Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Hackklotz liegt.» Birds Worte waren kaltschnäuzig, doch der Klang seiner Stimme verriet sein Bedauern.
«Der arme Jenkins.» Starbuck hatte Roswell Jenkins nicht besonders gemocht. Roswell hatte flaschenweise Whiskey verteilt, um seine Wahl als Offizier zu sichern und die Führung der Kompanie anschließend Sergeant Truslow überlassen. «Und wer übernimmt jetzt das Kommando über die Kompanie K?»
«Wen immer mein Schwager haben will, oder besser gesagt, wen immer Truslow will.» Bird lachte, dann verwandelte er die ruckende Bewegung seines Kopfes in ein betrübtes Kopfschütteln. «Falls es überhaupt noch einen Sinn hat, dass jemand dieses Kommando übernimmt. Vielleicht gibt es ja bald gar keine Legion mehr.» Bird hielt inne. «Vielleicht gibt es bald auch keine Konföderation mehr.» Bird duckte sich unwillkürlich, als das Fragment einer Granatenhülse über seinen Kopf raste und nur sechs Zoll über Starbuck in einem Baumstamm steckenblieb. Bird richtete sich wieder auf und nahm sich eine seiner dunklen Zigarren. «Möchten Sie eine?»
«Gern.» Seit dem Abend mit Belvedere Delaney in Richmond rauchte Starbuck mehr und mehr Zigarren.
«Haben Sie noch Wasser?», fragte Bird, als er Starbuck die Zigarre reichte.
«Nein.»
«Wir scheinen all unser Wasser verbraucht zu haben. Doctor Danson wollte welches für die Verwundeten, aber wir haben keine Vorräte mehr, und ich kann niemanden entbehren, um Wasser zu holen. Es gibt noch viel mehr, was wir nicht vorher bedacht haben.» Nordwärts ertönte eine krachende Musketensalve, sie zeigte, dass sich weitere Truppen der Konföderierten am Kampf beteiligten. Starbuck hatte zumindest zwei Regimenter gesehen, die sich der rechten Flanke von Nathan Evans’ dürftiger Frontlinie angeschlossen hatten, aber auf jeden neuen Mann aus Alabama oder Mississippi kamen mindestens drei Nordstaatler, und die verstärkten Yankees schickten immer mehr Truppen den Hang hinauf, um mit ihrem Gewehrfeuer die spärliche Linie der Rebellen zu bedrängen. «Es kann nicht mehr lange dauern», sagte Bird traurig, «es kann nicht mehr lange dauern.»
Ein Offizier aus South Carolina rannte ihnen am Waldrand nach. «Major Bird? Major Bird?»
«Hier!» Bird trat einen Schritt von Starbuck weg.
«Colonel Evans will, dass alle vorrücken, Major.» Das Gesicht des Mannes aus South Carolina war schwarz vom Schießpulver, sein Uniformrock zerrissen, und seine Augen waren blutunterlaufen. Mit heiserer Stimme sagte er: «Der Colonel wird ein Hornsignal geben lassen, auf das hin wir alle angreifen sollen.» Der Mann hielt inne, als wüsste er, dass er das Unmögliche verlangte, dann versuchte er es mit einem Appell an Birds Patriotismus. «Ein letzter richtig guter Angriff, Major, für den Süden.»
Eine Sekunde lang wirkte es, als würde Major Bird diese Anrufung seiner Vaterlandsliebe mit einem bloßen Lachen quittieren, doch dann nickte er. «Selbstverständlich.»
Für den Süden, ein letzter irrwitziger Angriff, eine letzte trotzige Geste.
Bevor die Schlacht und die Sache verloren waren.
Die vier Kompanien, die Shank Evans zur Bewachung der Steinbrücke zurückgelassen hatte, wurden abgedrängt, als die Nordstaatler unter einem Colonel namens William Sherman etwas flussauf eine Furt entdeckten und daraufhin die winzige Nachhut umgingen. Die Männer feuerten eine ungeordnete Salve ab und zogen sich dann schnell zurück, als Shermans Männer über den Bull Run vorrückten.
Eine Granate explodierte bei der aufgegebenen Brücke, dann erschien ein blau uniformierter Offizier auf der anderen Brückenseite und signalisierte ihre Einnahme, indem er sein Schwert in Richtung der Yankee-Artilleriestellungen schwenkte. «Feuer einstellen!», rief der Kommandant einer Geschützmannschaft. «Rohre nass auswischen. Auf die Pferde. Bewegung!» Die Brücke wurde besetzt, und so konnte die Armee der Nordstaaten bequem über den Bull Run ziehen und die Einkreisung und Niederschlagung der Rebellenarmee vollenden.
«Gentlemen, Sie können jetzt sicher bis zu der Geschützstellung nach vorn reiten», verkündete James Starbuck den Zeitungsleuten, auch wenn dieser Hinweis kaum notwendig war, denn schon liefen oder ritten aufgeregte Zivilisten in Richtung der besetzten Steinbrücke. Ein Kongressabgeordneter winkte den Truppen mit seiner qualmenden Zigarre zu und trat dann zur Seite, um eine Abteilung berittene Artillerie vorbeirattern zu lassen. «Auf nach Richmond, Jungs! Auf nach Richmond!», rief er.
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