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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Abend, beinahe, als wüssten sie, welches Schicksal sie am nächsten Morgen erwartete, eröffneten die Rebellen das Feuer auf die fertiggestellte Nordstaatenlinie. Schuss um Schuss kreischte durch die regnerische Dunkelheit, die brennenden Lunten zogen Glutfäden in die Nacht. Die meisten Granaten explodierten harmlos auf dem regengetränkten Boden, aber einige fanden ein Ziel. Ein angepflocktes Maultier schrie vor Schmerz, ein Zelt in den Reihen des 20 th Massachusetts wurde getroffen und zwei seiner Insassen getötet. Es waren die ersten Männer des Bataillons, die seit der schrecklichen Feuertaufe auf Ball’s Bluff in kriegerischen Auseinandersetzungen starben. Und immer noch peitschten die Granaten der Rebellen durch die Nacht, bis, so plötzlich, wie das Bombardement eingesetzt hatte, die Geschütze schwiegen und die Dunkelheit bellenden Hunden und wiehernden Pferden überließen und dem Ruf der Spottdrossel.
    Der nächste Tag zog mit einer klaren Morgendämmerung herauf. Im Norden standen Wolken am Himmel, und die Farmer aus der Gegend schworen, dass es Regen geben würde, doch die Morgensonne strahlte. Rauch von zehntausend Kochfeuern stieg von den Zeltlagern der Nordstaateninfanterie auf. Die Männer waren in Erwartung eines leichten Sieges gut gelaunt. Die Kanoniere würden die gegnerischen Verteidigungsstellungen vernichten, dann würde die Infanterie über das Gelände zwischen den Fronten schlendern, um die Überlebenden aus den rauchenden Trümmern zu graben. Es würde ein Angriff wie aus dem Lehrbuch werden, ein Beweis dafür, dass ein amerikanischer General und eine amerikanische Armee in zwölf Stunden erreichen konnten, was die Europäer in ebenso vielen Wochen auf der Krim verpfuscht hatten. McClellan war als Beobachter bei der Belagerung von Sewastopol gewesen und entschlossen, den französischen und britischen Offizieren gemeinsam mit seiner Armee eine stillschweigende aber unmissverständliche Lektion zu erteilen.
    In den nagelneuen Geschützstellungen trafen die Yankee-Kanoniere letzte Vorbereitungen. Die großen Kanonen wurden geladen, Reibungszünder in Zündlöcher geschoben, und Artillerieoffiziere musterten ihre Ziele durch ihre Fernrohre. Über hundert schwere Geschütze warteten auf das Signal, um ihr grauenvolles Zerstörungswerk in der konföderierten Verteidigungsstellung zu verrichten. Ein Monat schwerer Arbeit hatte diesen Moment vorbereitet, und vielen Nordstaatlern, die in ihren Bastionen abwarteten, schien es, als würde die Welt den Atem anhalten. Auf dem York fuhren die Kanonenboote näher ans Ufer, bereit, mit ihrer eigenen Kanonade die vernichtende Gewalt des Artilleriebombardements zu steigern. Leichter Wind bewegte die Marineflaggen und trug den Rauch der Dampfmaschinen ostwärts übers Wasser.
    Eine halbe Meile hinter den Geschützstellungen der Yankees, verborgen von einer Kieferngruppe, die irgendwie den Äxten der Straßenbauer entgangen war, nahm ein merkwürdiges gelbes Gebilde gewaltige Gestalt an. Männer gossen eilig Schwefelsäure aus Korbflaschen in Bottiche, die zur Hälfte mit Eisenspänen gefüllt waren, und noch mehr Männer betrieben die riesigen Pumpen, um den Wasserstoff, der sich in den Bottichen bildete, durch gummierte Segeltuchschläuche in den großen, gelben Ballon zu leiten, der über den Bäumen langsam zu seiner vollständigen, bauchigen Form anschwoll. Die Befüllung des Ballons hatte im Dunkeln begonnen, damit sie kurz nach Sonnenaufgang abgeschlossen war, und als es hell wurde, musste das enorme Fluggerät von dreißig Männern am Boden gehalten werden. Zwei Männer bestiegen die aus Weiden geflochtene Gondel des Ballons. Der eine war Professor Lowe, der berühmte Luftschiffer und Ballonfahrer, dessen Kenntnisse den Bau des Gefährts ermöglicht hatten, der andere war General Heintzelmann, der mit aufstieg, damit er mit seinem erfahrenen militärischen Blick die Zerstörungen des Bombardements einschätzen konnte. Heintzelmann sah dieser Aufgabe freudig entgegen. Er würde die Kanonen beim Beschuss beobachten und an McClellan telegraphieren, wenn er sah, wie sich die Kampflinie der Rebellen auflöste und sie panisch nach Westen flüchteten. Professor Lowe überprüfte die Funktion des Telegraphen, dann rief er der Mannschaft am Boden zu, dass sie den Ballon freigeben sollten.
    Langsam, wie ein imposanter gelber Mond, der über den Bäumen aufging, hob sich der Ballon. Fünfzehnhundert Fuß Kabellänge verbanden das Gefährt bei seinem

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