Starbuck. Der Verräter (German Edition)
wolltest du ihn einfach auf eigene Faust beenden?»
Adam hörte die Verachtung in Starbucks Stimme. «Ich wollte das Richtige tun, Nate. Weißt du noch, wie du selbst nach dem gesucht hast, was das Richtige ist? Wie du mit mir gebetet hast? Wie du in deiner Bibel gelesen hast? Wie es dir das Wichtigste überhaupt war, Gottes Willen zu tun? Was ist bloß mit dir passiert, Nate?»
Starbuck sah zu seinem wütenden Freund auf. «Ich habe ein Anliegen gefunden, für das es sich zu kämpfen lohnt», sagte er.
«Ein Anliegen!», höhnte Adam. «Den Süden? Dixie? Du kennst den Süden doch nicht mal! Du warst dein Leben lang noch nicht südlicher als Rockett’s Landing! Hast du die Reisfelder in South Carolina gesehen? Hast du die Plantagen im Mississippi-Delta gesehen?» Adam ließ seiner erbitterten Wut freien Lauf. «Wenn du die Hölle auf Erden sehen willst, Nate Starbuck, dann sieh dir einmal an, was du da verteidigst. Fahr den Fluss hinunter, Nate, hör die Peitschen knallen, sieh das Blut fließen und schau zu, wie die Kinder vergewaltigt werden! Danach kannst du zurückkommen und mir was von deinem Anliegen erzählen.»
«Und was ist dein moralisches Anliegen?» Starbuck versuchte, die Oberhand wiederzugewinnen. «Glaubst du, der Norden sorgt für das Glück der Sklaven, wenn er diesen Krieg gewinnt? Glaubst du, sie sind dann besser dran als die Hungerleider in den Fabriken des Nordens? Du warst doch in Massachusetts, Adam, du hast die Fabriken in Lowell gesehen. Ist das dein neues Jerusalem?»
Adam schüttelte müde den Kopf. «Dieser Streit ist in Amerika schon tausend Mal geführt worden, Nate, und dann gab es Wahlen, und wir haben den Streit an der Wahlurne beigelegt, und es war der Süden, der diese Entscheidung nicht akzeptieren wollte.» Er breitete die Hände aus, als wolle er zeigen, dass er von dieser alten, fruchtlosen Diskussion genug hatte. «Mein Anliegen ist es, das Richtige zu tun, sonst nichts.»
«Und deinen Vater zu hintergehen?», fragte Starbuck. «Erinnerst du dich an letzten Sommer? In Faulconer County? Du hast mich gefragt, wie ich mich vor meinem Vater fürchten kann, aber nicht vor einer Schlacht. Warum also erzählst du deinem Vater dann nicht, woran du wirklich glaubst?»
«Weil es ihm das Herz brechen würde», sagte Adam einfach. Er schwieg und schaute nach Norden, wo eine Flussschlaufe des Chickahominy in der grünen Landschaft funkelte. «Weißt du, ich habe gedacht, dass ich zwei Herren gleichzeitig dienen könnte, meinem Land und meinem Staat, und dass, wenn der Krieg schnell beendet wäre, mein Vater niemals erfahren würde, dass ich das eine für das andere verraten habe.» Er unterbrach sich. «Und es kann immer noch so kommen. McClellan muss nur einen entschlossenen Vorstoß machen.»
«Das kann McClellan nicht. McClellan ist ein Gockel, er kann bloß aufgeblasen herumstolzieren, aber es steckt nichts dahinter. Davon abgesehen glaubt McClellan, dass wir ihm zahlenmäßig überlegen sind. Dafür habe ich gesorgt.»
Starbucks Ton ließ Adam zusammenzucken, aber er sagte lange nichts. Schließlich seufzte er. «War es James, der mich verraten hat?»
«Niemand hat dich verraten. Ich bin ganz allein draufgekommen.»
«Der kluge Nate», sagte Adam traurig. «Der kluge, eigensinnige Nate.»
«Was wird dein Vater tun, wenn er erfährt, dass du den Süden verraten hast?», fragte Starbuck.
Adam sah zu ihm hinunter. «Wirst du es ihm erzählen?», fragte er. «Du hast es ja schon beinahe getan, also erzählst du ihm jetzt auch noch den Rest, oder?»
Starbuck schüttelte den Kopf. «Was ich tun werde, Adam, ist, hinunter ins Feldlager zu gehen, Pecker Bird zu suchen und ihm zu sagen, dass ich zurückgekommen bin, um der Captain der Kompanie K zu sein. Das ist alles, was ich tun werde, es sei denn, irgendwer will mich noch einmal aus der Legion werfen. In diesem Fall werde ich nach Richmond gehen und einen sehr unangenehmen, durchtriebenen alten Mann aufsuchen, der sich dann um alles Weitere kümmern wird.»
Adam runzelte die Stirn angesichts dieser Drohung. «Warum?», fragte er nach einer Weile.
«Weil es das ist, was ich gut kann. Ich habe festgestellt, dass ich gerne Soldat bin.»
«In der Brigade meines Vaters? Er hasst dich! Warum gehst du nicht zu einem anderen Regiment?»
Starbuck antwortete nicht sofort. Die Wahrheit lautete, dass er kein Druckmittel hatte, mit dem er sich Zugang zu einem anderen Regiment verschaffen konnte, jedenfalls nicht als Captain, denn sein
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