich bei einer solchen Aktion anzuritzen, das ist Fakt.Ich wog meine Chancen ab.Nein, so funktioniert das nicht.
    In den dichten Wolken über unseren Köpfen entstand plötzlich eine Lücke, durch die die morgendliche Sonne zum Vorschein kam. Der ganze Raum war sofort mit warmem gleißendem Licht erfüllt wie an einem heißen Julitag. Im Sonnenlicht glitzerte das Wasser, das sich auf den durchgerosteten Autodächern sammelte. Die Dächer waren mit einem roten Teppich aus Rosthaar überzogen. An der Baugrube stehende Bäume raschelten unter dem unerwarteten Windstoß und beregneten uns mit ihrer zuvor aufgefangenen Nässe.
    Ganz in meiner Nähe entdeckte ich einen hoch interessanten Gegenstand.
    Offensichtlich sah Sauerkopp, der seine Augen nicht von meinem Messer ließ, ihn nicht. Obwohl er wahrscheinlich auch nicht verstanden hätte, was es war, selbst wenn er seine Aufmerksamkeit auf die Schatten links von uns gelenkt hätte.
    Sauerkopp war offensichtlich voller Angst, wollte aber nicht aufgeben. Manchmal half es einem in schwierige Situationen, den Ruf eines Wahnsinnigen zu haben — zuerst musste man ihn sich natürlich erst einmal erarbeiten.
    Der Sauerkopp bewegte sich langsam nach links und versuchte, eine Position einzunehmen, bei dem ihm die Sonne in den Rücken schien. Ich bewegte mich in die entgegengesetzte Richtung und nahm somit bereitwillig seine Spielregeln an. Er machte wieder einen Schritt nach links und ein wenig nach hinten — ich folgte ihm und brachte mich wissentlich in eine scheinbar ungünstige Position.
    Sauerkopp spürte, dass etwas faul war. Er war bereit, jeden Trick anzuwenden, um mich so zu dirigieren, dass mir die Sonne ins Gesicht schien. Allerdings fiel ich wohl einfach zu leicht auf seine Provokationen rein. Das konnte eigentlich nicht sein, und darum blieb er verunsichert stehen. Mein Verhalten war für ihn unerklärlich, und wenn in der Zone etwas Unerklärliches geschah, war Ärger vorprogrammiert.
    „Peng!", schrie ich, während ich unvermittelt nach vorne preschte und meinen Zeigefinger in seine Richtung stieß.
    Instinktiv machte er einen Schritt nach hinten, und ich senkte langsam mein Messer. Sauerkopp sah mich verdutzt an, aber nur wenige Augenblicke später wurde ihm der Grund meines seltsamen Verhaltens klar. Nur konnte er da bereits nichts mehr dagegen unternehmen,denn nur eine Sekunde später riss es ihm die Eingeweide heraus.
    Dort, wohin er getreten war, versteckte sich eine Kehrseite — eine der seltensten und blutrünstigsten Anomalien, die ich persönlich bisher nur ein-, zweimal angetroffen hatte. Sie war absolut unsichtbar, machte keine charakteristischen Geräusche und verströmte keine Gerüche. Man konnte sie nicht anhand des veränderten Magnetfelds, einer erhöhten Luftionisierung oder irgendwelchen Auswirkungen auf das Umfeld ausmachen. Wahrscheinlich zählte sie schon allein deswegen zu den seltenen Arten, denn es war unwahrscheinlich schwierig, sie überhaupt zu entdecken — es sei denn, man lief gerade in sie hinein.
    Nur anhand von Schatten konnte man sie identifizieren. Schatten, die in Richtung der Lichtquelle fielen, markierten die Kehrseite. Wenn es keine Lichtquelle gab und die Schatten somit ausblieben, war auch die Kehrseite absolut unsichtbar.
    Bevor die Sonne wieder hinter den Wolken verschwand, zeichneten ihre Strahlen scharf die Grenzen der Anomalie nach, sodass ich Sauerkopps entstellte Leiche ohne Probleme passieren konnte.

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