Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
und sadistisch veranlagt ist. Wir sprechen hier von einem Mann, der seinen Bruder zum Erreichen der eigenen Ziele ermordet hat. Wenn Yaru noch lebt, hat er seitdem vermutlich noch weitaus Schlimmeres getan. Dieser Mann ist ein Tier.
Als junge Frau ließ ich mich auf eine Liaison ein, von der ich annahm, sie wäre vorteilhaft für mich. Das Problem ist, dass man so bereits von Beginn an alle Gleichberechtigung aufgibt. Jede Frau, die erwägt, sich mit einem Sith einzulassen, sollte sich über eins im Klaren sein: Starke Frauen wandeln nicht neben Tieren – nicht ohne Leine jedenfalls …
Quarra schlug das Buch zu. Mit einem Mal fröstelte sie. Jetzt verstand sie, warum niemand diese Memoiren je zu Gesicht bekommen hatte, wenn es doch nötig gewesen war, so viel anderes über Adari Vaal zu lesen. Der Anführer der Sith hatte sie in Versuchung geführt, und der Fels von Kesh war ins Wanken geraten.
Sie schaute zu Edell hinüber, der sich im Schlaf regte. Sie hatte immer noch ihr Lichtschwert. Sie konnte eine Gefahr beseitigen, eine Gefahr für ihr Volk und vermutlich auch für sie selbst. Sie liebte ihn zwar nicht, aber sie hasste ihn auch nicht – noch nicht –, und darauf würde er stets bauen. Damit hatte er bereits angefangen, ihre ganze Reise über. Sie hatte jetzt die Chance, dem ein Ende zu machen. Doch sie hatte auch eine Frage. »Wacht auf«, sagte sie leise und rüttelte ihn.
Edell stieß ein brummelndes Ächzen aus. »Sind sie immer noch da draußen?«
»Ja. Drei oder vier, denke ich. Könnt Ihr es mit ihnen aufnehmen?«
Er stemmte sich auf einen Ellbogen hoch und zuckte zusammen. »Nein, aber vielleicht gelingt uns das gemeinsam.« Er sah sein Lichtschwert in ihrer Hand. »Sollte ich irgendetwas wissen?«
»Ich habe eine Frage«, sagte Quarra mit ernster Miene. »Ihr sagtet, dass noch mehr Leute kommen und dass Ihr und sie … dass Ihr jemand anderem dient. Ist dieser Jemand genauso schlecht wie dieser Bentado?«
Verblüfft von der Frage, musterte Edell sie eingehender. »Nein. Nein, ist er nicht. Der Großlord ist alt, aber weise.«
»Ihr mögt ihn«, sagte sie, überrascht von dem, was sie spürte. »Er ist Euer Freund.«
Fast, ohne es selbst zu wollen, lächelte Edell. »Ja, ich nehme an, das ist er. Wenn man schon unter einem Sith leben muss, dann am besten unter ihm – und mir –, als unter Bentados Knute. Vertrau mir, wir hatten schon wesentlich schlimmere Oberhäupter.«
»Die Aquädukte. Ihr habt gesagt, sie waren verfallen. Lagen sie wegen einiger Eurer Anführer in Trümmern?«
»Und wegen einiger anderer, die führen wollten. Tausend Jahre lang herrschte Chaos, Quarra. Wenn Alanciar daran glaubt, dass es wichtig ist, Dinge wieder aufzubauen, so wie ich es tue, darfst du nicht zulassen, dass das alles noch mal von vorn anfängt«, sagte er. »Dann musst du mir helfen.«
Sie musterte ihn – und traf eine Entscheidung. Adari hatte recht, aber ich habe ebenfalls recht. Einige Tiere sind besser als andere.
»In Ordnung«, sagte sie und erhob sich. »Aber eins möchte ich von vornherein klarstellen: Ich helfe Euch nicht um Euret- oder um meinetwillen. Ich werde Bentado aufhalten und die Dinge in Ordnung bringen – und das tue ich für mein Volk.«
»Das ist dasselbe, als würdest du es für dich selbst tun«, sagte er grinsend. »Aber über Sith-Philosophie können wir später noch diskutieren. Es gibt einiges zu tun. Wir müssen Bentados Nachschubwege unterbrechen – aber wenn wir versuchen, bei deinem Volk um Hilfe zu ersuchen, werden sie mich in Stücke schneiden. Was sie ebenfalls tun werden, wenn du allein hingehst, um sie um Unterstützung zu bitten, und sie mich hier finden. Wenn wir doch nur deine Balliste noch hätten, dann könnten wir mit den Feuergloben auf den Signalturm schießen …«
»Das würde ewig dauern!«
»… und dann würden uns beide Seiten in Stücke schneiden.« Er seufzte. »Ich nehme an, du hast bereits versucht, durch die Macht um Hilfe zu ersuchen?«
Sie nickte.
»Das bedeutet, die einzige Möglichkeit, Bentado aufzuhalten, besteht darin … Bentado aufzuhalten.« Edell faltete die Hände, tief in Gedanken versunken.
Dies ist sein normales Verhalten , wurde ihr bewusst. Kalkulierend, nicht kämpfend.
Eine Sekunde später öffnete er seine goldenen Augen – und schaute auf. »In Ordnung, ich hab’s. Allerdings bleibt uns trotzdem nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Zu schade, dass wir bloß eine einzige Waffe haben.«
Quarra stand auf.
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