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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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bellte ihn ein schnurrbärtiger Major an.
    «Ja.»
    «Du bleibst dort stehen und wartest», sagte der Major und deutete auf eine Stelle etwas abseits von der Gruppe. Starbuck gehorchte, dann drehte er sich erschrocken um, als die Kutsche, die ihn vom Gefängnis abgeholt hatte, sich plötzlich wieder in Bewegung setzte. Würde er in dem Kiefernsarg von hier weggebracht werden, der neben der Leiter stand? Der Major sah den Schrecken in Starbucks Gesicht und runzelte die Stirn. «Der ist nicht für dich, du Esel.» Erleichterung breitete sich in Starbuck aus. Er hätte beinahe angefangen zu taumeln, beinahe angefangen zu weinen.
    Als die Gefängniskutsche davonfuhr, erschien eine zweite Kutsche. Die neu eingetroffene Kutsche war ein elegantes, altmodisches Gefährt mit dunkel lackierten Panelen, vergoldeten Achskappen und vier dazu passenden Pferden. Der schwarze Kutscher hielt auf der anderen Seite des Galgens, zog die Bremse an und stieg dann vom Bock, um die Tür der Kutsche zu öffnen. Ein alter Mann kam aus der Kutsche. Er war groß und schlank, und eine enorme weiße Mähne umrahmte sein tiefgebräuntes und stark zerfurchtes Gesicht. Er trug keine Uniform, sondern einen eleganten schwarzen Anzug. Das Licht der Morgendämmerung blitzte in der Uhrkette mit den Anhängern, die der Mann trug, und im Silberknauf seines Gehstocks. Und es schimmerte in seinen Augen, die mit starrem Blick auf Starbuck gerichtet waren, sodass dieser anfing, sich unwohl zu fühlen. Starbuck erwiderte das Starren und kämpfte sein Unbehagen über die Musterung des alten Mannes nieder, und gerade, als es so schien, als wäre er in einen kindischen Wettkampf darüber geraten, wer zuerst den Blick abwenden würde, verriet Unruhe hinter Starbuck die Ankunft des Mannes, der am Galgen sterben sollte.
    Der Kommandant von Camp Lee führte die kleine Prozession an, und hinter ihm kam der Kaplan der Episkopalkirche, der laut den Psalm dreiundzwanzig vorlas. Der Häftling folgte ihnen, gestützt von zwei Soldaten.
    Der Häftling war ein großer, gutaussehender Mann mit einem breiten Schnurrbart, glattrasiertem Kinn und dichtem, schwarzem Haar. Er trug Hemd, Hose und Schuhe. Seine Hände waren vor dem Körper gefesselt, an den Füßen hatte er weder Ketten noch Stricke, und doch schien er Schwierigkeiten mit dem Gehen zu haben. Er hinkte, und jeder Schritt war ihm eine Qual. Wieder senkte sich Stille über die Anwesenden.
    Die Beschämung darüber, einen Krüppel zu seiner Richtstätte gehen zu sehen, wurde noch stärker, als der Häftling versuchte, die Leiter hinaufzusteigen. Seine gefesselten Hände hätten den Anstieg in jedem Fall erschwert, aber die Schmerzen in seinen Beinen machten ihn beinahe unmöglich. Die beiden Soldaten halfen ihm, so gut es ging, und der Henker mit der weißen Jacke klopfte die Glut aus seiner Pfeife und beugte sich hinunter, um den Häftling die letzten paar Leitersprossen hinaufzuziehen. Bei jedem Schritt hatte der Mann gestöhnt. Nun hinkte er zu der Falltür, und Starbuck sah, wie der Henker in die Hocke ging, um dem Mann die Füße aneinanderzufesseln.
    Der Kaplan und der Kommandant waren dem Häftling auf die Plattform gefolgt. Die ersten Sonnenstrahlen tauchten den Querbalken des Galgens in goldenes Licht, während der Kommandant den Hinrichtungsbefehl auseinanderfaltete. «In Übereinstimmung mit dem über Sie verhängten Urteil durch das Kriegsgericht, das recht- und gesetzmäßig am sechzehnten April in Richmond zusammengetreten ist …», begann der Lagerkommandant zu lesen.
    «Es gibt kein Gesetz, nach dem Sie das tun dürfen», unterbrach der Häftling den Kommandanten. «Ich bin ein amerikanischer Staatsbürger, ein Patriot, ein Diener der rechtmäßigen Regierung dieses Landes!» Der Häftling trug seinen Protest mit heiserer Stimme vor, die dennoch erstaunlich kräftig war.
    «… wurden Sie, Timothy Webster, zum Tode verurteilt, weil Sie sich des Vergehens der Spionage schuldig gemacht haben, die Sie unrechtmäßig innerhalb der Grenzen der souveränen Konföderierten Staaten von Amerika ausgeübt haben …»
    «Ich bin ein Bürger der Vereinigten Staaten», brüllte Webster seinen Widerspruch, «die hier allein die obrigkeitliche Gewalt ausüben dürfen!»
    «Dieses Urteil soll nun entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen vollstreckt werden.» Der Kommandant las hastig zu Ende, dann trat er einen Schritt von der Falltür zurück. «Haben Sie noch etwas zu sagen?»
    «Gott segne die Vereinigten

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