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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Fesselflug mit einer klobigen Winde und rollten sich langsam ab, als die Luftschiffer höher und höher in den klaren Himmel aufstiegen. Normalerweise hätte der Anblick des Ballons einen nervösen Kanonenbeschuss aus der Rebellenstellung provoziert, doch an diesem Morgen herrschte Stille. «Sprechen wohl grade ihre Gebete, was?», meinte Professor Lowe vergnügt.
    «Das haben sie auch nötig», antwortete General Heintzelmann. Er trommelte mit den Fingern auf die Reling der Gondel. Er hatte mit seinem Stabschef gewettet, dass die Verteidigung der Rebellen innerhalb von sechs Stunden zusammenbrechen würde, nicht erst in zwölf. Die Gondel schwankte knarrend, aber das war, fand Heintzelmann, nicht unangenehm. Jedenfalls besser als die meisten Reisen auf See, so viel stand fest. Als der Ballon achthundert Fuß Höhe überstiegen hatte, richtete der General sein Fernrohr auf den Horizont im Westen, wo er den dunstigen Rauchschleier sah, der über der Hauptstadt der Rebellen hing. Er erkannte sogar die frischen Narben in der Erde, wo die neuen Verteidigungsstellungen in die Berge um die Stadt gegraben worden waren. «Das Schlangennest, Professor!», verkündete Heintzelmann.
    «Ganz recht, General, und bald werden wir die Vipernbrut ausräuchern!»
    Heintzelmann beendete seine Fernerkundung und blickte stattdessen auf die gegnerische Stellung hinab, die klar und deutlich unter ihm lag. Er fühlte sich geradezu übermächtig bei diesem gottgleichen Blick, der ihm auf die Geheimnisse des Gegners gewährt wurde. Er sah ihre Batterien und die Gräben, die von ihren bombensicheren Unterständen ausgingen, und die Zelte, die verborgen hinter den Wällen standen. Der Krieg würde sich für immer verändern, dachte Heintzelmann, wenn es keinen Ort mehr gab, an dem man sich verstecken konnte. Er richtete sein Fernrohr auf eine der größeren gegnerischen Geschützbatterien. Keine Yankee-Kanone würde das Feuer eröffnen, solange Heintzelmann noch nicht bereit war, über die Wirkung des Beschusses Bericht zu erstatten, und dieser Moment, beschloss er, war nun gekommen. «Ich denke, wir sind so weit, uns zu melden, Professor», sagte der General.
    «Nicht besonders viele Kochfeuer, General», sagte Lowe und nickte zu dem Rebellenlager hinüber, wo eine Handvoll schäbiger Zelte zwischen den mit Grassoden bedeckten Unterständen zu sehen war. Ein paar Feuer rauchten in der Stellung, aber es waren sehr wenige, und aus den Zinnrohren, die aus den Unterständen ragten, stieg überhaupt kein Rauch auf.
    Heintzelmann starrte auf die Geschützbatterie hinunter. Eine Rebellenflagge hing an der Fahnenstange, aber Kanoniere waren nicht zu sehen. Erwarteten sie das Bombardement und hatten sich schon in die Unterstände zurückgezogen? Er hob das Fernrohr, um das Feldlager abzusuchen. Er sah, wo Pferde angepflockt gewesen waren und wo Protzen ihre Abdrücke im Gras hinterlassen hatten, aber Soldaten sah er keine.
    «Was sollen wir ihnen sagen?», fragte Lowe. Die Hand des Professors schwebte über dem Telegraphen des Ballons, der über einen Draht entlang der Leine mit der Erde verbunden war. Ein zweiter Telegraph stand an der Landestation des Ballons bereit, um die Mitteilungen der Luftschiffer an McClellans Hauptquartier weiterzuleiten.
     
    McClellan selbst war im Bett geblieben, er war es zufrieden, seine Kanoniere ihre Arbeit ohne seine Anwesenheit erledigen zu lassen.
    Ein Adjutant weckte den neuen Napoleon zwei Stunden nach Sonnenaufgang. «Wir haben einen Bericht, Sir, von dem Ballon.»
    «Und?» Der General fühlte sich gestört, weil er geweckt worden war.
    «Der Gegner, Sir, ist abgezogen.»
    McClellan spähte auf seine Uhr, die auf dem Nachttisch lag, dann beugte er sich zum Fenster und zog die Blende weg. Das helle Licht ließ ihn zusammenzucken, dann wandte er sich wieder an den Adjutanten. «Was haben Sie gesagt?»
    «Die gegnerischen Stellungen, Sir, sind verlassen.» Der Adjutant war Louis Philippe Albert d’Orleans, der Comte de Paris, und er war im Geist Lafayettes nach Amerika gekommen, um die Wiedervereinigung Amerikas zu unterstützen, und einen Augenblick lang fragte er sich, ob sein Englisch fehlerhaft war. «Die Rebellen haben sich zurückgezogen», sagte er so deutlich er konnte. «Die Stellungen sind leer.»
    «Wer sagt das?», fragte McClellan ärgerlich.
    «General Heintzelmann ist in der Gondel des Ballons, Sir, zusammen mit Professor Lowe.»
    «Die phantasieren. Sie phantasieren!» Solche Dummheit konnte der

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