Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Alexander.
«Er ist ein Yankee», sagte Gillespie.
«Dessen ist er schuldig, gewiss, aber hat er sich auch dadurch schuldig gemacht, dass er an Webster geschrieben hat?»
«Wer hätte es denn sonst sein können?», fragte Gillespie.
«Genau das, Lieutenant, sollen wir herausfinden. Hatten Sie nicht gesagt, die wissenschaftlichen Methoden Ihres Vaters wären unfehlbar? Und wenn sie unfehlbar sind, dann ist Starbuck unschuldig.»
«Er hat Bestechungsgelder angenommen.»
Alexander seufzte. «Für dieses Vergehen könnten wir den halben Kongress verhaften, Lieutenant.» Er blätterte durch Gillespies Verhörprotokoll und nahm mit Widerwillen die enorme Menge Öl zur Kenntnis, die dem Häftling mit Gewalt eingeflößt worden war. «Ich habe den Verdacht, dass wir damit unsere Zeit verschwenden», folgerte Alexander aus den Unterlagen.
«Noch ein paar Tage, Sir!», drängte Gillespie. «Ich bin sicher, dass er kurz davor ist, mürbe zu werden, Sir. Ich weiß es!»
«Das haben Sie letzte Woche auch schon gesagt.»
«Ich habe in den letzten Tagen mit dem Öl ausgesetzt», sagte Gillespie eifrig. «Ich gebe ihm die Gelegenheit, sich zu erholen, und dann verdopple ich mein nächsten Mal die Dosis.»
Alexander klappte Starbucks Akte zu. «Wenn er uns etwas zu sagen hätte, Lieutenant, hätte er es inzwischen gestanden. Er ist nicht unser Mann.»
Gillespie musste sich im Zaum halten bei dieser indirekten Andeutung, seine Verhörmethode habe versagt. «Wissen Sie», fragte er Alexander, «dass Starbuck in einem Bordell gewohnt hat?»
«Verurteilen Sie einen Mann dafür, dass er sich vergnügt?», fragte Alexander.
Gillespie errötete. «Eine der Frauen hat sich nach ihm erkundigt, Sir. Sie ist zweimal zum Gefängnis gekommen.»
«War es diese hübsche Hure? Die Royall heißt?»
Gillespie schoss noch mehr Blut in die Wangen. In der Tat war Victoria Royall schöner gewesen als in seinen kühnsten Träumen, aber das wagte er vor Alexander nicht einzugestehen. «Sie hieß Royall, allerdings. Und sie war so anmaßend, als wäre sie tatsächlich eine Königin. Sie wollte mir nicht sagen, warum sie sich für den Gefangenen interessiert, und ich glaube, man sollte sie verhören.»
Alexander schüttelte erschöpft den Kopf. «Sie interessiert sich für den Gefangenen, weil ihr Vater in Starbucks Infanteriekompanie gedient hat, Lieutenant, und sie selbst hat vermutlich ihre Dienste in Starbucks Bett geleistet. Ich habe mit der Frau geredet, und sie weiß überhaupt nichts, also besteht keine Notwendigkeit, dass sie noch einmal von Ihnen verhört wird. Oder hatten Sie eine andere Art von Unterhaltung im Sinn?»
«Natürlich nicht, Sir.» Gillespie empörte sich über diese Andeutung, doch er hatte wirklich darauf gehofft, dass ihm Major Alexander die Befragung Miss Victoria Royalls übertragen würde.
«Denn falls Sie etwas anderes im Sinn gehabt haben», fuhr Alexander fort, «dann sollten Sie wissen, dass die
nymphes du monde
in diesem Haus dort die kostspieligsten in der gesamten Konföderation sind. Die Ladys in dem Etablissement gegenüber des YMCA entsprechen möglicherweise eher Ihrem Geldbeutel.»
«Sir! Ich muss protestieren …»
«Seien Sie still, Lieutenant», sagte Alexander müde. «Und falls Sie vorhaben, Miss Royall privat aufzusuchen, dann denken Sie daran, wie viele hochrangige Offiziere zu ihren Kunden gehören. Miss Royall kann Ihnen vermutlich wesentlich größere Probleme machen als Sie ihr.» Einige dieser Kunden hatten schon Beschwerde gegen Starbucks Verhaftung eingelegt, die Alexander auch selbst immer schwerer zu rechtfertigen erschien. Gott im Himmel, dachte der Major. Dieser Fall erwies sich als wirklich schwierig. Starbuck war als naheliegendster Kandidat erschienen, aber er gab nicht das Geringste zu. Timothy Webster, der in seiner Zelle krank auf der Pritsche lag, hatte bei seinem Verhör keine Informationen preisgegeben, und der Mann, der die Anschlagtafel in St. Paul’s beobachtete, verschwendete offenbar nur seine Zeit. Ein falscher Brief war unter die Bänder der Tafel im Kirchenvestibül geschoben worden, aber noch war niemand erschienen, um ihn abzuholen.
«Wenn Sie mir einfach erlauben würden, Webster das Abführmittel meines Vaters zu verabreichen», schlug Gillespie diensteifrig vor.
Alexander lehnte diesen Vorschlag mit einer Handbewegung ab. «Mit Mr. Webster haben wir andere Pläne.» Alexander bezweifelte außerdem, dass der kränkelnde Webster die Identität des Mannes
Weitere Kostenlose Bücher