Starbuck. Der Verräter (German Edition)
noch einmal. Und dann wartete er auf den Abend.
Die Nordstaatentruppen hatten vier Wochen gebraucht, um die Belagerungsanlagen zu bauen, mit denen die Grabenstellungen der Rebellen bei Yorktown zerstört werden konnten. Major General McClellan war im Hauptberuf Militärpionier und im Nebenberuf Belagerungsenthusiast, und er plante, die Belagerung zur Demonstration der unerbittlichen Durchschlagskraft seines Landes zu nutzen. Die Augen der Welt blickten auf seinen Feldzug; Zeitungsleute aus Europa und Amerika zogen in seiner Armee mit und Militärbeobachter sämtlicher Großmächte in seinem Stabskommando. Bei Yorktown, wo Amerika den Unabhängigkeitskrieg gewonnen hatte, würde die Welt nun zum Zeugen werden, welche Blüte das militärische Können auf diesem Kontinent erreicht hatte. Es würde eine Belagerung von schonungsloser Härte werden, erdacht vom neuen Napoleon Amerikas.
Zuerst mussten die Straßen von Fort Monroe nach Yorktown mit Holzstämmen verstärkt werden, damit der enorme Armeetross die Belagerungsstellung gegenüber den Verteidigungsanlagen von Yorktown erreichen konnte. Hunderte Holzarbeiter fällten Tausende von Bäumen und stutzten sie auf die richtige Länge. Dann wurden die Stämme von Fuhrwerken aus den Wäldern dorthin gezogen, wo die Stämme längs auf die unsicheren Schlammwege gelegt werden sollten. Eine zweite Lage Stämme wurde quer darübergelegt, um die eigentliche Straße zu bilden. An manchen Stellen sanken die neuen Bohlenstraßen trotzdem in den zähen, rötlichen Morast ein, und weitere Lagen frischgefällter Bäume mussten aufgelegt werden, bis endlich die Kanonen und die Munition weitergeschafft werden konnten.
Fünfzehn Artilleriestellungen wurden gebaut. Zu Beginn wurde nachts gearbeitet, sodass die Männer den Scharfschützen der Rebellen kein Ziel boten. An jeder der fünfzehn Batterien wurde ein sechs Fuß hoher Wall aufgeschüttet, auf dessen schräge Seiten dann Flechtgitter gelegt wurden, um zu verhindern, dass die Wälle in dem unaufhörlichen Regen abrutschten. Die Wälle waren fünfzehn Fuß dick, damit sie eine explodierende Granate der Gegenseite aufhalten und ersticken konnten. Vor der Batterie befand sich ein Graben, der durch den Aushub für die Wälle entstanden war, und vor diesen Gräben legten die Pioniere einen Verhau aus Dornzweigen an. Bei jedem Angriffsversuch würden sich die Rebellen also zuerst durch das hüfthohe, stachelige Dickicht kämpfen müssen, dann durch den Sumpf des gefluteten Grabens waten, bevor sie die Schräge des Walls erklettern konnten, wo eine Reihe Sandsäcke eine Brustwehr bildete, und die ganze Zeit würden die Angreifer von den Kanonen dieser Batterien und auch von den Kanonen der Flankenbatterien nördlich und südlich beschossen werden.
Als die Wälle, Gräben und der Verhau fertig waren, wurden die Batterien für die Geschütze bereit gemacht. Die kleineren Kanonen, die Zwölfpfünder und Vier-Zoll-Geschütze, benötigten nur eine mit Planken ausgelegte Fläche, die nach dem Schuss den Rückstoß abfing, die schweren Geschütze jedoch, die großen Kanonen, mit denen die Verteidigungsstellungen der Rebellen in Schutt und Asche gelegt würden, erforderten mehr Arbeit. Hinter den Schießscharten wurden Fundamente ausgehoben und mit Bruchstein gefüllt, der in schweren Fuhrwerken von Fort Monroe gebracht worden war. Die Pioniere gossen dann eine Mischung aus Stein, Sand und Zement darüber, die begradigt wurde, um eine eisenharte Plattform zu bilden. Doch bevor der Beton aushärten konnte, wurde eine große, gebogene Metallschiene in die Oberfläche gedrückt. Die Schiene bildete einen Halbkreis, die offene Seite war auf den Gegner ausgerichtet. Knapp hinter der Schießscharte wurde auf der Innenseite der Batterie ein Metallpfosten in die Kanonenplattform gesenkt, sodass die gekrümmte Schiene dahinter einen Kompassbogen um den aufragenden Pfosten beschrieb.
Der Pfosten und die gebogene Schiene waren nun bereit, eine Lafette aufzunehmen. Die Basis der Lafette bestand aus zwei Gusseisenträgern, die von hinten nach vorn anstiegen. Am Ende des Doppelträgers waren Metallräder montiert, die in die gebogene Schiene passten, während vorne eine Fassung über den eingefetteten Pfosten gehängt wurde, sodass nun die gesamte Lafette um die Aufhängung an dem Pfosten schwingen konnte. Auf den Eisenträgern saß die Lafette selbst, die, nachdem das Geschütz abgefeuert worden war, auf den Trägern zurückglitt. Die Reibung
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