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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Massachusetts durchgegeben, das auf der rechten Flanke der Yankee-Linie stand. Die Vierzehnpfünder-James-Kanone musste ohnehin aufgegeben werden, denn sie war so weit auf ihrem Sporn zurückgesprungen, dass sie schließlich über den Abbruch des Steilufers gerutscht war. Bei ihrem letzten Schuss hatte der Kanonier alarmiert aufgeschrien, dann war das ganze, schwere Geschütz über den Rand der Böschung gekippt und mit grauenerregender Wucht den Steilhang hinuntergepoltert, bis es an einen Baum krachte und liegenblieb. Nun gaben die Kanoniere ihre Versuche auf, die Kanone auf die Kuppe zurückzuschaffen, und hörten stattdessen zu, als Colonel Lee seinen Offizieren erklärte, was das Regiment tun sollte. Sie würden die Verwundeten der Gnade der Rebellen überlassen und sich an der rechten Flanke der Nordstaaten-Kampflinie sammeln. Dort würden sie einen Massensturm mitten durch die Rebelleneinheiten unternehmen und so zu den Flussauen kommen, die bis dorthin reichten, wo die zweite Einheit der Yankees den Fluss überquert hatte, um die Mautstraße abzuschneiden. Diese zweite Einheit hatte Deckung durch die Artillerie auf der Maryland-Seite des Flusses. «Wir kommen hier nicht über den Fluss nach Maryland zurück», erklärte Lee seinen Offizieren, «weil wir nicht genügend Boote haben. Also müssen wir die fünf Meilen flussabwärts marschieren und auf dem Weg die Rebellen abwehren.» Er sah auf seine Uhr. «In fünf Minuten rücken wir ab.»
    Lee wusste, dass es lange dauern würde, bis die Befehle bei sämtlichen Kompanien angekommen waren und bis die Verwundeten unter einer weißen Flagge gesammelt waren, aber er wusste auch, dass es kein Mann aus seinem Regiment nach Maryland schaffen würde, wenn er die Verwundeten nicht zurückließ. «Und jetzt Beeilung», sagte er zu seinen Offizieren und versuchte, zuversichtlich zu klingen, doch nun machte sich die Anspannung bemerkbar, und sein optimistisches Wesen litt unter dem unaufhörlichen Peitschen und Pfeifen der Rebellenkugeln. «Beeilung jetzt!», rief er wieder, dann hörte er ein schreckliches, kreischendes Geräusch von der ungedeckten rechten Flanke her, und als er sich erschreckt umdrehte, wurde ihm klar, dass ihm nun keine noch so verzweifelte Eile mehr helfen konnte.
    Es sah so aus, als müssten die Männer aus Harvard dort kämpfen, wo sie waren. Lee zog sein Schwert, leckte sich über die trockenen Lippen, dann überließ er Gott seine Seele und sein geliebtes Regiment seinem hoffnungslosen Ende.

Drei
    W ir sind zu weit links», hatte Truslow geknurrt, sobald Starbuck mit der Kompanie K die Kampflinie erreichte. «Die Bastarde sind in dieser Richtung.» Truslow deutete über die Lichtung auf eine Stelle, an der Rauch vor den Bäumen hing. Und dieser Rauch war ein gutes Stück rechts von der Kompanie K, während direkt vor Starbucks Männern nur menschenleerer Wald und lange, dunkler werdende Schatten lagen, zwischen denen die herbstlich goldenen Ahornbäume unnatürlich hell wirkten. Einige Männer der Kompanie K hatten begonnen, auf den leeren Wald zu feuern, doch Truslow schnauzte sie an, sie sollten aufhören, Schießpulver zu vergeuden.
    Dann drehten sich die Männer um, weil ein anderer Offizier durchs Unterholz auf sie zurannte. Es war Lieutenant Moxey, der sich als Kriegsheld fühlte, seit er bei Manassas eine leichte Handverletzung davongetragen hatte. «Der Major sagt, Sie sind zu weit in der Mitte.» Moxey sprühte vor Aufregung. Er fuchtelte mit seinem Revolver in die Richtung, aus der die Musketenschüsse herüberhallten. «Er sagt, Sie sollen Murphys Kompanie unterstützen.»
    «Kompanie!», rief Truslow seinen Männern zu, weil er Starbucks Befehl zum Abrücken erwartete.
    «Nein! Wartet!» Starbuck schaute immer noch quer über die Lichtung auf den stillen Wald. Dann richtete er seinen Blick nach rechts, wo der Beschuss der Yankees gegenwärtig abgeflaut war. Ein paar Sekunden lang fragte er sich, ob diese Feuerpause bedeutete, dass sich die Nordstaatler zurückzogen, doch dann löste ein unvermittelter Angriff durch eine kreischende Rebelleneinheit die nächsten wilden Gewehrsalven des Nordens aus. Einige Momente lang verwandelte sich das Gewehrfeuer in einen entfesselten Trommelwirbel, aber in demselben Augenblick, in dem sich die Rebellen zurückzogen, erstarben die Salven wieder. Starbuck erkannte, dass die Nordstaatler erst schossen, wenn sie ihr Ziel sehen konnten, während die Südstaatler ihren Beschuss nicht unterbrachen. Und

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