Star Trek TNG - Doppelhelix 06 - Die Oberste Tugend
starben. Dann würde sich Cordra III aus dem Griff von Melacron V befreien und einmal mehr als stolzes, gesundes und unabhängiges Volk bestehen.
Während sich das dickflüssige schwarze Gift in der Wasserversorgung der Stadt auflöste, sprach sie ein Gebet – für sich selbst, für ihren Vater, für alle, deren Tod ihrer Welt die Freiheit bringen würde. Sie betete, dass sie schnell und schmerzlos sterben würden.
»Lang lebe Cordra III!«, zischte Ulassi laut, während sich ihre Augen im festen Glauben an die Rechtschaffenheit ihrer Sache mit Tränen füllten.
Und dann, ganz plötzlich, erkannte sie, was sie gerade geworden war. Sie war eine Heldin, nicht wahr? Eine Heldin wie Risaab von Golluk oder die Schwestern Noraddis oder die Zehn Krieger von Hitna’he. Eines Tages würden Schulkinder Lieder über sie singen und alte Leute würden ihren Namen auf ihre Gräber schreiben.
Der Gedanke daran ließ Ulassi lächeln, als sie die Felswand hinunterkletterte und sich auf den Rückweg zum Domizil ihres Vaters machte.
10
»Na endlich«, sagte Commander Crusher, wenn auch hauptsächlich, um das unangenehme Schweigen zu brechen, in das Tuvok und er verfallen waren, »da ist es ja, in all seiner bacchantischen Pracht.«
»Das Haus der Freude«, bemerkte der Vulkanier behutsam.
»Das Haus der Freude«, bestätigte der Commander.
»Es sieht jedoch«, sagte Tuvok, »nicht sehr fröhlich aus.«
Für einen Sekundenbruchteil fragte sich Crusher, ob der Ensign gerade einen Witz gemacht hatte. Dann verwarf er den Gedanken. Wie üblich, so schien es, war Tuvok einfach nur sachlich.
Von außen betrachtet, sah das Haus der Freude genauso dunkel, baufällig und unsympathisch aus wie das Versteck – vielleicht sogar noch mehr, auch wenn er das nicht für möglich gehalten hatte. Der Commander hoffte, dass sich das Innere als etwas attraktiver erweisen würde.
Wie ein Schauspieler, der in eine Rolle schlüpft, machte sich Crusher innerlich bereit, um die Dinge wieder so zu sehen, wie »Marcus« es tun würde. Ein Sternenflottenoffizier mochte sich unbehaglich dabei fühlen, ein Bordell zu betreten, aber Marcus würde nicht zögern. Marcus, wenn er denn existiert hätte, hätte sich in dieser Umgebung wahrscheinlich sehr wohl gefühlt.
Auf jeden Fall hätte er keine Frau und keinen kleinen Sohn im Föderationsgebiet, dachte Crusher, und ertappte sich dabei, wie er sich deswegen schuldig fühlte. Der Commander schob den Gedanken beiseite, trat vor und stieß die Tür auf.
Eine Wolke feuchter, warmer Luft schlug ihm entgegen. Sie war mit einer Vielzahl fremder Gerüchte gesättigt – viele von ihnen überraschend angenehm, manche jedoch auch nicht.
Crusher wunderte sich über den hohen Feuchtigkeitsgrad an diesem Ort, schob das jedoch auf die Eigenheiten der Kunden. Dasselbe galt für die sanfte, übermäßig süße Musik unbekannter Herkunft, die beinahe um ihn herum zu wabern schien. Auf jeden Fall, das musste er zugeben, war die Stimmung hier deutlich einladender als das ranzige, feindselige Ambiente des Verstecks.
»Willkommen im Haus der Freude«, sagte eine sanfte, rauchige Stimme.
Crusher drehte sich um und sah eine attraktive Frau, die einen halben Kopf größer war als Tuvok. Sie trug ein eng anliegendes goldenes Kleid und hatte violette Haut, die zum luxuriösen Teppich passte.
Die Inhaberin vielleicht
, dachte er.
Als sie näher kam, konnte Crusher einen guten Blick auf ihre goldenen Augen und das dichte indigofarbene Haar, die hohen Wangenknochen und die vollen Lippen werfen. Der Frau fehlte eine richtige Nase und sie besaß Ohren, die dreimal so groß wie die eines Menschen waren, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass es ihr schwergefallen wäre, sich in einer Sternenbasis-Lounge von jemandem auf einen Drink einladen zu lassen.
»Haben Sie ein Zimmer reserviert oder wartet jemand auf Sie?«, fragte sie.
Der Commander fühlte die verräterische Hitze seines sich rötenden Gesichts. Er hoffte, die Frau würde das auf die Wärme in ihrem Etablissement zurückführen – oder vielleicht als Zeichen der Vorfreude auf die kommenden »Freuden«.
Er sprach nicht sofort. Zuvor stellte er sicher, dass er seine Stimme unter Kontrolle hatte. Dann wählte er seine Worte mit Bedacht.
»Wir sind hier, um jemanden zu treffen«, sagte er. »Mir wurde gesagt, dass ein Melacronianer namens Pudris Barrh dieses Etablissement gerne besucht.«
Die Frau lächelte. »Oh, ich verstehe … Sie sind einer von Barrhs
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