Stardoc 01 - Die Seuche
»Kannst du mich jetzt verstehen?«
Ich nickte und berührte das Gerät. »Was ist das?«
»Ein Vocollier – wir Jorenianer benutzen es für die Kommunikation mit anderen Spezies.«
»Mein Einsatz sollte das eigentlich tun.« Ich berührte verwundert mein Ohr.
»Die Hülle der Sunlace hält alle Transmissionen von der Datenbank der Kolonie ab«, sagte Xonea. »Komm mit mir, hier entlang.«
Wir folgten dem Hauptkorridor ins Herz der Sunlace . Das Schiff war im Inneren so schön wie seine Hülle, elegant geschmückt mit den Myriaden von Grüntönen des ClanHauses Torin. Alunthri hätte es geliebt.
Kompliziert aussehende Geräte waren in die tragenden Strukturen eingelassen, damit die großen Jorenianer sich ungehindert bewegen konnten. Bei meiner Größe kam ich mir vor, als würde mich der ganze leere Raum verschlucken.
»Kann ich Kao sehen?«, fragte ich Xonea, und er nickte.
»Wir gehen jetzt zu ihm.«
Der Jorenianer führte mich durch sich in die Höhe schraubende Gänge, dann bog er ab. Ich folgte ihm durch eine Tür in etwas, das wohl eine Krankenstation war. Leuchtende Geräte standen um ein Bett, in dem ich die bewegungslose Gestalt von Kao Torin erblickte. Eine große jorenianische Frau scannte ihn gerade.
Ich rannte auf ihn zu. »Kao?« Ich nahm seine kühle Hand in meine und hielt sie fest. »Kao, ich bin hier.«
Die erschöpften weißen Augen öffneten sich, und für einen Moment dachte ich, er würde lächeln. Dann schloss er die Augen wieder.
»Kao, dein HausClan hat mich gerettet«, erzählte ich ihm. »Sie waren wunderbar. Xonea hat mich zu dir gebracht. Ich weiß nicht, wie ich ihnen … Kao?« Seine Hand erschlaffte. Nein, nicht jetzt! Ich schaute zu der behandelnden Jorenianerin. Sie schüttelte den Kopf. »Kao?« Meine Stimme brach. »Kao, bitte?«
Xonea kam herbei und legte seine Hand über meine und die von Kao. »Er hört dich, Heilerin. Er wird dich in alle Ewigkeit hören.«
Ich schloss die Augen und senkte den Kopf, um ihn auf Kaos bewegungslose Brust zu legen.
18 Letzte Rechte
Nach Kaos Tod kümmerten sich die Jorenianer um mich, als gehörte ich zur Familie. Xonea rief eine Frau herbei, die mir helfen sollte, als ich die Krankenstation verließ – vielleicht, weil ich alleine nicht zurechtkam. Sie führte mich am Arm durch einen langen, gewundenen Gang in einen Raum, der laut ihrer Aussage mein Quartier sein sollte.
»Heilerin, kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?«, fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. »Möchtest du lieber allein sein?«
Ich war allein. Schrecklich, unerträglich allein. »Ja. Danke.« Ich setzte mich auf die Schlafplattform und sah in einer tauben Benommenheit zu, wie sie das Zimmer verließ. Ich hatte keine Ahnung, wie sie aussah, dachte ich abwesend. Sie sah wie Kao aus. Das taten sie alle. Für den Rest meines Lebens wollte ich keinen Jorenianer mehr sehen, und doch war ich auf einem Schiff, das von ihnen überquoll.
Warum fühlte ich nichts?
Als Maggie gestorben war, war ich am Boden zerstört gewesen. Ich erinnerte mich an eine ganz eigenartige Wut, die meinem Bedürfnis als Arzt entsprungen war, Krankheit und Tod zu bekämpfen. Ich war auch auf Maggie wütend gewesen. Wie konnte sie mich einfach so zurücklassen?
Jetzt war da keine Wut. Ich war dafür verantwortlich, dass dieses Leben geendet hatte. Ich hatte ihm den Tod gebracht. Mit meinem eigenen Blut hatte ich Kao Torin getötet.
Für eine Weile war ich wie eingefroren, bewegungsunfähig. Eine Statue von Cherijo Grey Veil aus Eis.
Die Tränen kamen später, als ich von einem rauen Wimmern aus meiner eigenen Kehle aufgeschreckt wurde. Meine brennenden Augen füllten sich mit Tränen. Ich hörte Schluchzen, spürte meine Schultern zucken. Ich schlug mit den Fäusten auf die Matratze, mein Haar löste sich, verknotete sich. Aber es berührte mich nicht.
Ich war nur ein Beobachter, der einem pathetischen Anfall der Trauer zusah.
Schließlich sank ich in eine stille Starre. Ich blickte auf die sanften Wirbelmuster auf dem Deck vor mir und versuchte einen Sinn zu erkennen. Kao war tot, und ich hatte ihn getötet. Die brillante Chirurgin. Die Tochter von Joseph Grey Veil. Ich war meinem Vater ähnlicher, als mir lieb war.
Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, und offensichtlich hatte irgendwer nach mir gesehen, denn Stunden später erwachte ich unter einer weichen, gewebten Decke. Meine Augen waren geschwollen, mein Haar war eine hoffnungslos verworrene Matte. Es war
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