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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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kannte, der an Major James Starbuck geschrieben hatte. Vielleicht kannte ihn nur James Starbuck.
    «Und die Frau, die gemeinsam mit Webster verhaftet wurde?», lautete Gillespies nächster Vorschlag.
    «Wir werden den Zeitungen des Nordens keine Gelegenheit geben zu schreiben, dass wir Frauen mit Abführmitteln foltern», sagte Alexander. «Sie wird unversehrt in den Norden zurückgeschickt.» Die Klänge einer Militärkapelle lockten Alexander ans Fenster, von dem aus er auf ein Infanteriebataillon hinuntersah, das auf der Franklin Street nach Osten zog. Johnstons Armee, die schließlich ihre Stellung um Culpeper Court House verlassen hatte, traf zur Verteidigung der Hauptstadt ein. Die ersten Regimenter waren schon weitergezogen, um Magruders Stellung bei Yorktown zu verstärken, während die später ankommenden Truppen nun ihre Lager östlich und nördlich von Richmond aufschlugen.
    Die Infanteriekapelle spielte «Dixie». Kinder mit Stöcken statt Musketen stolzierten neben den Soldaten, die alle Narzissen an ihre Hüte gesteckt hatten. Sogar vom dritten Stock aus konnte Alexander erkennen, wie abgerissen und schlecht uniformiert die Soldaten waren, aber sie marschierten recht ordentlich, und ihre Moral schien gut zu sein. Sie warfen den hübschesten Mädchen Narzissen zu. Ein Mulattenmädchen, das zwischen anderen Zuschauern auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig stand, hatte schon einen ganzen Arm voll Blumen und lachte, als ihr die Soldaten noch mehr Blüten dazulegten. Die Infanterie war ganz bewusst durch die Stadt geführt worden, damit die Richmonder wussten, dass eine Armee zu ihrer Verteidigung eingetroffen war, allerdings schienen eher die Soldaten eine Verteidigung vor der Stadt nötig zu haben, beziehungsweise vor ihren mit Geschlechtskrankheiten verseuchten Huren, und deshalb wurde die marschierende Kolonne auf beiden Seiten von Militärpolizisten mit aufgepflanztem Bajonett eskortiert, die dafür sorgten, dass kein Soldat aus der Marschordnung trat und in der Menge untertauchte.
    «Wir können Starbuck nicht einfach entlassen», beschwerte sich Gillespie. Er hatte sich an das zweite Fenster gestellt.
    «Wir können ihn wegen Bestechlichkeit anklagen, schätze ich», gestand ihm Alexander zu, «aber wir können ihn nicht vor ein Kriegsgericht zerren, wenn er aussieht wie der wandelnde Tod. Waschen Sie ihn, geben Sie ihm Zeit zur Erholung, und dann entscheiden wir, ob wir ihn wegen der Annahme von Bestechungsgeldern vor Gericht bringen.»
    «Und wie finden wir den echten Verräter?», fragte Gillespie.
    Alexander dachte an einen alten Mann mit langem Haar und erschauerte unwillkürlich. «Ich glaube, wir müssen uns mit dem Teufel einlassen, Gillespie.» Alexander wandte sich vom Fenster ab und betrachtete verdrießlich die Landkarte von Virginia, die an der Wand seines Büros hing. Wenn sie einmal hinter Yorktown waren, dachte er, gab es nichts mehr, was die Yankees aufhalten konnte. Sie würden gegen die Stellungen Richmonds anlaufen wie eine Springflut, die ein auflandiger Sturm vor sich hertreibt. Sie würden die Stadt einschließen und ihr die Luft abdrehen. Und was würde dann aus der Konföderation werden? Im Westen hatte sich Beauregard, trotz der Versuche der Südstaatenpresse, einen Sieg herbeizureden, nach erheblichen Verlusten von einem Ort namens Shiloh zurückgezogen. Der Norden reklamierte den Sieg dort für sich, und Alexander fürchtete, dass sich das als zutreffend herausstellen würde. Und wie lange würde es noch dauern, bis der Norden hier in Virginia seinen Sieg erklärte? «Haben Sie je daran gedacht», fragte er Gillespie, «dass dies alles vielleicht vergebliche Anstrengungen sind?»
    «Wie könnte das sein?» Gillespie verstand die Frage nicht. «Wir haben doch das moralische Recht auf unserer Seite. Gott wird uns nicht im Stich lassen.»
    «Gott hatte ich ganz vergessen», sagte Alexander, dann setzte er seinen Hut auf und ging, um dem Teufel einen Besuch abzustatten.

Sieben
    Z wei Soldaten holten Starbuck aus seiner Zelle. Sie weckten ihn bei Dunkelheit, und er schrie in plötzlichem Schrecken laut auf, als sie ihm die Decke vom Körper zogen. Er war immer noch nicht ganz wach, als sie ihn hastig durch den Gang eskortierten. Weil er mit dem nächsten Verhör rechnete, drehte sich Starbuck unwillkürlich rechts herum, aber einer der Soldaten schob ihn in die andere Richtung. Im Gefängnis herrschte nächtliche Ruhe, durch die Gänge zog der Rauch der kleinen Flammen von

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