Star Trek - Vanguard 04 - Offene Geheimnisse
sie ihm ins Gesicht. Er grunzte vor Schmerz und lockerte seinen Griff. Sie trat nach, erwischte ihn mit dem Fuß am Knie – und er rollte von ihr herunter.
Unsicher richtete sich T’Prynn auf ein Knie auf und zog Luft in ihre brennende Lunge. Um sie herum heulte der Wind, blies Sand auf ihren Körper und stach in ihre Haut. Die Augen vor der Sonne schützend, sah sie Sten auf dem Boden neben ihr. Er lag auf dem Bauch, kam aber schon wieder auf die Beine. In einer einzigen, plötzlichen Bewegung stieß sie vor, das Messer in der Rechten, und trieb es in seine Hüfte. Sten schrie vor Schmerz, riss sich von ihr los und stolperte die Düne hinab.
Die Angriffe waren häufiger geworden und gönnten ihr kaum Atempausen. Jedes Mal wurde sie schwächer, ohne Chance ihre schwindenden Kräfte neu zu sammeln. Sten dagegen hatte bei jeder neuen Attacke seine Verletzungen aus der letzten verloren. Seine Stärke und seine Entschlossenheit wichen nicht und wurden von seinem Zorn gespeist. Zorn darüber, das versagt zu bekommen, was er als sein rechtmäßiges Eigentum erachtete.
T’Prynn sah sich um und erblickte nichts außer rollenden Sand und Dünen, keine Wege oder Verstecke. Ihr blieb nichts, als zu kämpfen. Abermals. Eine Unterwerfung stand außer Frage, solange ihr Körper noch atmete. Schritte erklangen, und als sie sich umwandte, sah sie Sten mit gezückter
Lirpa
auf sich zukommen. Wie er selbst, schien auch die Waffe aus dem Nichts gekommen zu sein.
„T’Prynn“, rief er mit vor Wut verzerrtem Gesicht.
Sie kam auf die Füße und wich zurück, suchte nach der Waffe, die sie während des Kampfes irgendwo verloren haben musste – und fand doch nichts außer vom Wind verwehten Sand. Sten kämpfte sich schon die Düne hinauf und kam ihr mit hoch erhobener
Lirpa
entgegen. Doch plötzlich öffnete sich der Boden vor ihm wie eine riesige Iris, und er stolperte in ein gähnendes Loch. Sten versuchte, zur Seite auszuweichen, aber nicht einmal seine geschulten Reflexe reichten aus, um seinen Absturz zu verhindern. T’Prynn hörte, wie er ihren Namen schrie, als er aus ihrem Sichtfeld verschwand. Wie ein Echo hallte seine Stimme aus der Dunkelheit, die ihn verschlungen hatte.
Pennington stand neben M’Benga an der Tür der Schlafkammer und sah, wie Sobon die Augen öffnete und seine Hände von den
Katra-
Punkten auf T’Prynns Gesicht entfernte. Die Verschmelzung war beendet. Sobons Atem ging schnell und seine Stirn war in Schweiß gebadet.
„Wir haben nicht viel Zeit“, sagte der Heiler mit tiefer, schwacher Stimme. „Das
Dashaya-Ni’Var
muss sofort beginnen.“
Das Bett war umgestellt worden und stand nicht länger mit der linken Seite an der Wand, sodass nun auch von dort jemand sich um T’Prynn kümmern konnte. T’Nel stand da, trat nun aber zu dem kleinen Tisch in der Ecke der Kammer, und hob etwas auf, das Pennington als
Vre-Katra
erkannte und das aus Sobons Studierzimmer stammen mochte. Das große Kristallgefäß lag schwer in den Händen der Vulkanierin. „Es ist bereit, Heiler.“
Pennington beugte sich näher zu M’Benga. „Soll das heißen, sie machen es jetzt?“, fragte er und betrachtete Sobon skeptisch. „Er sieht nicht gerade aus, als könne er das stemmen.“
„Uns fehlt die Zeit“, flüsterte der Doktor. „Wenn er glaubt, dass sie jetzt starten müssen, dann fürchtet er wohl, dass T’Prynn nicht mehr lange durchhält. Außerdem wird T’Nel bei ihm sein.“
Pennington nickte und entsann sich dessen, was Sobon ihm vor über einer Woche bei einem gemeinsamen Abendessen erklärt hatte – auch wenn er es noch immer nicht verstand. T’Nel würde sich an der Geistesverschmelzung beteiligen und Sobon in die Untiefen von T’Prynns gequältem Verstand folgen. Ihre Aufgabe bestand darin, T’Prynn – oder zumindest ihre
Katra
– an einen sicheren Ort zu geleiten. Währenddessen würde Sobon Stens Essenz angreifen und sich gewaltsam mit seiner
Katra
verbinden. Im Gegensatz zu T’Prynn, deren mentale Fähigkeiten bei der Verschmelzung während des fünf Jahrzehnte zurückliegenden rituellen Kampfes klar unterlegen gewesen waren, setzte Sobon auf seine weitaus größere Erfahrung. Sie sollte ihm einen Vorteil gegenüber dem lüsternen und zornentbrannten Sten verschaffen.
Die zwei Menschen schwiegen, als T’Nel den
Vre-Katra
neben Sobons linker Hand ablegte. Seine Rechte verharrte auf dem Bett, neben T’Prynns Kopf. Mit schnellen, aber nicht gehetzt wirkenden Bewegungen schritt T’Nel
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