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Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war, nachdem er auch diesmal den Portier niedergeschlagen hatte (mit dem Stock, den er dem Blinden an der 60. Straße gestohlen hatte), ging sofort auf. Er hatte nichts anderes erwartet - um diese Nachtstunde herrschte kein großer Bedarf an Fahrstühlen. Er warf den Revolver über die Schulter, und er landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Teppich.
    »Das ist gut gelaufen«, sagte er, trat in die Fahrstuhlkabine und fuhr in die Eingangshalle hinunter.

5
    Vor Rick Cowleys Wohnzimmerfenster ging die Sonne auf, als das Telefon läutete. Rick war fünfzig, rotäugig, verhärmt, halb betrunken. Die Hand, mit der er den Hörer ergriff, zitterte. Er wußte kaum, wo er war, und sein erschöpfter, schmerzender Verstand beharrte darauf, daß dies alles nur ein Traum war. War er vor nicht einmal drei Stunden im Leichenschauhaus an der First Avenue gewesen und hatte den verstümmelten Leichnam seiner geschiedenen Frau identifiziert, nur einen Häuserblock von dem eleganten kleinen französischen Restaurant entfernt, in das er nur die Klienten führte, die zugleich seine Freunde waren? Standen Polizisten vor seiner Tür, weil der Mann, der Miriam getötet hatte, vielleicht auch ihn umbringen wollte? Konnte das Wirklichkeit sein? Unmöglich. Es mußte ein Traum sein - und vielleicht war es gar nicht das Telefon, das läutete, sondern der Wekker. Normalerweise haßte er das Mistding, und er hatte es schon mehr als einmal an die Wand geworfen. Aber an diesem Morgen war er bereit, den Wecker zu küssen. Aber es war nicht der Wecker, es war das Telefon. Er nahm den Hörer ab um sagte: »Hallo?«
    »Hier ist der Mann, der Ihrer Frau die Kehle durchgeschnitten hat«, sagte die Stimme an seinem Ohr, und plötzlich war Rick hellwach und überhaupt nicht mehr betrunken. Jede Spur von Hoffnung, daß dies ein Traum sein könnte, war wie weggeblasen. Es war die Art von Stimme, die man eigentlich nur in Träumen hören sollte - aber gerade dort hört man sie niemals.
    »Wer sind Sie?« hörte er sich mit kraftloser Stimme fragen.
    »Fragen Sie Thad Beaumont, wer ich bin«, sagte der Mann. »Er weiß Bescheid. Sagen Sie ihm, daß Sie schon so gut wie tot sind. Und sagen Sie ihm auch, daß es noch mehr Metzgerfüllsel geben wird.«
    Ein Klicken im Apparat drang an sein Ohr, gefolgt von einem Augenblick der Stille; dann kam das Leerzeichen.
    Rick ließ den Hörer in seinen Schoß sinken, betrachtete ihn und begann plötzlich zu weinen.

6
    Gegen neun rief Rick in seinem Büro an und teilte Frieda mit, daß sie und John nach Hause gehen könnten - heute würde nicht mehr gearbeitet, den ganzen Rest der Woche nicht. Frieda wollte wissen, weshalb, und Rick stellte zu seiner Verwunderung fest, daß er nahe daran war, sie anzulügen, gerade als wäre er eines widerwärtigen Verbrechens - unsittlichen Verhaltens gegenüber Kindern zum Beispiel - bezichtigt worden und könnte sich nicht überwinden, es zuzugeben, bevor der Schock ein wenig nachgelassen hatte.
    »Miriam ist tot«, teilte er Frieda mit. »Sie wurde gestern abend in ihrer Wohnung ermordet.«
    Frieda zog bestürzt den Atem ein. »Großer Gott, Rick! Über so etwas macht man doch keine Witze! Wenn man über so etwas Witze macht, dann wird es wahr!«
    »Es ist wahr, Frieda«, sagte er und spürte, daß er wieder den Tränen nahe war. Und diese Tränen - die er im Leichenschauhaus vergossen hatte, die er auf der Heimfahrt vergossen hatte, die er nach dem Anruf des Wahnsinnigen vergossen hatte, die nicht zu vergießen er jetzt versuchte - waren nur die ersten. Wenn er an all die künftigen Tränen dachte, fühlte er sich völlig am Rande seiner Kräfte. Miriam war ein Biest gewesen, aber auf ihre Art ein reizendes Biest, und er hatte sie geliebt. Rick schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, schaute ein Mann zum Fenster herein, obwohl das Fenster im vierzehnten Stock lag. Rick fuhr zusammen, dann sah er die Uniform. Ein Fensterputzer. Der Fensterputzer winkte ihm von seiner Plattform aus zu. Rick hob die Hand und tat, als erwiderte er den Gruß. Die Hand schien an die vierhundert Kilo zu wiegen, und er ließ sie fast im gleichen Moment, in dem er sie erhoben hatte, wieder auf seinen Oberschenkel fallen.
    Frieda sagte abermals, er solle keine Witze machen, und er fühlte sich erschöpfter als je zuvor. Tränen, erkannte er, waren nur der Anfang. Er sagte: »Einen Moment, Frieda«, und legte den Hörer hin. Er ging zum Fenster, um die Vorhänge zuzuziehen. Zu weinen, während Frieda

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