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Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ordnung.
    Hiervon werde ich Liz nichts erzählen, dachte er. Auf gar keinen Fall. Und das nicht nur, weil ich Angst habe - ich habe Angst. Es ist ganz einfach - nicht alle Geheimnisse sind schlimme Geheimnisse. Einige sind gute Geheimnisse. Andere sind notwendige Geheimnisse. Und dies ist beides.
    Er wußte nicht, ob das tatsächlich der Fall war, kam aber zu einem Schluß, der ungeheuer befreiend auf ihr wirkte: es war ihm gleichgültig. Er hatte es satt, immer nur nachzudenken und trotzdem nichts zu wissen. Er hatte es auch satt, Angst zu haben wie ein Mann, der frohen Mutes in eine Höhle eingedrungen ist und nun zu argwöhnen beginnt, daß er sich verirrt hat.
    Dann hör auf, darüber nachzudenken, Thad. Das ist die beste Lösung.
    Er nahm an, daß das den Tatsachen entsprach. Er wußte nicht, ob er es fertigbringen würde oder nicht - aber er hatte vor, es zumindest zu versuchen. Ganz langsam streckte er die Hände aus, ergriff das Bestellformular und begann es zu zerreißen.
    Das Durcheinander der darauf gekritzelten Worte löste sich auf. Er riß die Streifen mehrmals quer durch und warf die Schnitzel in den Papierkorb, wo sie wie Konfetti auf all dem Zeug lagen, das er aussortiert hatte. Fast zwei Minuten lang saß er da und starrte die Schnitzel an, fast erwartend, daß sie sich wieder vereinigten und auf seinen Schreibtisch zurückkehrten wie die Bilder einer Filmspule, die man rückwärts laufen läßt.
    Schließlich nahm er den Papierkorb und trug ihn hinaus auf den Flur zu einer neben dem Fahrstuhl in die Wand eingelassenen Platte aus rostfreiem Stahl. Auf dem Schild darunter stand: VERBRENNUNGSOFEN.
    Er schob die Platte beiseite und kippte seinen Müll in den schwarzen Schacht.
    »So«, sagte er in die ungewohnte Sommerstille des Fakultätsgebäudes hinein. »Alles weg.«
    Hier unten nennen wir das Metzgerfüllsel.

    »Hier oben nennen wir das Hundescheiße«, murmelte er und kehrte mit dem leeren Papierkorb in sein Büro zurück.
    Es war fort. Den Schacht hinuntergerutscht ins Vergessen. Und bis das Hospital die Untersuchungsergebnisse geliefert hatte - oder bis er wieder ein Blackout, eine Trance, eine Fugue oder was immer es gewesen war, gehabt hatte -, würde er nichts sagen. Überhaupt nichts. Höchstwahrscheinlich waren die Worte, die er auf das Blatt Papier geschrieben hatte, aus seinem eigenen Kopf gekommen, wie der Traum von Stark und dem leeren Haus, und hatten weder mit dem Mord an Homer Gamache noch mit dem an Frederick Clawson etwas zu tun.
    Hier unten in Endsville, wo alle Züge enden.
    »Es hat nichts zu bedeuten«, sagte Thad mit gewollt nachdrücklicher Stimme - aber als er an jenem Tag die Universität verließ, war es fast eine Flucht.

ZWÖLFTES KAPITEL
    Miriam
    Daß etwas nicht stimmte, wußte sie in dem Augenblick, in dem sie ihren Schlüssel in das große Kreig-Schloß an ihrer Wohnungstür schob. Statt daß der Schlüssel mit der vertrauten und beruhigenden Reihe von Klicklauten den Mechanismus bewegte, ging die Tür von selbst auf. Es gab keinen Augenblick, in dem sie dachte, wie töricht sie gewesen war, zur Arbeit zu gehen und die Wohnungstür unverschlossen zu lassen, na hör mal, Miriam, warum legst du nicht gleich einen Abtreter vor die Tür, auf dem nicht WILLKOMMEN steht, sondern HALLO EINBRECHER, GELD IST IM BRÄTER AUF DEM OBERSTEN BORD IN DER KÜCHE?
    Es gab keinen solchen Moment, denn wenn man sechs oder auch nur vier Monate in New York gelebt hatte, vergißt man es nicht. Wenn man irgendwo auf dem flachen Lande lebte, schloß man vielleicht nur ab, wenn man in Urlaub fuhr, und vielleicht vergaß man das Abschließen hin und wieder, wenn man in einem kleinen Nest wie Fargo, North Dakota, oder Ames, Iowa, zur Arbeit ging, aber nachdem man eine Weile in dem wurmstichigen alten Big Apple gelebt hatte, schloß man sogar dann ab, wenn man nur ins Treppenhaus ging, um Abfälle in den Müllschlucker zu werfen.
    Wenn man es vergaß, dann war das so, als vergäße man, den nächsten Atemzug zu tun. Die Stadt war voll von Museen und Galerien, aber sie war auch voll von Junkies und Psychopathen, und man ging kein Risiko ein. Nicht, wenn man nicht als Blödian auf die Welt gekommen war, und das war bei Miriam nicht der Fall. Sie war vielleicht ein bißchen töricht, aber blöd war sie nicht.

    Also wußte sie, daß etwas nicht stimmte, und die Diebe, die, wie Miriam glaubte, in ihre Wohnung eingedrungen waren, hatten sie wahrscheinlich schon vor drei oder vier Stunden wieder

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