Starbuck. Der Verräter (German Edition)
standen mit duftigem, rosafarbenem Flor in voller Blüte. Adam blieb neben einem umgestürzten Baum stehen und drehte sich zu dem Feldlager und der Stadt dahinter um. «Wie viel weißt du?», fragte er.
«So ungefähr alles, schätze ich», sagte Starbuck. Er zündete sich eine Zigarre an, dann setzte er sich auf den Baumstamm und betrachtete die Spur aus Dampfwolken, die eine Lokomotive hinter sich ließ. Er vermutete, dass der Zug Kriegsopfer nach Richmond brachte, noch mehr Verletzte für die Baracken auf dem Chimborazo Hill und noch mehr Tote für die blumengeschmückten Gräber in Hollywood.
«Ich will, dass der Krieg endet, verstehst du?» Damit brach Adam das Schweigen. «Ich habe es falsch gemacht, Nate, von Anfang an. Ich hätte nie eine Uniform anziehen dürfen, niemals. Das war mein Fehler.» Er war durcheinander, unsicher, und Starbucks Schweigen beunruhigte ihn. «Ich halte nichts von dem Krieg», fuhr Adam trotzig fort. «Ich glaube, er ist eine Sünde.»
«Aber keine Sünde, die für beide Seiten gleich schwer wiegt?»
«Nein», sagte Adam. «Der Norden ist moralisch im Recht. Wir nicht. Das hast du doch auch erkannt, oder? Das hast du doch bestimmt auch erkannt.»
Zur Antwort holte Starbuck das Wachstuchpäckchen aus der Tasche und zog die Naht auf. Während er an den eng genähten Stichen zupfte, erzählte er Adam, wie einer von dessen Briefen bei Websters Verhaftung abgefangen worden war, und wie die Behörden Starbuck als Urheber verdächtigt hatten, und wie er, nachdem er die Folter überstanden hatte, hinter die feindlichen Linien gesandt worden war, um den wahren Verräter zu entlarven. «Ich wurde von einem äußerst furchteinflößenden Mann aus Richmond losgeschickt, Adam. Er wollte wissen, wer diesen Brief geschrieben hat, und ich wusste, dass du es warst. Das heißt, ich habe es vermutet.» Starbuck nahm das eng gefaltete Papier aus der Wachstuchhülle. «Ich soll dieses Schreiben nach Richmond bringen. Es ist der Beweis, den sie haben wollen. Du wirst darin als der Spion genannt.» In dem Schreiben stand nichts dergleichen, es enthielt lediglich die Liste mit Fragen, die Pinkerton und McClellan zusammengestellt hatten, bevor den General das Chickahominy-Fieber erwischt hatte, aber unter dieser Liste befand sich ein runder Stempelabdruck: «Besiegelt auf Befehl des Geheimdienstchefs der Potomac-Armee», und Starbuck ließ Adam dieses Siegel sehen, bevor er den Brief schnell wieder zusammenfaltete.
Adam war zu erschrocken, um Starbucks Behauptung anzuzweifeln, dass dieses Schreiben seine Schuld bewies. Er hatte das Siegel gesehen, und er hatte die aufwendigen Vorsichtsmaßnahmen gesehen, die getroffen worden waren, um das Papier vor der Feuchtigkeit zu schützen, und was er gesehen hatte, war Beweis genug. Er hatte nicht die geringste Ahnung, dass alles nur ein Bluff war, dass er in diesem Schreiben keineswegs beschuldigt wurde und dass Starbucks furchteinflößender Mann in Richmond mit wachsgelbem Antlitz in einem Sarg lag. In Wahrheit hatte Starbuck ein lausiges Kartenblatt in der Hand, aber Adam war sich seiner Schuld zu sehr bewusst, um zu erkennen, dass ihn sein Freund für dumm verkaufte. «Und was wirst du jetzt tun?», fragte Adam.
«Was ich nicht tun werde», sagte Starbuck, «ist, zu dem furchteinflößenden Mann in Richmond zu gehen, um ihm diesen Brief zu geben.» Er steckte den Brief in seine Brusttasche zu der Bibel. «Aber was du tun kannst», schlug Starbuck seinem Freund vor, «ist, mich hier und jetzt zu erschießen. Dann kannst du mir den Brief abnehmen, und kein Mensch wird je erfahren, dass du ein Verräter bist.»
«Ich bin kein Verräter!», fuhr Adam auf. «Mein Gott, Nate, das alles hier war vor einem Jahr noch ein vereintes Land! Du und ich haben den Hut vor derselben Flagge gezogen, wir haben an jedem vierten Juli zusammen gefeiert, und wir hatten Tränen in den Augen, wenn die Nationalhymne gespielt wurde. Wie kann ich ein Verräter sein, wenn ich bloß für das kämpfe, was mich meine Erziehung zu lieben gelehrt hat?»
«Weil Männer, die deine Freunde sind, gestorben wären, wenn du Erfolg gehabt hättest», erwiderte Starbuck.
«Aber weniger, als jetzt sterben müssen!», rief Adam. Er hatte Tränen in den Augen, als er den Blick von Starbuck abwandte und über die grüne Landschaft zu den Kirchtürmen und dunklen Dächern Richmonds sah. «Verstehst du das denn nicht, Nate? Je länger der Krieg dauert, desto mehr Tote wird es geben!»
«Also
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