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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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James unter ihnen. Der arme James, dachte er, und das Schuldgefühl traf ihn so plötzlich wie eine Gewehrkugel.
    «Was ist?», fragte Lassan, der Starbucks gequälten Blick sah.
    «Mein Bruder.»
    «Sie spielen ein Spiel», sagte Lassan schroff. «Er hat verloren, und Sie haben gewonnen, und Sie sind beide noch am Leben. Es gibt Tausende Männer, die heute nicht so viel Glück haben werden.»
    «Ich will nicht, dass er leidet.»
    «Wieso sollte er denn gelitten haben?», fragte Lassan. «Das Schlimmste, was Ihrem Bruder passieren wird, ist, dass er in seinen Anwaltsberuf zurückkehrt, wo er den Rest seines Lebens damit verbringt, seinen Kollegen von seinem Tunichtgut von einem Bruder zu erzählen. Und glauben Sie wirklich, dass er nicht heimlich stolz auf Sie sein wird? Sie tun alles, was er niemals wagen wird, insgeheim aber gern tun würde. Männer wie er brauchen Brüder wie Sie, sonst würde in ihrem Leben niemals etwas passieren. Meine Mutter hat zu meiner Schwester und mir immer gesagt: Gänse schnattern mit ihrer Gänseschar, aber Adler fliegen allein.» Lassan grinste schelmisch. «Vielleicht ist das auch alles gar nicht wahr,
mon ami
, aber wenn diese Erklärung Ihr Gewissen beruhigt, würde ich mich daran klammern wie an eine warme Frau, die in einer kalten Nacht neben Ihnen im Bett liegt. Und jetzt hören Sie auf, sich schuldig zu fühlen, sondern suchen Sie sich eine Waffe. Es gibt eine Schlacht zu schlagen.»
    Starbuck suchte nach einer Waffe. Er war zurück unter der Flagge, die er sich ausgesucht hatte, er hatte eine Schlacht zu schlagen, einem Strick zu entkommen und einen Freund zu betrügen. Er hob das Gewehr eines Toten auf, entdeckte ein paar Patronen und suchte nach einem Ziel, auf das er schießen konnte.
     
    Schließlich begann die Verstärkung der Nordstaatentruppen über den Fluss zu setzen. Das Gewicht eines Feldgeschützes zerriss die beschädigte Brücke, doch erstaunlicherweise wurde dabei kein einziger Mann verletzt, und nicht einmal die Kanone ging verloren. Stattdessen wurden die Gespannpferde blutig gepeitscht, bis sie das schwere Geschütz aus dem Wasser und auf den Bohlenweg auf dem südlichen Ufer zogen.
    McClellan blieb im Bett und behandelte sich mit Chinin, Honig und Brandy. Er hatte so viel Medizin genommen, dass er ganz benommen war und von Kopfschmerzen geplagt wurde, doch sein Arzt versicherte den Stabsoffizieren des Hauptquartiers, dem fiebernden General sei bewusst, dass eine Schlacht stattfinde, allerdings sei sein Patient nicht in der Verfassung, das Kommando über die Armee zu führen. Am folgenden Tag werde der neue Napoleon vielleicht in der Lage sein, seinen eisernen Willen auf dem Schlachtfeld durchzusetzen, doch bis dahin müsse er sich erholen und die Armee müsse sich ohne sein Führungsgenie behelfen. Die Generalstabsoffiziere gingen auf Zehenspitzen hinaus, um die Rekonvaleszenz des großes Mannes nicht zu gefährden.
    Auf der Seite der Südstaatler dagegen hatte General Johnston, der bei der Old Tavern nördlich der Bahnlinie wartete, schließlich verstanden, dass der gedämpfte Gefechtslärm kein Artillerieduell war, sondern eine Schlacht, die ohne sein Wissen und ohne seine Führung tobte. General Longstreet war bei der Old Tavern angekommen, um zu bestätigen, dass seine vordersten Einheiten jetzt südlich der Eisenbahnlinie angriffen. «Ich habe Micah Jenkins aus den Augen verloren», erklärte er Johnston. «Gott allein weiß, wo seine Brigade inzwischen ist.» Longstreet explodierte beinahe vor nervöser Aufregung. «Wir müssen hier angreifen» – er klopfte mit einem schwarz geränderten Fingernagel auf Johnstons Landkarte –, «nördlich der Bahnlinie.»
    Johnston war sich ziemlich sicher, dass er Longstreet den ausdrücklichen Befehl gegeben hatte, genau diesen Angriff nördlich der Schienen durchzuführen, und dieser Befehl hatte verlangt, dass der Angriff in der Morgendämmerung erfolgen sollte und nicht jetzt, wo der Tag schon fast vorbei war. Gott allein wusste, was mit seinem sorgfältig geplanten Dreizack-Angriff schiefgelaufen war, aber irgendetwas hatte ihn gefährlich geschwächt, und am nächsten Morgen, das schwor sich Johnston, würde er genau herausfinden, was falsch gelaufen war und wer dafür die Verantwortung trug. Doch diese Untersuchung musste bis nach dem Sieg warten, und so hielt er seine normalerweise scharfe Zunge im Zaum und gab stattdessen Befehl an eine der Reservedivisionen, nördlich des Eisenbahndamms

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